IAA: Schulterschluss gegen das Verbrennerverbot

09.09.2025 22:09

Bei der Eröffnung der Mobilitätsmesse dreht sich viel um die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie. Politik und
Veranstalter sehen einen Hebel beim geplanten Verbrennerverbot.

München (dpa) - Bei der Eröffnung der IAA Mobility haben sich
Politik, Veranstalter und Industrie für Änderungen am geplanten
Verbrennerverbot ausgesprochen. «Einseitige politische Festlegungen
auf bestimmte Technologien sind nicht nur für diese Branche
grundsätzlich der falsche wirtschaftspolitische Weg», sagte
Bundeskanzler Friedrich Merz. Es brauche mehr Flexibilität in der
Regulierung.

Ziel sei, «durch Technologieoffenheit Wettbewerbsfähigkeit und
effektiven Klimaschutz» miteinander zu verbinden, betonte Merz.
Grundsätzlich müsse Deutschland «wieder ein wettbewerbsfähiger
international anerkannter Wirtschaftsstandort werden, auf den die
Welt nicht mit Verwunderung, sondern mit Bewunderung schaut».

Realitätscheck gefordert

Auch Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Autoindustrie
(VDA), der die IAA veranstaltet, forderte einen Realitätscheck und
eine Kurskorrektur in der EU-Klimapolitik gegenüber der Autoindustrie
- beim Verbot neuer Verbrenner ab 2035, aber auch bei den Vorgaben
zum CO2-Flottenausstoß. Dies sei keine Abkehr vom Ziel der
Klimaneutralität, sondern im Gegenteil ein Betrag zu deren Gelingen,
argumentiert sie. 

Die Verbraucher seien noch nicht in ausreichendem Maße bereit, auf
Elektromobilität umzusteigen, sagte Müller. Wer «ohne Realitätsbezu

an Zielen festhalte und nicht sehe, dass auf der Welt verschiedene
technologische Optionen zum Gelingen der Verkehrswende betrügen, der
gefährde nicht nur Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze, sondern
auch das Ziel der Klimaneutralität.

Davor hatte bereits der bayerische Ministerpräsident Markus Söder
(CSU) seine Forderung nach einer Abkehr vom Verbrennerverbot
erneuert. So wie es jetzt konzipiert sei, sei es falsch und müsse
aufgehoben und durch andere Alternativen ersetzt werden. Zudem
forderte er, die CO2-Ziele «an die Realität» anzupassen.

Merz nach Rundgang «begeistert»

Aus der Industrie hat es immer wieder ähnliche Forderungen gegeben.
Auch auf dem Messerundgang des Kanzlers kam das Thema zur Sprache -
unter anderem bei den Zulieferern Schaeffler, Mahle und ZF. 

Merz zeigte sich am Ende des Rundgangs begeistert von den gezeigten
Technologien. Angetan hatten es dem Kanzler unter anderem
Range-Extender, bei denen kleine Verbrennungsmotoren die Reichweite
von Elektroautos erhöhen. Beim Besuch bei Mahle betonte er, alles
dafür tun zu wollen, dass diese Technologie auch in Europa auf die
Straße komme.

«Es ist für mich ein Unding, dass Plug-In-Hybrid, dass Range Extender
in nicht einmal mehr zehn Jahren in Europa verboten sein sollen»,
sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). «Überall in
der Welt ist diese Technik gefragt und wir verbieten sie.» Hier müsse
es schnell eine Öffnung der EU-Regulierung geben. «Klimaschutz
bekommen wir nicht in den Griff, wenn wir verbieten.»

Grundsätzlich ist die deutsche Autoindustrie in der Krise und leidet
unter sinkenden Gewinnen und Jobabbau. Dieser könnte sich fortsetzen:
Eine aktuelle Studie von IW Consult im Auftrag des
Bundeswirtschaftsministeriums, über die das Handelsblatt berichtet,
sieht bis Ende 2030 den Verlust von rund 90.000 Jobs in der Branche
als möglich an.

Sechs weitere Jahre IAA in München

Bereits zu Beginn der Eröffnung hatte VDA-Präsidentin Hildegard
Müller bekannt gegeben, dass die IAA weiter in München bleiben wird.
Der aktuelle Vertrag läuft mit der diesjährigen Messe aus. Nun gibt
es eine Einigung auf sechs weitere Jahre - also drei weitere
Ausgaben.

Schon vor der Eröffnung hatte es Proteste gegen die Messe gegeben.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac versenkte in einer
Wasserfläche vor dem Eingang der Messe einen «Autosaurus». «Der
fossile Rückschritt unter der Regierung Merz ist in vollem Gange und
die Verkehrswende wird ausgebremst», kritisieren die Aktivisten. Die
Autoindustrie werde sich nicht freiwillig verändern.
«Klimaneutralität ist ihr egal, denn es geht ihr nur um den Profit
mit immer größeren und schädlicheren Autos.» 

Wenige Stunden später nutzte die Klimaschutzgruppierung Extinction
Rebellion ebenfalls die Wasserfläche vor der Messe für eine Aktion.
Bei ihr stellten Aktivisten treibende Leichen dar. «Die Klimakrise
tötet Menschen und an der IAA werden immer größere Autos und ein
«Weiter-so» zelebriert», kritisierte ein Sprecher.

Weitere Protestaktionen im Laufe der Messe werden erwartet - wie
schon bei den letzten Ausgaben der IAA Mobility.