Europäer wollen Moldau vor Putin bewahren Von Michael Fischer, Friedemann Kohler, Doris Heimann und Michael Evers, dpa

27.08.2025 20:40

Dieser Besuch ist eine klare Botschaft an den russischen Präsidenten:
Drei der mächtigsten Europäer reisen in ein kleines Nachbarland der
Ukraine, um zu sagen: Ihr gehört zu uns.

Chisinau (dpa) - Solche symbolträchtigen Solidaritätsbesuche hat es
zuletzt nur in der Ukraine gegeben. Jetzt stärken mit Bundeskanzler
Friedrich Merz, dem französischen Präsident Emmanuel Macron und der
polnische Ministerpräsident Donald Tusk drei der mächtigsten Europäer

auch dem kleinen Nachbarland Moldau und seiner proeuropäischen
Regierung gemeinsam den Rücken. 

Am 34. Unabhängigkeitstag der ehemaligen Sowjetrepublik sicherten sie
dem Land Unterstützung auf dem Weg in die Europäische Union und bei
der Abwehr russischer Destabilisierungsversuche zu. In einem Monat
wird dort gewählt. Prorussische Parteien haben sich zum Ziel gesetzt,
die proeuropäische Regierung abzulösen.

Gemeinsamer Auftritt vor Tausenden Menschen

Die drei prominenten Besucher aus der EU wollen dazu beitragen, dass
genau das nicht passiert. Sie wurden bei ihrem Besuch mit hoher
Symbolkraft von Präsidentin Maia Sandu zunächst zu Gesprächen im
Präsidentenpalast in Chisinau empfangen, anschließend ging es weiter
zu einem Abendessen auf einem Weingut. 

Am Abend sprachen alle bei einer riesigen Party zum
Unabhängigkeitstag auf dem Großen Nationalversammlungsplatz in
Chisinau vor Tausenden Menschen. «Sie gehören zur europäischen
Familie», rief Merz ihnen zu. «Unser gemeinsames Ziel ist der
Beitritt Moldaus zur Europäischen Union.» Den meisten Applaus bekam
aber Macron, der seine Rede wie Tusk fast komplett in der
Landessprache hielt. Merz sprach Englisch.

Kanzler über Putin: «Auch Moldau will er zurückholen»

Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hatte Merz schon kurz nach
seiner Ankunft am Nachmittag hybride Attacken auf das Land
vorgeworfen. «Auch Moldau will er zurückholen in die russische
Einflusssphäre», sagte er und versprach der moldauischen Regierung:
«Wir stehen Ihnen bei, Ihre Freiheit und Ihre Souveränität zu
bewahren.»

Macron ermutigt zu weitere Reformen

Der französische Präsident Macron ermutigte Moldau zu weiteren
Reformen. «Ich sehe, dass die Bürger Moldaus sehr wohl verstanden
haben, dass der Beitritt zur Europäischen Union eine historische
Chance für die Zukunft ihres Landes darstellt, eine Chance für
Wohlstand und Sicherheit.» 

Tusk betonte, ein EU-Beitritt Moldaus liege im Interesse ganz
Europas. «In dieser gemeinsamen Anstrengung tut niemand jemand
anderem einen Gefallen oder erweist ihm eine Höflichkeit», sagte er.
Europa werde mit Moldau stärker sein. «Es gibt keine sichere EU, kein
sicheres Polen, Frankreich und Deutschland ohne ein unabhängiges
Moldau.»

Moldaus Präsidentin hält EU-Beitritt für alternativlos

Moldaus Präsidentin Sandu betonte, dass es keine Alternative für ihr
Land zu Europa gebe. Gerade der russische Krieg gegen die Ukraine
zeige, dass Europa Freiheit bedeute. Die proeuropäische Präsidentin
warnte vor versuchter russischer Einflussnahme auf die kommende
Parlamentswahl am 28. September. Es gebe Desinformationskampagnen und
bezahlte Proteste, sagte Sandu.

Besuch am Unabhängigkeitstag

Moldau, eins der ärmsten Länder Europas, ist zwischen proeuropäischen

und prorussischen Kräften gespalten. In der abtrünnigen Region
Transnistrien, einem schmalen Landstreifen im Osten der Republik,
sind seit den 1990er Jahren russische Soldaten stationiert. 

Vier russlandorientierte Oppositionsparteien

Die Regierung in Chisinau wirft Russland seit langem gezielte
Desinformations- und Destabilisierungskampagnen vor. Für die
Parlamentswahl haben vier russlandorientierte Oppositionsparteien die
Gründung eines Wahlblocks angekündigt. 2021 hatte die EU-orientierte
PAS von Präsidentin Sandu 63 der 101 Sitze im Parlament erlangt. Der
Regierungspartei droht angesichts der schwierigen wirtschaftlichen
Situation nun aber der Verlust ihrer Mehrheit.