Zoll-Deal: Wer zahlt von der Leyens Milliarden-Versprechen?
05.08.2025 07:34
Brüssel und Washington haben sich im Zollkonflikt auf eine
Grundsatzeinigung verständigt. Die beinhaltet Milliarden-Zusagen an
die USA, doch so einiges ist noch offen.
Brüssel/Washington (dpa) - Auch rund eine Woche nach Abschluss der
Grundsatzvereinbarung zum seit Monaten andauernden Zollkonflikt
zwischen der EU und den USA ist einiges unklar. «Ich blicke auch auf
manches dieser Einigung mit ein paar Fragezeichen», sagte
Deutschlands Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) dem Deutschlandfunk.
Ein endgültiger Handelsdeal muss noch unterschrieben werden.
Was hat die EU-Kommission bisher konkret versprochen?
Die EU hat US-Präsident Donald Trump zugesichert, bis zum Ende seiner
Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar kaufen zu
wollen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den
Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten
vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden.
Wer soll die Rechnung dafür zahlen?
Bislang ist etwa nicht bekannt, wer genau das amerikanische Gas und
die anderen Energieträgern kaufen soll. Deutschlands Vizekanzler
Klingbeil weiß seinen Worten zufolge etwa nicht, ob es dabei etwa um
private Investitionen geht. Dies seien Dinge, «die zwischen Donald
Trump und Ursula von der Leyen verabredet sind und wo es genau jetzt
um die Klärung der Details geht».
In einer Erklärung der EU-Kommission teilt die Behörde mit, dass man
zwar die Kontakte zwischen Käufern und Verkäufern vereinfachen könne,
«aber die kommerziellen Entscheidungen natürlich bei den Unternehmen
liegen». Gleichzeitig müssten die Vereinigten Staaten einen
ungehinderten Zugang und ausreichende Produktions- und
Exportkapazitäten gewährleisten.
Wie viel Energie aus Russland fällt weg?
Die EU-Kommission rechnet damit, künftig US-Energie im Wert von 250
Milliarden Dollar pro Jahr zu kaufen. Derzeit sind es den Angaben
zufolge rund 100 Milliarden. Ein Teil der fehlenden rund 150
Milliarden soll erreicht werden, indem statt russischem Gas, Energie
aus den USA gekauft wird.
Offiziellen Angaben zufolge kamen in den ersten Monaten dieses Jahres
immer noch 15 Prozent der EU-LNG-Importe aus Russland. Doch auch wenn
dieser Anteil komplett durch US-LNG ersetzt würde, wäre das nur ein
Bruchteil der versprochenen Steigerung. Insgesamt importierte die EU
eigenen Angaben zufolge 2024 fossile Energieträger aus Russland im
Wert von 22 Milliarden Euro. Zudem will die EU laut einem Plan der
Kommission russische Gasimporte erst ab 2028 komplett eingestellt
haben.
Gibt es weitere Möglichkeiten, die Milliarden-Zusage zu erreichen?
Dass die EU die versprochene Steigerung allein durch Energieimporte
erreichen kann, daran haben mehrere Expertinnen und Experten bereits
Zweifel geäußert. Die dritte große Säule, um die versprochenen
Milliarden zu erreichen, sind laut EU-Kommission Importe
amerikanischer Atomtechnik.
Die Kommission teilte zudem mit, dass es zwar Prognosen gebe, aber
«die endgültigen Mengen und die Aufteilung auf Öl, LNG und
Kernbrennstoffe sowie Brennstoffdienstleistungen werden von
verschiedenen Faktoren abhängen».
Was hat die EU darüber hinaus zugesagt?
Neben den 750 Milliarden Dollar für US-Energie sagt die EU, dass in
den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden Dollar in den USA
investiert werden sollen. Dabei bezieht sich die Kommission auf
Interessenbekundungen von Unternehmen. Auch das ist Teil der
Grundsatzvereinbarung.
Eine Kommissionsbeamtin stellte klar, dass dies Sache von
Privatunternehmen sei, die Kommission als öffentliche Behörde könne
dies nicht garantieren. Welche Unternehmen Investitionsabsichten und
in welcher Höhe bekundet haben, teilte die Kommission nicht mit.
Wie viel LNG kommt überhaupt in die EU?
EU-Angaben zufolge führte der Staatenbund insgesamt im vergangenen
Jahr mehr als 100 Milliarden Kubikmeter LNG ein. Fast 45 Prozent der
Gesamtmenge lieferten die USA, die Tendenz war in den vergangenen
Jahren steigend.
Nach Angaben der US-Statistikbehörde für Energiedaten war Europa
inklusive der Türkei trotz eines deutlichen Rückgangs weiterhin der
größte Abnehmer von amerikanischem LNG. Etwas mehr als die Hälfte der
US-Exporte des Flüssiggases gingen in die Region, explizite Zahlen
ausschließlich für die EU gibt es nicht. Die deutlich eingebrochene
Nachfrage in den meisten EU-Ländern und Großbritannien begründete die
Behörde, die Teil des US-Energieministeriums ist, mit einem generell
niedrigeren Gasverbrauch und hohen Lagerbeständen aus dem vorherigen
milden Winter.