EU verhängt Milliardenstrafe gegen Google Von den dpa-Korrespondenten

05.09.2025 20:37

Google hilft seinen Kunden, Werbeplätze zu finden - und bietet solche
auch selbst an. Dabei verschafft sich der US-Konzern laut
EU-Kommission unrechtmäßig Vorteile. Jetzt muss Google zahlen.

Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission verhängt gegen Google wegen
Verstößen gegen Wettbewerbsregeln im Werbegeschäft eine Strafe von
2,95 Milliarden Euro. Der US-Konzern habe eigene
Online-Werbedienstleistungen zum Nachteil konkurrierender Anbieter
bevorzugt, teilte die Brüsseler Behörde mit. Google bezeichnete die
Entscheidung als falsch und will in Berufung gehen. Brüssel riskiert
damit neuen Ärger mit US-Präsident Donald Trump, während noch an
Details der Handelsvereinbarung mit den USA gefeilt wird.

Der Kommission zufolge nimmt Google mit seinen Produkten eine
marktbeherrschende Stellung ein. Diese habe der Konzern seit 2014
missbraucht, um seinen eigenen Produkten einen Vorteil zu
verschaffen. Dadurch habe Google gegen Artikel 102 des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen. 

EU kritisiert Interessenkonflikt im Geschäftsmodell von Google 

Laut der Brüsseler Behörde entsteht durch das Geschäftsmodell von
Google ein Interessenkonflikt: Das Tech-Unternehmen schaltet auf den
eigenen Webseiten und Anwendungen einerseits selbst Werbung,
vermittelt aber auch zwischen Werbetreibenden und denen, die den
Platz dafür online zur Verfügung stellen. Für die Vermittlung von den

Werbeplätzen hat das Unternehmen den eigenen Marktplatz AdX. Zudem
bietet das Unternehmen Programme an, die Werbetreibende automatisiert
Werbeplätze finden lassen. 

Konkret lautet der Vorwurf: Google habe den Werbetreibenden und den
Anbietern von Werbeplätzen den eigenen Marktplatz AdX bevorzugt
vorgeschlagen. Dies habe zu höheren Kosten geführt, die am Ende auch
an Verbraucher weitergereicht worden seien. Die EU-Kommission fordert
Google nun auf, sich nicht weiter selbst zu bevorzugen - und geht
noch weiter: Aktuell sehe es danach aus, dass die Trennung von einem
Teil des Werbegeschäfts der einzige Weg sei, den Interessenkonflikt
auszuräumen.

In den USA scheiterte gerade erst die US-Regierung vor Gericht mit
dem Versuch, Google zur Abspaltung des Webbrowsers Chrome und des
Mobil-Systems Android zu zwingen.

Google hat 60 Tage Zeit - und kontert 

Werbung ist die zentrale Einnahmequelle von Google und des
Mutterkonzerns Alphabet. Das Unternehmen hat 60 Tage Zeit, um der
Kommission mitzuteilen, wie das Geschäftsmodell den Vorgaben
entsprechend angepasst werden soll. 

Google konterte, die Geldstrafe sei ungerechtfertigt und die
verlangten Änderungen würden «Tausenden von europäischen Unternehme
n
schaden», da sie deren Geschäft erschweren. «Die Bereitstellung von
Diensten für Werbekunden und -verkäufer ist keineswegs
wettbewerbswidrig, und es gibt mehr Alternativen zu unseren Diensten
als je zuvor», hieß es.

Reagiert die US-Regierung? 

Unklar ist, ob die Strafe der Kommission auch politische Folgen nach
sich zieht. US-Präsident Donald Trump drohte erst kürzlich mit
zusätzlichen Zöllen für Länder, die amerikanische
Technologieunternehmen aus seiner Sicht angreifen. Dabei ging es ihm
um digitale Regulierungen, die er kritisch sieht. 

Die EU oder einzelne EU-Staaten erwähnte Trump nicht explizit. Die
US-Regierung fordert allerdings schon länger Änderungen an den
strengen EU-Digitalgesetzen, die zum Beispiel die Verbreitung von
Falschinformationen über Plattformen wie X verhindern sollen und auch
Unternehmen wie Amazon, Apple, Meta (Facebook), Alphabet (Google) und
Microsoft betreffen.

EU-Kommission strafte Google bereits wiederholt ab 

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Teresa Ribera, teilte zu der
Strafe mit, dass die EU ihre Regeln konsequent und ohne Angst oder
Bevorzugung durchsetzen werde. Gesetze und Grundwerte der EU stünden
nicht zur Debatte. Andreas Schwab (CDU), Mitglied der EVP-Fraktion im
Europäischen Parlament, kritisierte die Strafe hingegen als zu
niedrig, um echte Abschreckung zu erzielen. 

Als einen Sieg für die europäische Digitalwirtschaft bezeichnete der
Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) die
Entscheidung - vor allem vor dem Hintergrund der Drohungen von
US-Präsident Trump, bei Maßnahmen gegen US-Unternehmen weitere Zölle

zu erheben. «Mit der heutigen Entscheidung hat die Kommission
klargestellt, dass sie sich von solchen Drohungen nicht beirren
lässt. Das ist ein wichtiges Zeichen, nicht nur für die digitale
Souveränität, auch für das europäische Rechtsstaatsprinzip. Die
Kommission hat sich nicht verbiegen lassen», lobte der Verband. 

Die EU-Kommission hatte Google und Alphabet seit 2018 bereits mit
mehreren Wettbewerbsstrafen in Gesamthöhe von rund acht Milliarden
Euro belegt. Der Konzern verdaute sie jeweils schnell. Die bisher
höchste Strafe gab es mit gut vier Milliarden Euro wegen des
Geschäfts mit dem Google-Betriebssystem Android.