Von der Leyen: EU-Kommission stoppt Zahlungen an Israel
10.09.2025 18:35
Unter anderem wegen des Widerstandes der Bundesregierung kann sich
die EU bislang nicht auf Strafmaßnahmen gegen Israel einigen. Nun
kommt es zu einem Alleingang der Europäische Kommission.
Straßburg (dpa) - Wegen Israels Vorgehen im Gazastreifen setzt die
EU-Kommission ihre Unterstützung für das Land aus. Man werde alle
entsprechenden Zahlungen stoppen, sagte Kommissionspräsidentin Ursula
von der Leyen im Europaparlament in Straßburg. Es solle allerdings
keine Auswirkungen für die Arbeit mit der israelischen
Zivilgesellschaft oder der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geben.
Nach Angaben eines Kommissionssprechers war eigentlich geplant
gewesen, noch bis einschließlich 2027 durchschnittlich sechs
Millionen Euro pro Jahr aus einem EU-Topf für die internationale
Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Diese Gelder sollen mit den
von der Kommissionschefin genannten Einschränkungen nun nicht mehr
fließen. Eingefroren würden zudem auch 14 Millionen Euro für bereits
laufende Projekte, hieß es. Israel kritisierte, der Entschluss der
EU-Kommission basiere teils auf der Propaganda der islamistischen
Hamas.
Weitere Sanktionen in Arbeit
Von der Leyen kündigte auch an, den Mitgliedsländern Vorschläge für
Sanktionen gegen extremistische Minister und gegen gewalttätige
Siedler zu unterbreiten. Auch wolle man den Mitgliedstaaten
empfehlen, in einem Partnerschaftsabkommen enthaltene
Handelsvereinbarungen auszusetzen.
«Mir ist bewusst, dass es schwierig werden wird, Mehrheiten dafür zu
finden», sagte von der Leyen in ihrer ersten Rede zur Lage der EU in
ihrer zweiten Amtszeit. Für manche Staaten gehe jede dieser Maßnahmen
zu weit und für andere nicht weit genug. «Doch wir alle müssen
unserer Verantwortung gerecht werden - Parlament, Rat und
Kommission.»
Die CDU-Europaabgeordnete Hildegard Bentele zeigte sich «schockiert
über die Einseitigkeit» der Pläne ihrer Parteifreundin von der Leyen.
«Keine klare Forderung an Hamas außer einem halbherzigen «Freilassen
der Geiseln», kein Wort zu den Fortschritten bei der humanitären
Hilfe, und das Assoziierungsabkommen wird geopfert - ohne Plan für
den künftigen Dialog mit Israel», kritisierte die Vorsitzende der
EU-Israel-Delegation im Europäischen Parlament. Das sei verheerend
für die EU-Israel-Beziehungen.
Israel: «Das ist kein akzeptables Verhalten zwischen Partnern»
Auch aus Israel kam Kritik. Israels Außenminister Gideon Saar sagte,
die EU-Kommissionspräsidentin gebe dem Druck von Kräften nach, die
die Beziehungen zwischen Israel und Europa untergraben wollten. Dies
widerspreche auch den Interessen der europäischen Länder selbst. Die
EU-Kommission stärke mit ihrer Entscheidung die Hamas, die für den
Krieg im Gazastreifen verantwortlich sei, sagte Saar weiter. «Und vor
allem: Dies ist kein akzeptables Verhalten zwischen Partnern.»
EU-Länder im Umgang mit Israel uneinig
Die EU ist im Umgang mit Israel tief gespalten. Auf vorgeschlagene
Maßnahmen der Brüsseler Behörde konnten sich die Mitgliedsländer
bislang nicht verständigen. So hatte die Kommission Ende Juli
vorgeschlagen, die Zusammenarbeit im Rahmen des
Forschungsförderungsprogramms Horizon Europe einzustellen. Damit soll
der Druck auf das Land erhöht werden, eine bessere humanitäre
Versorgung der Menschen im abgeriegelten Gazastreifen zu ermöglichen,
wo Israel die islamistische Hamas bekämpft. Israelische Unternehmen
könnten durch die Strafmaßnahme den Zugang zu Zuschüssen in
Millionenhöhe verlieren.
Zur Begründung heißt es, Israel verstoße mit seinem Vorgehen im
Gazastreifen und der daraus resultierenden humanitären Katastrophe
gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Damit werde
ein wesentliches Prinzip der Zusammenarbeit zwischen der EU und
Israel im Rahmen des geltenden Assoziierungsabkommens verletzt.
Berlin will EU-Israel-Sanktionen nicht zustimmen
Unter anderem Deutschland spricht sich dagegen aus und will den
Sanktionen nicht zustimmen. Andere Länder wie beispielsweise Spanien
äußerten deutliches Unverständnis über die Ablehnung des
Kommissionsvorschlages. Ob der Sanktionsvorschlag der EU-Kommission
umgesetzt werden kann, hängt davon ab, ob er im Rat der
Mitgliedstaaten die Unterstützung einer sogenannten qualifizierten
Mehrheit bekommt.
Konkret müssten dafür 15 der 27 EU-Staaten zustimmen, die zusammen
mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der teilnehmenden
Mitgliedstaaten repräsentieren. Zuletzt fehlte lediglich noch die
Unterstützung von Deutschland oder Italien. Alle anderen großen
EU-Staaten und viele kleinere sind für die Strafmaßnahme.
Unterstützung für Palästinenser
Von der Leyen kündigte zudem an, im Oktober eine Gebergruppe für
Palästina ins Leben zu rufen und dabei auch ein Instrument für den
Wiederaufbau des Gazastreifens zu schaffen. «Dabei handelt es sich um
internationale Bemühungen in Zusammenarbeit mit Partnern aus der
Region», sagte sie.
Auslöser des Kriegs war das Massaker der Hamas
Israel bekämpft im inzwischen großflächig zerstörten Gazastreifen d
ie
islamistische Hamas, die dort weiter Geiseln gefangen hält. Auslöser
des Gaza-Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten
aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten und etwa 250
Verschleppten. Israel verteidigt sein Vorgehen als notwendige
Reaktion und verlangt eine Freilassung aller Geiseln.