Trump will schnelles Zweiertreffen von Putin und Selenskyj Von den dpa-Korrespondentinnen und -Korrespondenten
19.08.2025 03:21
Seit mehr als drei Jahren wehrt sich die Ukraine gegen den Angreifer
Russland. Treffen sich nun der ukrainische Präsident Selenskyj und
Kreml-Chef Putin? US-Präsident Trump arbeitet daran.
Washington (dpa) - Nach dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus in
Washington strebt US-Präsident Donald Trump nun ein Zweiertreffen des
ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Kremlchef Wladimir
Putin an. Danach solle es ein Dreiertreffen geben, an dem auch er
teilnehmen werde, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.
Zuvor hatte er Selenskyj und mehrere europäische Staats- und
Regierungschefs sowie die Spitzen der Nato und EU-Kommission im
Weißen Haus empfangen hatte.
Laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist das
Selenskyj-Putin-Treffen innerhalb der nächsten zwei Wochen geplant.
«Ein solcher Gipfel ist nur denkbar, wenn die Waffen schweigen»,
betonte er zugleich. Selenskyj dagegen erklärte sich in Washington
dazu bereit, Putin ohne Vorbedingungen zu treffen.
Merz: «Das hätte auch anders verlaufen können»
Merz zog eine positive Bilanz des mehrstündigen Gipfels im Weißen
Haus. «Meine Erwartungen sind eigentlich nicht nur getroffen, sondern
übertroffen worden», sagte der CDU-Politiker im Anschluss. «Das hät
te
auch anders verlaufen können.» Es handele sich um «schicksalshafte
Tage für die Ukraine und für Europa».
Die Beratungen waren vorübergehend unterbrochen worden, weil Trump
mit Putin telefonierte. Zum Auftakt hatten Trump und Selenskyj
zunächst ein bilaterales Gespräch geführt. Dieses wurde später im
erweiterten Kreis mit Merz und den anderen hochkarätigen Gästen aus
Europa fortgesetzt.
Angereist waren auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der
britische Premierminister Keir Starmer, Italiens Ministerpräsidentin
Giorgia Meloni, der finnische Präsident Alexander Stubb sowie
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und
Nato-Generalsekretär Mark Rutte.
Uneinigkeit über Notwendigkeit einer Waffenruhe
Auch Trump hatte ursprünglich eine sofortige Waffenruhe für die
Ukraine verlangt. Diese Forderung gab er aber nach seinem Treffen mit
Putin am vergangenen Freitag in Alaska auf. Nicht so Kanzler Merz:
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nächste Treffen ohne eine
Feuerpause stattfindet», sagte er bei dem Gespräch im erweiterten
Kreis. «Lasst uns daran arbeiten und versuchen, Druck auf Russland
auszuüben.»
Selenskyj kassierte die Forderung nach einer Waffenruhe vor einem
Treffen mit Putin hingegen ein. «Ich finde, dass wir uns ohne
irgendwelche Vorbedingungen treffen und darüber nachdenken müssen,
wie dieser Weg zur Beendigung des Krieges weitergehen könnte», sagte
er nach den Gesprächen. «Wir sind bereit zu jedem Format.» Zugleich
sagte er, die Forderung nach einer Waffenruhe als Voraussetzung für
Friedensverhandlungen sei berechtigt gewesen.
Trump sagte bei seinem Treffen mit Selenskyj, er möge zwar das
Konzept einer Feuerpause, weil damit das Töten von Menschen sofort
aufhören würde. «Aber wir können an einem Deal arbeiten, wo wir auf
ein Friedensabkommen abzielen.» Zuvor hatte Selenskyj bei einem
Treffen mit den Europäern in der ukrainischen Botschaft in Washington
betont: «Die Ukraine ist bereit zu einem realen Waffenstillstand und
der Errichtung einer neuen Sicherheitsarchitektur.»
Ausgestaltung von Sicherheitsgarantien weiter offen
Trump wich Fragen nach der Stationierung von US-Truppen in der
Ukraine nach einem Friedensschluss aus. Auch eine Frage nach
konkreten Details zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine ließ er
unbeantwortet. Er versicherte aber: «Wir werden ihnen sehr guten
Schutz geben, sehr gute Sicherheit.»
Selenskyj bezeichnete die Sicherheitsgarantien für sein Land - also
Maßnahmen zum Schutz vor Angriffen - als vorrangig für einen Frieden
mit Russland. «Es ist sehr wichtig, dass die Vereinigten Staaten ein
starkes Signal geben und bereit sind für diese Sicherheitsgarantien.»
Zudem hänge die Sicherheit der Ukraine auch von den europäischen
Verbündeten ab.
Nato-Generalsekretär Rutte nannte es einen großen Schritt, dass Trump
zugesagt habe, sich an Sicherheitsgarantien zu beteiligen. «Das ist
wirklich ein Durchbruch, und das macht den Unterschied. Auch dafür
danke ich Ihnen.»
Über einen Einsatz von Bodentruppen sei in Washington nicht
gesprochen worden, sagte Rutte dem US-Sender Fox News in einem
späteren Interview. Es gehe auch nicht um eine Nato-Mitgliedschaft
der Ukraine, sondern «was wir hier diskutieren, sind
Sicherheitsgarantien für die Ukraine gemäß Artikel 5».
Artikel 5 des Nato-Vertrags regelt, dass die Bündnispartner im Fall
eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen können und
eine Attacke auf ein Mitglied als Angriff auf alle gewertet wird.
