Trump warnt Putin vor schwerwiegenden Konsequenzen Von Jörg Blank, Carsten Hoffmann, Andreas Hoenig und Axel Hofmann, dpa
13.08.2025 21:09
Vor dem in Alaska geplanten Treffen Trumps mit Putin stellen sich
Europäer bei einer Telefonkonferenz mit dem US-Präsidenten
demonstrativ hinter die Ukraine. Am Abend äußert sich Donald Trump.
Berlin (dpa) - Nach einer Abstimmungsrunde mit den Europäern hat
US-Präsident Donald Trump Kremlchef Wladimir Putin mit «sehr
schwerwiegenden Konsequenzen» gedroht, falls sich dieser nicht auf
ein Ende des Ukraine-Kriegs einlasse. Auf die Rückfrage, ob er damit
Zölle meine, ging der Präsident bei einem Auftritt in Washington
nicht ein. Zuvor hatten die Europäer versucht, Trump vor seinem
Treffen mit Putin auf fünf Punkte für Friedensgespräche festzulegen -
darunter einen Waffenstillstand und Sicherheitsgarantien.
«In Alaska müssen grundlegende europäische und ukrainische
Sicherheitsinteressen gewahrt bleiben», verlangte Kanzler Friedrich
Merz (CDU) bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem ukrainischen
Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin nach einer Telefonkonferenz
der Europäer mit Trump. Merz sprach mit Blick auf das
Trump-Putin-Treffen am Freitag von «Hoffnung auf Bewegung» und
«Hoffnung auf einen Frieden in der Ukraine».
Die Europäer und Selenskyj befürchten, dass sich Trump und Putin am
Freitag in Alaska auf Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland
verständigen könnten, die Kiew strikt ablehnt.
Als Signal der Unterstützung für die Ukraine hatte Merz, der die
Videoschalten organisiert hatte, Selenskyj zu den Schaltkonferenzen
direkt nach Berlin eingeladen. Der Ukrainer verwies zur Frage von
Gebietsabtretungen auf die Verfassung seines Landes, die diese nicht
erlaubt. Selenskyj sagte aber: «Ich möchte sofort unterstreichen,
dass jegliche Fragen, welche die territoriale Unversehrtheit unseres
Staates betreffen, nicht ohne Berücksichtigung unseres Staates,
unseres Volkes, den Willen des Staates, den Willen unseres Volkes und
der Verfassung der Ukraine besprochen werden können.»
«Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen»
Merz betonte, bei den Beratungen seien sich die Teilnehmer in der
Bewertung der Ausgangslage wie auch in dem erreichbaren Ziel für
Freitag sehr einig gewesen. Er sagte mit Blick auf das Gipfeltreffen
in Alaska: «Wir wollen, dass Präsident Donald Trump am Freitag in
Anchorage Erfolg hat.»
Deutlich gemacht worden sei, dass die Ukraine mit am Tisch sitzen
müsse, sobald es Folgetreffen gebe. «Wir wollen, dass in der
richtigen Reihenfolge verhandelt wird. Ein Waffenstillstand muss am
Anfang stehen», sagte Merz. Wesentliche Elemente sollten anschließend
in einem Rahmenabkommen vereinbart werden.
Drittens nannte er: «Die Ukraine ist zu Verhandlungen über
territoriale Fragen bereit. Dann muss aber die sogenannte
Kontaktlinie der Ausgangspunkt sein und eine rechtliche Anerkennung
russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte. Der Grundsatz, dass
Grenzen nicht gewaltsam verändert werden dürfen, muss fortgelten.»
Als Kontaktlinie wird der Frontverlauf bezeichnet.
Nötig seien zudem «robuste Sicherheitsgarantien für Kiew» und die
Verteidigungsfähigkeit durch die ukrainischen Streitkräfte. Zudem
müssten Verhandlungen Teil einer gemeinsamen transatlantischen
Strategie sein.
