Mehr als 10.000 Hotels klagen gegen Booking.com
04.08.2025 15:36
David gegen Goliath? Booking.com droht eine der größten Klagen der
Tourismusbranche. Was Hotels aus ganz Europa von dem Konzern fordern.
Rom/Berlin/Brüssel (dpa) - Europas Hotellerie geht gegen Booking.com
vor Gericht. Mehr als 10.000 Hotels beteiligen sich an einer
Sammelklage gegen das Reiseportal, um Schadenersatz für jahrelang
erzwungene Preisbindungen zu fordern. Hintergrund ist ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Herbst 2024.
Demnach könnten sogenannte Bestpreisklauseln kartellrechtswidrig sein
- abschließend klären muss den Fall aber ein Amsterdamer Gericht.
Diese Klauseln hatten verhindert, dass Hotels ihre Zimmer abseits der
Plattform - etwa auf der eigenen Website - günstiger anbieten
durften. Ziel war es, sogenannte Trittbrettbuchungen zu unterbinden.
Die EuGH-Richter urteilten jedoch, dass Plattformen wie Booking.com
auch ohne solche Vorgaben wirtschaftlich bestehen können. Für
Reisende machte es wenig Unterschied: Die Online-Plattform hatte die
Klauseln im Europäischen Wirtschaftsraum wegen des EU-Digitalgesetzes
Digital Markets Act (DMA) 2024 abgeschafft.
Schadenersatz für zwei Jahrzehnte Einschränkung
«Europäische Hoteliers haben lange unter unfairen Bedingungen und
überhöhten Kosten gelitten», sagt der Präsident der europäischen
Hotelallianz Hotrec, Alexandros Vassilikos. Die Sammelklage sende
somit eine klare Botschaft: «Missbräuchliche Praktiken im digitalen
Markt werden von der Hotellerie in Europa nicht hingenommen.» Ziel
ist es, Schadenersatz für den Zeitraum von 2004 bis 2024 zu erhalten.
Die Klage wird vor einem niederländischen Gericht verhandelt - der
Hauptsitz des Reiseportals ist in Amsterdam - und von der Hotel
Claims Alliance koordiniert. Unterstützt wird sie vom Hotrec und mehr
als 30 nationalen Hotelverbänden, darunter auch der Hotelverband
Deutschland (IHA). «Jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam aufzutreten
und Wiedergutmachung zu fordern», sagt Alessandro Nucara,
Generaldirektor des italienischen Verbands Federalberghi.
«Die Sammelklage erfährt einen überwältigenden Zuspruch», sagt
IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe. Wegen der großen Resonanz
wurde die Anmeldefrist bis zum 29. August verlängert.
Hassliebe-Beziehung
Trotz Kritik bleibt Booking.com für viele Hotels unverzichtbar. Über
die Plattform erreichen sie eine große Zahl potenzieller Gäste. Laut
einer Studie von Hotrec und der Fachhochschule Westschweiz Wallis lag
der Marktanteil des Mutterkonzerns Booking Holdings im Jahr 2023
europaweit bei 71 Prozent - in Deutschland sogar bei 72,3 Prozent.
Gleichzeitig ist der Anteil der Direktbuchungen in Deutschland
zwischen 2013 und 2023 um gut acht Prozent gesunken.