US-Zollstreit: Wer zahlt von der Leyens Milliarden-Zusagen? Von Marek Majewski und Khang Mischke, dpa
05.08.2025 17:05
Bei ihrem Zolldeal mit den USA stellte die EU auch milliardenschwere
Käufe und Investments in Aussicht. US-Präsident Trump verrät nun
seine Interpretation. Wer zahlt am Ende die Rechnung?
Brüssel/Washington (dpa) - Auch rund eine Woche nach Abschluss der
Grundsatzvereinbarung zum seit Monaten andauernden Zollkonflikt
zwischen der EU und den USA ist einiges unklar. «Ich blicke auch auf
manches dieser Einigung mit ein paar Fragezeichen», sagte
Deutschlands Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) dem Deutschlandfunk.
Ein endgültiger Handelsdeal muss noch unterschrieben werden.x
Was hat die EU zugesagt?
Die EU sagt, dass in den kommenden Jahren weitere
600 Milliarden Dollar in den USA investiert werden sollen. Dabei
bezieht sich die EU-Kommission auf Interessenbekundungen von
Unternehmen. Eine Kommissionsbeamtin stellte klar, dass dies Sache
von Privatunternehmen sei, die Kommission als öffentliche Behörde
könne dies nicht garantieren. Welche Unternehmen
Investitionsabsichten und in welcher Höhe bekundet haben, teilte die
Kommission nicht mit.
Wie interpretiert Trump die Zusagen?
Die 600 Milliarden Dollar an Investitionen stehen den Vereinigten
Staaten nach Aussagen ihres Präsidenten Donald Trump zur freien
Verfügung. «Sie haben uns 600 Milliarden Dollar gegeben, die wir in
alles, was wir wollen, investieren können», sagte er in einem
Gespräch mit dem Sender CNBC. Trump bezeichnete die Summe als
«Geschenk». Das steht im Widerspruch zu den Angaben der
EU-Kommission.
Auf die Frage, was passiere, falls die EU nicht die besagten
Investments liefere, drohte Trump mit Zöllen in Höhe von 35 Prozent.
Da die Investitionszusagen auf mehrere Jahre ausgelegt sind, ist
unklar, wann dieser Punkt erreicht sein könnte.
Was sagen Wirtschaftsvertreter zur 600-Milliarden-Zusage?
Der Unternehmensverband Business Europe teilte auf Anfrage der
Deutschen Presse-Agentur mit, aus der EU würden bereits Investitionen
in den USA in Höhe von etwa 2,4 Billionen Euro fließen. «Diese
Investitionen werden wahrscheinlich noch zunehmen, aber das hängt
auch von den wirtschaftlichen Bedingungen in den USA ab», so der
Verband. Sicherheit und Vorhersehbarkeit seien für Investoren ebenso
wichtig, wie etwa der Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften.
Darüber hinaus hieß es, das Abkommen sei nicht das, das man sich
gewünscht habe. «Wir sind nicht für die erhöhten Zölle und hätt
en ein
ausgewogenes Abkommen bevorzugt», so Business Europe. Unter den
gegebenen Umständen sei es jedoch ein besseres Ergebnis als eine
Eskalation des Handelsstreits.
Was hat die EU-Kommission darüber hinaus versprochen?
Die EU hat Trump zugesichert, bis zum Ende seiner Amtszeit US-Energie
im Wert von 750 Milliarden Dollar kaufen zu wollen. Nach Angaben von
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas
(LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken
füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches
Gas und Öl entstehen werden.
Wer soll die Rechnung dafür zahlen?
Bislang ist etwa nicht bekannt, wer genau das amerikanische Gas und
die anderen Energieträger kaufen soll. Deutschlands Vizekanzler
Klingbeil weiß seinen Worten zufolge etwa nicht, ob es dabei
beispielsweise um private Investitionen geht. Dies seien Dinge, «die
zwischen Donald Trump und Ursula von der Leyen verabredet sind und wo
es genau jetzt um die Klärung der Details geht».
In einer Erklärung der EU-Kommission teilt die Behörde mit, dass man
zwar die Kontakte zwischen Käufern und Verkäufern vereinfachen könne,
«aber die kommerziellen Entscheidungen natürlich bei den Unternehmen
liegen». Gleichzeitig müssten die Vereinigten Staaten einen
ungehinderten Zugang und ausreichende Produktions- und
Exportkapazitäten gewährleisten.
Wie viel Energie aus Russland fällt weg?
Die EU-Kommission rechnet damit, künftig US-Energie im Wert von 250
Milliarden Dollar pro Jahr zu kaufen. Derzeit sind es den Angaben
zufolge rund 100 Milliarden. Ein Teil der fehlenden rund 150
Milliarden soll erreicht werden, indem statt russischem Gas, Energie
aus den USA gekauft wird.
Offiziellen Angaben zufolge kamen in den ersten Monaten dieses Jahres
immer noch 15 Prozent der EU-LNG-Importe aus Russland. Doch auch wenn
dieser Anteil komplett durch US-LNG ersetzt würde, wäre das nur ein
Bruchteil der versprochenen Steigerung. Insgesamt importierte die EU
eigenen Angaben zufolge 2024 fossile Energieträger aus Russland im
Wert von 22 Milliarden Euro. Zudem will die EU laut einem Plan der
Kommission russische Gasimporte erst ab 2028 komplett eingestellt
haben.
Gibt es weitere Möglichkeiten, die Milliarden-Zusage zu erreichen?
Dass die EU die versprochene Steigerung allein durch Energieimporte
erreichen kann, daran haben mehrere Expertinnen und Experten bereits
Zweifel geäußert. Die dritte große Säule, um die versprochenen
Milliarden zu erreichen, sind laut EU-Kommission Importe
amerikanischer Atomtechnik.
Die Kommission teilte zudem mit, dass es zwar Prognosen gebe, aber
«die endgültigen Mengen und die Aufteilung auf Öl, LNG und
Kernbrennstoffe sowie Brennstoffdienstleistungen werden von
verschiedenen Faktoren abhängen».