Europäer arbeiten an Garantien für Kiew - keine US-Truppen

19.08.2025 19:33

Nach dem Ukraine-Gipfel rückt die Frage verlässlicher
Sicherheitsgarantien für Kiew nach einem möglichen Friedensabkommen
in den Fokus. Welche Rolle könnte Deutschland dabei spielen?

Washington/Berlin (dpa) - Deutschland und seine Partner arbeiten nach
den Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius mit Hochdruck an
Details verlässlicher Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Ein
Unsicherheitsfaktor dabei ist, wie genau sich die USA am Schutz des
von Russland angegriffenen Landes nach einem möglichen
Friedensabkommen beteiligen könnten. US-Präsident Donald Trump
schloss den Einsatz amerikanischer Bodentruppen am Tag nach dem
Ukraine-Gipfel im Weißen Haus aus und verwies auf die Bereitschaft
einiger europäischer Staaten. 

Erst Schutzversprechen, dann Zugeständnisse

Pistorius sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wie ein deutscher
Beitrag zu den Sicherheitsgarantien aussehen wird, steht derzeit noch
nicht fest und wird politisch und militärisch festzulegen sein.»
Dabei würden der Verlauf der Verhandlungen, der mögliche Beitrag der
USA und die Abstimmungen mit den Partnern berücksichtigt. «Natürlich

ist dabei auch zu prüfen, welche Bereitschaft Russland zeigt, zu
einer Friedenslösung zu kommen.»

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte mit Blick auf
Sicherheitsgarantien gesagt: «Völlig klar ist, dass sich ganz Europa
daran beteiligen sollte.» Deutschland habe «eine hohe Verantwortung»,

dies zu tun. Auf die Frage, ob sich auch die Bundeswehr daran
beteiligen könnte, antwortete Merz, es sei zu früh, darauf eine
endgültige Antwort zu geben. 

Sicherheitsgarantien gegen weitere russische Angriffe gelten als eine
Grundvoraussetzung dafür, dass die Ukraine in Verhandlungen
Zugeständnisse macht. Bei dem Treffen mit dem ukrainischen
Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, europäischen Spitzenpolitikern und
Trump am Montag war über Schutzversprechen nach dem Vorbild des
Artikel 5 des Nato-Vertrages diskutiert worden. Der Artikel 5 regelt
den Bündnisfall, bei dem die Nato-Staaten im Fall eines Angriffs auf
die Unterstützung der Alliierten zählen können.

Trump sieht Europäer zu Truppeneinsatz in der Ukraine bereit

Trump hatte sich zwar dazu bereit erklärt, dass die USA
Sicherheitsgarantien mittragen werden. Nach dem Treffen in Washington
ließ er Details dazu aber zunächst offen. Er versicherte mit Blick
auf die Ukrainer nur: «Wir werden ihnen sehr guten Schutz geben, sehr
gute Sicherheit.»

In einem Gespräch mit dem US-Sender Fox News am Dienstag wurde Trump
etwas konkreter. Er gehe davon aus, dass Deutschland, Frankreich und
Großbritannien dazu bereit seien, zur Absicherung eines möglichen
Friedens Soldaten in die Ukraine zu schicken. «Wenn es um die
Sicherheit geht, sind sie bereit, Bodentruppen zu entsenden», sagte
er. Die Vereinigten Staaten seien unterdessen bereit, die Verbündeten
- etwa aus der Luft - zu unterstützen.

Selenskyj bezeichnete Sicherheitsgarantien für sein Land als
vorrangig für einen Frieden mit Russland. «Es ist sehr wichtig, dass
die Vereinigten Staaten ein starkes Signal geben und bereit sind für
diese Sicherheitsgarantien.» Zudem hänge die Sicherheit der Ukraine
auch von den europäischen Verbündeten ab.

Russland lehnt eine Stationierung von Truppen aus Nato-Staaten in der
Ukraine bislang kategorisch ab.