Schon vor dem Gipfel war ein Nato-ähnliches Schutzversprechen der USA
und europäischer Staaten an die Ukraine im Gespräch gewesen - was
letztendlich ein militärisches Eingreifen im Fall eines Überfalls
bedeuten würde.
Merz: Hohe deutsche Verantwortung bei Sicherheitsgarantien
Merz sagte, die Frage, wer sich in welchem Umfang an
Sicherheitsgarantien beteilige, müsse man zwischen den europäischen
Partnern und der US-Regierung besprechen. «Völlig klar ist, dass sich
ganz Europa daran beteiligen sollte.» Deutschland habe «eine hohe
Verantwortung», dies zu tun. Auf die Frage, ob sich auch die
Bundeswehr daran beteiligen könnte, antwortete Merz, es sei zu früh,
darauf eine endgültige Antwort zu geben.
Russland will keine Truppen aus Nato-Staaten in der Ukraine
Russland lehnte eine Stationierung von Truppen aus Nato-Staaten in
der Ukraine zeitgleich mit dem Treffen in Washington erneut ab,
nachdem der britische Premier Starmer sich dazu bereit erklärt hatte.
Großbritannien strebe mit solchen Szenarien weiter nach einer
Eskalation in dem Konflikt und bringe die Nato-Mitglieder an eine
gefährliche Grenze, von der es bis zu einem großen globalen Konflikt
nicht mehr weit sei, warnte die Sprecherin des russischen
Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Moskau.
Trump empfängt Selenskyj diesmal freundlich
Anders als beim vorigen Besuch Selenskyjs im Weißen Haus im Februar,
bei dem es zu einem beispiellosen Eklat gekommen war, empfing Trump
ihn diesmal freundlich. Er begrüßte ihn vor der Tür des Weißen
Hauses, beide gaben sich die Hand und lächelten gemeinsam in die
Kameras. Trump legte kurz seine Hand auf Selenskyjs Schulter und ließ
ihn dann zuerst das Weiße Haus betreten.
Auch im ersten Teil des bilateralen Treffens, bei dem Journalisten
Fragen stellen konnten, blieb die Gesprächsatmosphäre harmonisch.
Befürchtungen von europäischer Seite, Trump könnte Selenskyj wieder
ähnlich vorführen wie im Februar, erfüllten sich nicht. Damals hatten
der US-Präsident und sein Vize JD Vance den ukrainischen Gast vor
laufenden Kameras zurechtgewiesen - Selenskyj verließ Washington dann
vorzeitig.
Trump erhöht vor Treffen den Druck auf Selenskyj
Unmittelbar vor dem Treffen hatte Trump den Druck auf Selenskyj
erhöht. In einem Post auf seiner Plattform Truth Social wandte er
sich nicht etwa an Kremlchef Putin als Angreifer, sondern schrieb:
«Der ukrainische Präsident Selenskyj kann den Krieg mit Russland fast
sofort beenden, wenn er will, oder er kann weiterkämpfen.» Zugleich
erklärte der Republikaner auch den erhofften Nato-Beitritt der
Ukraine und eine Rückgabe der 2014 von Russland annektierten
Schwarzmeer-Halbinsel Krim für unrealistisch.
Während des Treffens versicherte Trump, es werde keine Lösung für den
Ukraine-Krieg gegen den Willen der Ukraine geben. «Letztendlich ist
es eine Entscheidung, die nur Präsident Selenskyj und das ukrainische
Volk treffen können - in Zusammenarbeit mit Präsident Putin.»
Territoriale Fragen - was wird aus dem Donbass?
Nach dem Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin am vergangenen
Freitag hatten sich unbestätigte Medienberichte gemehrt, dass der
US-Präsident die Möglichkeit für ein schnelles Friedensabkommen sehe,
wenn die Ukraine Russland den gesamten Donbass überlässt. Inbegriffen
seien auch strategisch wichtige Gebiete, die russische Streitkräfte
bisher nicht unter ihre Kontrolle bringen konnten.
Ohnehin sind Gebietsabtretungen, die die Ukraine dann hinnehmen
müsste, zuletzt immer wieder diskutiert worden. Zum Beispiel verlangt
Russland, dass die Ukraine auf eine Vielzahl von Gebieten verzichtet,
was Selenskyj kategorisch ablehnt. Kurz vor dem Treffen machte er
zudem nochmals deutlich, dass die Krim aus seiner Sicht nie hätte
aufgegeben werden dürfen.
Trump sieht sich in der Rolle des Friedensstifters
Ziel der in den vergangenen Tagen intensivierten Verhandlungen ist
es, ein Ende des russischen Angriffskrieges zu erreichen, den Putin
vor fast dreieinhalb Jahren befohlen hatte. Trump sieht sich in der
Rolle des Vermittlers und Friedensstifters, verfolgt aber auch eigene
- nicht zuletzt wirtschaftliche - Interessen seiner Regierung.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hält ein Dreiertreffen von
Trump, Putin und Selenskyj für entscheidend. «Die Idee eines
trilateralen Treffens ist sehr wichtig, denn es ist der einzige Weg,
das zu lösen», sagte er. Es brauche einen robusten und
langanhaltenden Frieden. Er glaube, dass in der Folge vermutlich auch
ein Vierer-Treffen nötig sei - mit Beteiligung Europas.
Zunächst finden sich heute aber die «Koalition der Willigen» aus
Ukraine-Unterstützern sowie anschließend die Staats- und
Regierungschefs der EU in Videoschalten zusammen. Dann soll über die
Ergebnisse der Gespräche informiert werden.