Ohne Ergebnisse in Alaska mehr Druck auf Russland gefordert
Sollte es in Alaska keine Bewegung geben, müssten die USA und die
Europäer den Druck erhöhen, sagte Merz: «Präsident Trump kennt dies
e
Position, er teilt sie sehr weitgehend. Und deswegen kann ich sagen:
Wir haben ein wirklich ausgesprochen konstruktives und gutes Gespräch
miteinander gehabt.»
Trump stellte nach der Telefonschalte mit den Europäern erneut ein
Treffen zwischen Selenskyj und Putin in Aussicht. Daran wolle er
selbst ebenfalls teilnehmen, sofern Selenskyj und Putin dies
wünschten. Allerdings wolle er abwarten, wie sein Treffen mit Putin
in Alaska verlaufe - denn ebenso könne es auch nicht zu einem
weiteren Treffen kommen.
Regierungskreise: Werden zügig auf Alaska-Gipfel reagieren
In deutschen Regierungskreisen hieß es, man habe mit Trump
verabredet, dass dieser die Europäer umgehend über das Treffen mit
Putin unterrichten werde. Voraussichtlich werde Trump erst Selenskyj
informieren, um diesen aufzuwerten, und anschließend Freitagnacht
oder Samstagvormittag die europäische Kerngruppe, zu der auch
Deutschland gehört. Die Bundesregierung wolle diese
europäisch-ukrainische Gruppe eng zusammenhalten, um auf das Ergebnis
von Anchorage zügig, einig, klar und entschieden zu reagieren.
Neben Merz, Selenskyj und Trump waren EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa und
Nato-Generalsekretär Mark Rutte zugeschaltet sowie Frankreichs
Staatspräsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir
Starmer, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und der finnische
Präsident Alexander Stubb. Ferner war Polen in verschiedenen Runden
durch Staatsoberhaupt Karol Nawrocki beziehungsweise Regierungschef
Donald Tusk vertreten.
Nach Ansicht der EU-Kommissionspräsidentin haben Europa, die USA und
die Nato ihre gemeinsame Basis gestärkt, wie sie nach der
Schaltkonferenz mitteilte. Sie sprach von einem «sehr guten
Gespräch», bei dem man sich über das bevorstehende bilaterale Treffen
in Alaska ausgetauscht habe.
Macron für Dreiertreffen Trump-Putin-Selenskyj in Europa
Macron sprach sich für ein Dreiertreffen zwischen Trump, Putin und
Selenskyj in Europa aus. Er erklärte: «Wir wünschen uns, dass das in
Europa abgehalten wird, in einem neutralen Land, das von allen Seiten
akzeptiert wird.»
Kanzlerwohnung, Geheimschutzraum und Bibliothek
Merz, der die drei verschieden zusammengesetzten internationalen
Schalten zu Trumps Ukraine-Politik und dessen Alaska-Gipfel mit Putin
initiiert hatte, nutzte für die bislang eher ungewöhnlichen Formate
im Kanzleramt mehrere Räume. So fand das Essen mit Selenskyj und
dessen Team in der Kanzlerwohnung im achten Stock statt. Wegen der
Vertraulichkeit beriet die Kerngruppe der europäischen
Ukraine-Unterstützer dann im abhörsicheren Geheimschutzraum. Die
Telefonschalte mit Trump habe es dann in der zum Videoraum
umfunktionierte Bibliothek gegeben, hieß es aus deutschen
Regierungskreisen.
Russland will in Alaska auch über bilaterale Fragen sprechen
Russland will in Alaska am Freitag nach Angaben des Außenministeriums
in Moskau weiter auf eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen
hinarbeiten. Es gehe um alle Fragen, die sich angestaut hätten -
angefangen beim Ukraine-Konflikt bis hin zu den Hindernissen für
einen normal funktionierenden Dialog zwischen den beiden Ländern,
sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Alexej Fadejew in
Moskau. Der Gipfel habe höchste Bedeutung für den internationalen
Frieden und die Stabilität in der Welt.