EU-Ratspräsident zeigt sich optimistisch 

Nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der EU zur
Nachbesprechung des Ukraine-Gipfels sprach EU-Ratspräsident António
Costa von einer wachsenden Dynamik hinsichtlich der
Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Die Anstrengungen müssten nun
beschleunigt und ein Schutzversprechen gemacht werden ähnlich dem in
Artikel 5 des Nato-Vertrages mit fortgesetztem Engagement der USA,
sagte Costa in Lissabon. Costa sagte zudem, dass er nach der
Videoschalte mit dem ukrainischen Präsidenten telefoniert habe.

Nach Angaben des britischen Premierministers Starmer wollen sich
Vertreter der sogenannten Koalition der Willigen mit ihren
US-Partnern treffen, um Sicherheitsgarantien für Kiew zu
konkretisieren. Es werde dabei auch darum gehen, die Vorbereitungen
für den Einsatz von Friedenstruppen im Falle einer Waffenruhe
voranzubringen, erklärte er nach der Videoschalte von rund 30 Staats-
und Regierungschefs. Laut Costa sollen diese Gespräche in den
kommenden Tagen, voraussichtlich noch in dieser Woche, stattfinden. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zuvor vor einem
vorschnellen Friedensvertrag ohne Absicherung gewarnt. «Dieser
Frieden darf nicht überstürzt werden und muss durch solide Garantien
abgesichert sein, sonst stehen wir wieder am Anfang», sagte Macron
dem Sender TF1/LCI.

Zweiertreffen von Putin und Selenskyj? 

US-Präsident Trump strebt ein Zweiertreffen von Selenskyj mit
Kremlchef Wladimir Putin an. Danach solle es ein Dreiertreffen geben,
an dem auch er teilnehmen werde, schrieb Trump auf seiner Plattform
Truth Social. 

Putin habe in einem Telefongespräch mit Trump eingewilligt, an einem
bilateralen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten teilzunehmen,
hieß es aus deutschen Regierungskreisen. Laut Bundeskanzler Friedrich
Merz (CDU) ist das Selenskyj-Putin-Treffen innerhalb der nächsten
zwei Wochen geplant.

Die Bundesregierung wertete den Ukraine-Gipfel in Washington als
historisches Treffen. Die Dynamik des Gipfels von Trump und Putin am
vergangenen Freitag in Alaska sei gedreht worden, hieß es aus
Regierungskreisen. Trump habe sich jetzt weitgehend auf die Position
der Europäer zurück orientiert. 

Verhaltene Reaktion aus Moskau

Die öffentliche Reaktion aus Russland war zunächst verhalten. Moskau
sei prinzipiell für jedes Gesprächsformat offen, sagte Außenminister

Sergej Lawrow im Staatsfernsehen. «Aber alle Kontakte unter
Beteiligung der Staatschefs müssen äußerst sorgfältig vorbereitet
werden», fügte er hinzu. Schon zuvor hatte Russland mit diesem
Argument Forderungen Selenskyjs nach einem schnellen Treffen mit
Putin zurückgewiesen. Nach Ansicht Moskaus müssen zuerst Delegationen
auf unterer Ebene eine Vereinbarung aushandeln. 

Uneinigkeit über Notwendigkeit einer Waffenruhe 

Uneinigkeit herrscht in der Frage einer sofortigen Waffenruhe als
Voraussetzung für Friedensverhandlungen. Diese zentrale Forderung
hatte Trump nach dem Alaska-Gipfel mit Putin aufgegeben. Bei dem
Treffen im Weißen Haus wurde die Frage unterschiedlich bewertet.
Kanzler Merz hält weiterhin an dieser Forderung fest: «Ich kann mir
nicht vorstellen, dass das nächste Treffen ohne eine Feuerpause
stattfindet», sagte er im Weißen Haus. 

Selenskyj verzichtete dagegen auf die Forderung nach einer Waffenruhe
vor einem Treffen mit Putin. «Ich finde, dass wir uns ohne
irgendwelche Vorbedingungen treffen und darüber nachdenken müssen,
wie dieser Weg zur Beendigung des Krieges weitergehen könnte», sagte
er. 

Trump sagte bei seinem Treffen mit Selenskyj, er möge zwar das
Konzept einer Feuerpause, weil damit das Töten von Menschen sofort
aufhören würde. «Aber wir können an einem Deal arbeiten, wo wir auf

ein Friedensabkommen abzielen.»