Smart-TV bis E-Bike: Nutzer bekommen ab Freitag neue Rechte Von Niklas Treppner, dpa

06.09.2025 05:00

Hersteller müssen künftig offenlegen, welche Daten bestimmte Geräte
sammeln - und wie Nutzer darauf zugreifen können. Das soll für
Verbraucher einige Vorteile mit sich bringen - zumindest theoretisch.

Brüssel (dpa) - Im «smart Home» werden viele Daten gesammelt: Vom
vernetzten Kühlschrank, der Sprachassistenz oder dem Smart-TV - alles
speichert Informationen. Die Digitalisierung bringt datenhungrige
Geräte mit sich und davon sollen nach dem Willen der EU Nutzerinnen
und Nutzer mehr profitieren. 

Per EU-Verordnung bekommen sie ab Freitag (12. September) mehr Rechte
an den Daten, die ihre vernetzten Geräte sammeln. Dann gilt für diese
Produkte das EU-Datengesetz («EU-Data-Act»). Hersteller müssen
demnach offenlegen, welche Informationen erhoben werden - und wie man
darauf zugreifen kann.

Das Datengesetz der EU ist bereits Anfang 2024 in Kraft getreten und
findet nun Anwendung. Es soll Verbrauchern erleichtern, ihre
Gerätedaten einzusehen und bei Bedarf auch an andere Dienste
weiterzugeben, etwa zu Reparaturzwecken. Am Ende sollen dadurch
Dienstleistungen günstiger und einfacher werden. Die wichtigsten
Fragen zu den neuen Bestimmungen im Überblick: 

Für welche Geräte gilt das Gesetz? 

Für welche nicht, wäre fast leichter zu beantworten. Denn laut
EU-Verordnung gelten die Regeln für alle sogenannten vernetzten
Geräte. Das klingt nach Internetverbindung, aber die ist gar nicht
zwingend nötig. Die Regeln schließen ausdrücklich Geräte mit
kabelgebundener Datenübertragung ein. 

Eine Kaffeemaschine, die etwa zu Reparaturzwecken per Kabel Daten
übertragen könnte, fällt ebenso unter das Datengesetz wie «smarte
»
Geräte, die per drahtloser Verbindung oder App gesteuert werden. 

Um welche Daten geht es dabei? 

Auch diese Definition ist im Gesetz allgemein gehalten. Zu den
betroffenen Daten gehört dort «jede digitale Darstellung von
Handlungen, Tatsachen oder Informationen». Das können auch Videos,
Bilder oder Tonaufnahmen sein, die ein Gerät gemacht hat.
Entscheidend ist also eher, ob das betroffene Gerät Daten über seine
Nutzung, Leistung oder Umwelt generiert oder sammelt - und weniger,
wie es das tut. 

Die Liste betroffener Branchen und Gesellschaftsbereiche ist also
umfassend: Handys, Smartwatches, moderne Küchengeräte, Klimaanlagen
oder Autos sind ebenso betroffen wie industrielle Maschinen oder
Flugzeuge. 

Muss das Gerät neu sein? 

Nein, das Recht auf die generierten Daten besteht auch bei bereits
erworbenen Geräten, die weiter genutzt werden. Übrigens: Wer seinen
Fitness-Tracker oder seinen Fernseher weiterverkauft, muss dem neuen
Besitzer erklären, wie er an die Daten des Geräts kommt. Denn das
EU-Datengesetz unterscheidet nicht zwischen Erstbesitz und
Secondhand.

Ab September 2026 sieht das EU-Datengesetz zusätzlich vor, dass
Hersteller ihre neuen Produkte mit einfachen Schnittstellen für den
Datenzugang ihrer Nutzer auf den Markt bringen - die neuen Rechte
ihrer Kunden also bei der Entwicklung bereits mitdenken. 

Was soll das den Nutzerinnen und Nutzern bringen? 

Oft haben sich Hersteller bisher Nutzungsrechte an allen anfallenden
Daten selbst eingeräumt. Nun sollen sowohl Einzelpersonen als auch
Unternehmen mehr Kontrolle über die eigenen Daten bekommen. Sie
sollen künftig auf Daten zugreifen, sie löschen oder auch an Dritte
weitergeben können.

Besonders Letzteres ist mit der Hoffnung verbunden, dass Reparaturen
oder andere Dienstleistungen für Nutzerinnen und Nutzer günstiger und
einfacher werden. Beispielsweise könnte sich ein Autobesitzer künftig
dafür entscheiden, bestimmte Daten mit seiner Versicherung zu teilen.
In der Theorie könnte ein vorbildliches Fahrverhalten vielleicht zu
einer geringeren Versicherungsprämie führen.

Laut der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc gibt es aber
zu viele Ausnahmeregelungen, die diese Möglichkeiten in der Praxis
erschweren. Beuc-Geschäftsführer Agustín Reyna bezeichnete das Gesetz

daher als eine «verpasste Chance». 

Wie sollen Nutzerinnen und Nutzer an die Daten kommen? 

Hier gibt die EU-Verordnung den Anbietern zwei Möglichkeiten:
Direkter oder indirekter Zugang. Wo möglich, sollen Nutzerinnen und
Nutzer ohne weiteres selbst auf die Daten zugreifen können. Wie das
geht, darüber müssen die Anbieter und Hersteller bei Erwerb des
Produkts informieren. 

Sollte ein direkter Zugang nicht möglich oder vom Hersteller nicht
erwünscht sein, so soll der Verordnung nach eine einfache Anfrage,
etwa auf einem entsprechenden Webportal, reichen. Ohne große Hürden
soll dann eine Antwort mit den entsprechenden Daten folgen. 

Was erhofft sich die EU durch das Datengesetz noch? 

Durch den freizügigeren Datenhandel sollen nach den Plänen der EU
neue Geschäftsfelder entstehen oder bestehende wachsen. Die
Datenschöpfung soll also mehr zur Wertschöpfung beitragen. 

Außerdem sollen Behörden in Ausnahmefällen wie bei Waldbränden oder

Hochwasserkatastrophen auf Daten zugreifen können, die in Besitz der
Privatwirtschaft sind.

Große Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services, Microsoft oder Google
werden nun dazu verpflichtet, illegalen Zugriff auf Daten zu
verhindern und einen leichteren Anbieterwechsel zu ermöglichen.

Was sagen die Unternehmen?

Kritik gibt es etwa vom Digitalverband Bitkom und dem Bundesverband
der Deutschen Industrie (BDI). In Deutschland herrsche wegen der
EU-Verordnung noch viel Unsicherheit. Der Gesetzgeber habe es in der
20-monatigen Übergangsfrist nicht geschafft, die EU-Verordnung in
deutsches Recht zu überführen, beklagten beide Verbände. Dadurch
fehle es an klaren Ansprechpartnern bei den Behörden. 

Eine funktionierende Datenwirtschaft sei zentral für erfolgreiche
digitale Geschäftsmodelle, fügte BDI-Co-Geschäftsführerin Iris Pl
öger
hinzu. «Der EU-Gesetzgeber greift jedoch übermäßig in die
Vertragsautonomie der Industrie ein», so Plöger. Positiv bewertete
Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst mögliche Chancen durch die
EU-Verordnung. Das Gesetz könne datengetriebene Geschäftsmodelle
voranbringen.