Italien kritisiert EuGH: Urteil schwächt Asylpolitik

01.08.2025 12:30

Die EuGH-Entscheidung zur Einstufung sicherer Herkunftsländer trifft
in Italien auf harte Kritik. Ministerpräsidentin Meloni spricht von
unzulässiger Einmischung des Gerichts.

Rom (dpa) - Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat das
Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Einstufung sicherer
Herkunftsländer kritisiert. Die Entscheidung sei überraschend und
schränke den ohnehin begrenzten Handlungsspielraum der Regierungen
weiter ein, teilte sie mit. «Dies ist ein Schritt, der alle
beunruhigen sollte.» 

«Die Entscheidung des Gerichtshofs schwächt die Politik zur
Bekämpfung der illegalen Masseneinwanderung und zum Schutz der
nationalen Grenzen», sagte die Chefin der rechten Regierungspartei
Fratelli d'Italia (Brüder Italiens).

In dem Verfahren ging es um das «Albanien-Modell», ein
Prestigeprojekt der rechten Dreier-Koalition Melonis. Dabei sollen
Asylanträge männlicher Migranten aus sicheren Herkunftsländern, die
im Mittelmeer aufgegriffen wurden, in Lagern auf albanischem Boden in
Schnellverfahren geprüft werden. Dafür wurde ein bilaterales Abkommen
mit Albanien geschlossen. Voraussetzung ist die Einstufung bestimmter
Staaten als «sicher». Nach Rückschlägen vor italienischen Gerichten

hatte die Regierung in Rom per Erlass beschlossen, künftig auch
abgelehnte Asylbewerber in die albanischen Lager zu überstellen.

Das EuGH entschied nun, dass EU-Länder solche Listen nur dann selbst
erstellen dürfen, wenn sie die Quellen für ihre Einschätzung
offenlegen. Zudem müsse die gesamte Bevölkerung in dem Land sicher
sein, entschieden die Richterinnen und Richter in Luxemburg. 

Meloni: Unzulässige Einmischung der Justiz

Meloni kritisierte die Entscheidung als Einmischung der Gerichte in
politische Angelegenheiten. Die Justiz - diesmal die europäische -
beanspruche Zuständigkeiten, «die ihr nicht zustehen, während die
Verantwortung bei der Politik liegt», teilte sie mit. Demnach gibt
das Urteil Einschätzungen einzelner nationaler Richter, die sich auch
auf private Quellen stützen könnten, Vorrang vor der Bewertung durch
Fachministerien und Parlament.

Kritisch sieht Rom auch den Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung. Das
Urteil ergeht wenige Monate vor Inkrafttreten eines neuen
EU-Migrationspakts, der strengere Regeln für den Umgang mit sicheren
Herkunftsländern vorsieht. Die Regierung kündigte an, bis dahin alle
möglichen technischen und rechtlichen Lösungen zu suchen, «um die
Sicherheit der Bürger zu gewährleisten».