Selenskyj in Berlin - «Druck auf Russland ausüben»
13.08.2025 13:21
Besonderes Signal: Überraschungsgast Selenskyj ist in Berlin zu
Vorberatungen eingetroffen. Vor dem USA-Russland-Gipfel positioniert
sich der ukrainische Präsident nochmal deutlich.
Berlin (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht
Moskau vor dem USA-Russland-Gipfel den Friedenswillen ab. Europa, die
USA und die Ukraine müssten Russland zu einem Frieden zwingen. «Es
muss Druck auf Russland ausgeübt werden für einen fairen Frieden»,
sagte er. Kanzler Friedrich Merz (CDU) empfing den Ukrainer am Mittag
im Kanzleramt in Berlin.
Der Besuch ist ein besonderes Zeichen der Solidarität: Als einziger
Gast von Merz wird Selenskyj am Nachmittag persönlich bei der
Videoschalte mit US-Präsident Donald Trump zu dessen Alaska-Gipfel am
Freitag mit Kremlchef Wladimir Putin zugegen sein. Alle anderen
Teilnehmer schalten sich per Video zu.
Europäer beraten mit Selenskyj über Druckmittel gegen Moskau
Zunächst ist ein kurzes Mittagessen geplant. Für 14.00 Uhr hat Merz
dann enge europäische Verbündete der Ukraine zu einer Vorbesprechung
der Beratungen mit Trump per virtueller Schaltkonferenz eingeladen.
Teilnehmen sollen die Staats- und Regierungschefs aus Frankreich,
Großbritannien, Italien, Polen und Finnland,
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident
António Costa, Nato-Generalsekretär Mark Rutte sowie Selenskyj.
Initiiert wurden die Schalten mit den Europäern von Merz. Ziel ist
es, anschließend eine gemeinsame Linie mit Trump zu finden.
Auch Friedensverhandlungen sollen vorbereitet werden
Der deutsche Regierungssprecher Stefan Kornelius hatte erklärt, bei
den Gesprächen solle es um weitere Handlungsoptionen gehen, um Druck
auf Moskau zu erzeugen. Zudem solle über die Vorbereitung möglicher
Friedensverhandlungen und damit verbundene Fragen zu
Gebietsansprüchen und Sicherheiten gesprochen werden.
Gegen 16.00 Uhr wollten der Kanzler und Selenskyj dann gemeinsam
öffentliche Statements zu den von 15.00 bis 16.00 geplanten
Beratungen mit Trump abgeben. Oft kommt es dabei auch zu
Verzögerungen. Im Anschluss an die Beratungen mit Trump will der
Bundeskanzler die Ergebnisse in der sogenannten Koalition der
Willigen unter Federführung von Deutschland, Frankreich und
Großbritannien nachbesprechen.
Trump versichert: «Ich werde keinen Deal machen»
Die Europäer und Selenskyj befürchten, dass sich Trump und Putin in
Alaska auf Gebietsabtretungen beziehungsweise einen «Gebietstausch»
der Ukraine mit Russland verständigen könnten, was Kiew strikt
ablehnt. Sie dürften von Trump eine Zusage erreichen wollen, dass er
mit Putin keinen Deal über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer
hinweg macht.
Trump stellt das am Freitag in nördlichsten US-Bundesstaat Alaska
geplante Treffen mit Putin als Versuch dar, einem Ende oder zumindest
einer Unterbrechung des seit rund dreieinhalb Jahre andauernden
russischen Angriffskriegs näherzukommen. Nach US-Medienberichten
unter Berufung auf Regierungskreise soll das Treffen auf dem
Militärstützpunkt Elmendorf-Richardson in der Stadt Anchorage
stattfinden.
Am Montag versicherte Trump in Washington aber auch: «Ich werde
keinen Deal machen» - dies sei nicht seine Aufgabe. Eine Waffenruhe
würde er dennoch gern sehen, fügte er hinzu.
Was Trump entscheiden kann und was nicht
Tatsächlich kann Trump Putin ohne Zustimmung der Ukraine keinerlei
verbindliche Zusagen machen. Die USA können der ukrainischen Armee
weder eine Feuerpause noch einen Rückzug aus eigenen Gebieten
diktieren, zumal ein Territorialverzicht eine Änderung der
ukrainischen Verfassung voraussetzen würde.
Trump verfügt allerdings über erhebliche Druckmittel: Neben
Waffenlieferungen könnte er auch die Bereitstellung von
Satellitendaten oder Geheimdienstinformationen aus den USA stoppen,
die für die Ukraine im Krieg kaum zu ersetzen sind. Der US-Präsident
betont immer wieder, dass die USA nicht weiter für den ukrainischen
Verteidigungskampf zahlen wollen.