Industrie leidet unter US-Zöllen: «Geschäfte vor dem Aus»
27.08.2025 15:36
Zwar hat die EU im Handelsstreit mit den USA eine Eskalation
verhindert. Doch der Kompromiss mit der Trump-Regierung sorgt in die
Industrie für großen Frust. Viele wollen eine neue Linie.
Berlin/Frankfurt (dpa) - Die schlimmsten Drohungen von Donald Trump
scheinen abgewendet, doch viele Industriebetriebe sehen den
Zoll-Kompromiss zwischen der EU und den USA als zu starke Belastung
Europas. Sie wollen in weiteren Gesprächen mit der Trump-Regierung
eine harte Gangart der EU-Kommission, wie eine Umfrage der DIHK unter
rund 3.500 Betrieben zeigt, überwiegend aus der Industrie.
Der Maschinenbauverband VDMA verlangt in einem Brief an
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Nachverhandlungen.
Wegen der Zölle stehe das US-Geschäft vieler Unternehmen vor dem Aus.
Der Vorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP),
Manfred Weber, warb für mehr Handel jenseits der USA.
«Zolldeal hat seinen Wert bereits verloren»
Der Maschinenbau leide immer stärker unter den Einfuhrzöllen in die
USA, kritisiert der VDMA. Zwar ist im Deal mit den USA für die
meisten EU-Produkte ein Zollsatz von 15 Prozent vorgesehen, doch die
Regierung unter US-Präsident Trump erhebe für immer mehr Produkte die
weit höheren Stahl- und Aluminiumzölle von 50 Prozent. Bereits 30
Prozent der US-Maschinenimporte aus der EU unterlägen einem Zoll von
50 Prozent auf den Metallanteil des Produkts, schätzt der VDMA.
Darunter seien Motoren, Pumpen, Industrieroboter sowie Land- und
Baumaschinen.
Der Zolldeal habe seinen Wert für den Maschinen- und Anlagenbau
bereits verloren, sagte VDMA-Außenwirtschaftsexperte Oliver
Richtberg. «Die pauschale 15-Prozent-Regelung wird durch die Zölle
auf Stahl- und Aluminiumprodukte faktisch ausgehebelt.»
DIHK: Unternehmen leiden trotz Zolleinigung
Nicht nur im Maschinenbau ist der Ärger groß. Wie eine Befragung der
Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ergab, betrachten 55
Prozent die Einigung als zu starke Belastung der europäischen
Wirtschaft. Unter Unternehmen mit US-Geschäft gaben demnach 54
Prozent als Konsequenz weniger Handel dorthin an. «Die neue, auf
Abschottung zielende Handelspolitik der USA dürfte gehörig nach
hinten losgehen», sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der
Deutschen Presse-Agentur.
Trump und von der Leyen hatten im Zollstreit Ende Juli einen
Kompromiss verkündet. Unter anderem soll demnach ein US-Zoll von 15
Prozent für die meisten europäischen Produkte gelten. Zölle auf
US-Industriegüter sollen dagegen ganz abgeschafft werden.
Die EU will den USA weit entgegenkommen, damit diese die Zölle von
27,5 Prozent auf Auto-Importe aus der EU rückwirkend zum ersten
August auf 15 Prozent senken. Trump dagegen erhob erst kürzlich neue
Forderungen: Er will die EU dazu bringen, ihre strengen
Digitalgesetze nicht gegen amerikanische Unternehmen anzuwenden.
In der DIHK-Befragung gaben 17 Prozent der Firmen mit US-Geschäft an,
dortige Investitionen zu vertagen. Weniger Investitionen in den USA
nannten neun Prozent. «Die erhobenen Einfuhrzölle werden die
US-Kunden vornehmlich selbst bezahlen», sagte Treier. Laut Studie
wollen 31 Prozent der Unternehmen mit Amerika-Geschäft ihren Umgang
mit US-Zollkosten verändern. Davon planen 62 Prozent, sie an die
Kunden weiterzugeben.
«EU sollte vor Gegenmaßnahmen nicht zurückschrecken»
Die DIHK hob hervor, die vorgesehene Senkung der US-Zölle im Auto-
und Metallbereich müsse rasch kommen. Nötig sei auch ein Mechanismus,
um künftige US-Zollerhöhungen auszuschließen. «Im Notfall sollte di
e
EU auch vor Gegenmaßnahmen nicht zurückschrecken und hier robust
verhandeln», sagte Treier.
Der EVP-Vorsitzende Weber warb für eine stärkere Ausrichtung auf
andere Märkte. «Die beste Antwort auf den Protektionismus von Donald
Trump ist jetzt, mit den globalen Partnern, die mit uns Freihandel
weiter praktizieren wollen, ins Geschäft zu kommen», sagte der
CSU-Politiker in Berlin. Das Handelsabkommen der EU mit den
südamerikanischen Mercosur-Staaten sollte schnell abgeschlossen
werden.
Weber nannte den Kompromiss mit den USA einen «schmerzlichen Deal»,
der aber einen Handelskrieg verhindert habe. Er forderte zudem, die
Kraft des eigenen EU-Binnenmarktes stärker freizulegen. Etwa bei
Dienstleistungen und der Energie gebe es noch national abgeschottete
Märkte.