US-Frist für Einführung von Zöllen auf EU-Importe abgelaufen

07.08.2025 06:07

Mit neuen Zöllen will US-Präsident Trump angebliche Ungleichgewichte
im Handel mit anderen Staaten beseitigen. Jetzt ist die Frist dafür
verstrichen. Neben der EU sind knapp 70 Staaten betroffen.

Washington (dpa) - Die Frist für die Einführung der neuen US-Zölle
auf viele Importe aus der EU ist abgelaufen. Die von Donald Trump
angeordneten Handelsmaßnahmen sollten planmäßig um Mitternacht
(Ortszeit Washington; 6 Uhr deutscher Zeit) in Kraft treten, wie der
US-Präsident wenige Minuten zuvor auf seiner Plattform Truth Social
bestätigte. Die Europäische Kommission ging hingegen bislang davon
aus, dass der neue Zollsatz von 15 Prozent auf den Import der meisten
EU-Produkte in die USA erst ab morgen gilt.

Neben der EU sind zusätzlich knapp 70 Staaten von den veränderten
Zollsätzen betroffen, in jeweils unterschiedlicher Höhe. Trump
begründet seine radikale Zollpolitik mit angeblichen
Handelsdefiziten, die für die USA ein nationales Sicherheitsrisiko
darstellten - deswegen gebe es einen nationalen Notstand, der die
Zölle rechtfertige. Sein Vorgehen ist auch juristisch umstritten.

Wenige Minuten vor Mitternacht kündigte Trump auf Truth Social an,
dass die Zölle nun gleich in Kraft treten würden. «Es werden
Milliarden Dollar in die USA fließen, großteils aus Ländern, die die

USA über viele Jahre hinweg ausgenutzt und darüber gelacht haben»,
schrieb er in Großbuchstaben.

Trump hatte die neuen Zölle in der vergangenen Woche per Dekret
angeordnet. Die EU-Kommission interpretierte die Frist bis zuletzt
anders und ging von einem Inkrafttreten erst am Freitag (8. August)
aus. Warum beide Seiten bis zuletzt keine einheitliche Linie bei der
Kommunikation des Startdatums gefunden haben, blieb unklar. 

Für Staaten, die nicht auf der langen Zollliste stehen, gelten andere
Abgaben. Mit China und Mexiko verhandeln die USA darüber hinaus
separat. Obendrein hat Trump Strafzölle gegen Staaten angedroht oder
bereits verhängen lassen, die mit Russland im Energiesektor Geschäfte
machen und den Kreml so indirekt beim Angriffskrieg gegen die Ukraine
unterstützen - so wurde es etwa im Falle der Sonderzölle für Indien
begründet.

15 Prozent: Ein guter Kompromiss - oder zu viel?

Die EU-Kommission hatte unlängst eine neue Grundsatzvereinbarung mit
ihren amerikanischen Handelspartnern erzielt: Damit reduzierte sie
den angedrohten Zollsatz um die Hälfte auf nun 15 Prozent, nachdem
Trump Wochen zuvor per Brief einen Abgabensatz von 30 Prozent auf die
meisten EU-Exporte in die USA in Aussicht gestellt hatte.

Kritiker werteten das als bekannte Taktik des Präsidenten: Überhöhte

Forderungen platzieren, um danach einen Kompromiss zu schließen, der
die schlimmsten Befürchtungen der Gegenseite zwar nicht erfüllt, die
USA aber deutlich bevorteilt. Die Europäische Kommission sieht sich
nun mit dem Vorwurf konfrontiert, sie habe es versäumt, den
europäischen Markt im Gegenzug mit gleichwertigen Zöllen auf
US-Importe vor Konkurrenz zu schützen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei der
Bekanntgabe des Deals gesagt, dass der neue Zollsatz auch für Autos,
Halbleiter und Pharmaprodukte aus der EU gelte. Die Autoindustrie -
eine der wichtigsten Branchen in Deutschland und ganz Europa - zeigte
sich dennoch enttäuscht: Der neue Zoll ist zwar deutlich niedriger
als die 27,5 Prozent, die Trump in den vergangenen Monaten erheben
ließ - aber viel höher als die 2,5 Prozent, die davor auf Autoimporte
aus der EU anfielen. Außerdem sollen US-Autos künftig zollfrei in die
Europäische Union importiert werden können, während bislang ein
Zollsatz in Höhe von zehn Prozent galt.

Milliardenschwere Zusatzvereinbarungen

Zusätzlich zu dem Zollsatz von 15 Prozent hatte die EU Trump
zugesichert, bis zum Ende seiner Amtszeit Energie aus den USA im Wert
von 750 Milliarden Dollar (rund 650 Mrd Euro) zu kaufen. Nach Angaben
von der Leyens sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus
den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten
vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden. 

Zudem sollen 600 Milliarden Dollar (knapp 520 Mrd Euro) in den USA
investiert werden. Dabei bezieht sich die EU-Kommission auf
Interessenbekundungen europäischer Firmen. Eine Kommissionsbeamtin
stellte klar, dass dies Sache von Privatunternehmen sei, die
Kommission als Behörde könne dies nicht garantieren. Welche
Unternehmen Investitionsabsichten bekundet haben und in welcher Höhe,
teilte die Kommission nicht mit. 

Ein Deal, zwei Interpretationen

Ohnehin gibt es zu den 600 Milliarden unterschiedliche
Interpretationen auf beiden Seiten des Atlantiks: Nach Aussagen
Trumps stehen die Investitionen den Vereinigten Staaten zur freien
Verfügung. «Sie haben uns 600 Milliarden Dollar gegeben, die wir in
alles, was wir wollen, investieren können», sagte er in einem
Gespräch mit dem Sender CNBC. Es handle sich faktisch um ein
«Geschenk». Das steht im Widerspruch zu den Angaben der
EU-Kommission.

Als Antwort auf die Frage, was passieren würde, falls die EU nicht
die besagten Investments liefern sollte, drohte Trump mit Zöllen in
Höhe von 35 Prozent. Da die Investitionszusagen auf mehrere Jahre
ausgelegt sind, ist unklar, wann dieser Punkt erreicht sein könnte.