Brüssel steht Deutschlands Mega-Schulden-Plänen nicht im Weg

16.09.2025 11:21

Deutschland will Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur
ausgeben. Damit werden die Schulden stark steigen. Trotz strenger
Haushaltsregeln stimmt die EU-Kommission den Plänen aus Berlin zu.

Brüssel (dpa) - Trotz immenser neuer Milliardenschulden nickt die
EU-Kommission die langfristigen Haushaltspläne der Bundesregierung
ab. Das deutsche Konzept für die Jahre 2025 bis 2031 stehe im
Einklang mit den europäischen Budgetvorgaben, teilte die für die
Überwachung zuständige Brüsseler Behörde mit. 

Deutschland darf aus Sicht der Kommission außerdem eine Sonderregel
für Verteidigungsausgaben nutzen: Werden wegen Investitionen in
Aufrüstung mehr Schulden gemacht als eigentlich erlaubt, soll Berlin
kein Strafverfahren fürchten müssen.

Zwar sei zu erwarten, dass Deutschland in den kommenden Jahren die
Vorgaben zeitweise breche. Aber im Kern machten die Pläne des
Bundesfinanzministeriums wirtschaftlich Sinn und die Regeln ließen
dies zu heißt es von der EU-Kommission. Zusammen mit der besonderen
Ausnahmeregel für Verteidigung eröffneten sie Deutschland einen
klaren und regelkonformen Weg.

Bundesregierung beschloss Milliarden-Finanzpaket

Dass die Kommission den deutschen Haushaltsplan so annimmt, war zuvor
nicht vollkommen sicher. Experten etwa der Brüsseler Denkfabrik
Bruegel hatten zuvor Zweifel, ob die Bundesregierung mit ihrem
beschlossenen Milliarden-Finanzpaket die EU-Schuldenvorgaben
einhalten kann.

Die schwarz-rote Bundesregierung plant, in den kommenden Jahren in
riesigem Umfang Schulden aufzunehmen und so mehr in Verteidigung
sowie in Infrastruktur und Klimaschutz investieren zu können. Dafür
wurde die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert. Das
sogenannte Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz umfasst
500 Milliarden Euro.

EU-Vorgaben gelten für Schuldenstand und Neuverschuldung

Die europäischen Schuldenregeln, auch Stabilitäts- und Wachstumspakt
genannt, gelten für alle Mitgliedsländer der EU. Das Regelwerk
schreibt unter anderem vor, dass der Schuldenstand eines
Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht
überschreiten darf. Gleichzeitig muss das Haushaltsdefizit unter drei
Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bleiben. Wer die Grenzen
übertritt, riskiert ein Strafverfahren. Gegen Frankreich, Italien und
einige andere EU-Länder sind derzeit daher Defizitverfahren anhängig.

Deutschland wird wohl etwa die Drei-Prozent-Regel vorübergehend
überschreiten, wie aus dem vom Bundesfinanzministerium erstellten und
der EU-Kommission nun geprüften Haushaltsplan hervorgeht. Das löse
aber nicht automatisch ein Strafverfahren aus, heißt es in Brüssel:
Dafür müsste ein Überschreiten etwa länger als vorübergehend sein
und
könne sich nicht durch außergewöhnliche Umstände - wie etwa
Verteidigungsausgaben - rechtfertigen lassen. Die Entscheidung stütze
sich zudem immer auf tatsächliche Daten, nicht auf Prognosen.

Zudem wird erwartet, dass Deutschland einen höheren Schuldenstand als
60 Prozent der Wirtschaftsleistung aufweisen wird - allerdings nicht
höher als 67 Prozent, wie aus Angaben der Kommission hervorgeht.

 

Deutschland darf zusätzliche Schulden für Rüstung machen

Verteidigungsausgaben seien dabei aber nicht komplett einberechnet,
heißt es. Denn: Durch die vorgesehene Aktivierung der Klausel kann
Deutschland über vier Jahre zusätzlich 1,5 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben, ohne dass es mit
einem - normalerweise drohenden - Strafverfahren rechnen muss.

Angesichts der anhaltenden russischen Angriffe auf die Ukraine will
die EU stark aufrüsten. Die Europäische Kommission hatte die
Aktivierung der Ausweichklausel vorgeschlagen, um mit der Ausnahme
von den strengen Haushaltsregeln mehr Investitionen in Verteidigung
zu ermöglichen. Auch Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland,
Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, die
Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn machen von ihr Gebrauch.

Finanzministerium hatte mehrjährigen Haushaltsplan eingereicht

Konkret stützt sich die Bewertung der Kommission auf den vom
Bundesfinanzministerium im Juli eingereichten sogenannten
mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan. Solch einen
mehrjährigen Plan muss jedes Land aufstellen, um für solide Finanzen
gemäß der europäischen Schuldenregeln zu sorgen.

 

Der Rat der Mitgliedsstaaten muss der Bewertung der Kommission sowie
der Aktivierung der Sonderregel für Verteidigungsausgaben noch
zustimmen. Das ist derzeit für Mitte Oktober geplant.