Draghi zeichnet düstere Zukunft für EU-Wirtschaft
16.09.2025 11:58
Vor einem Jahr hat Italiens Ex-Regierungschef Mario Draghi einen viel
beachteten Bericht vorgestellt. Die EU-Kommission passte ihre Politik
an - ein Jahr später ist Draghis Resümee ernüchternd.
Brüssel (dpa) - Der ehemalige italienische Regierungs- und EZB-Chef
Mario Draghi zeichnet ein düsteres Zukunftsbild für Europas
Wirtschaft. «Unser Wachstumsmodell verliert an Bedeutung, die
Schwachstellen nehmen zu, und es gibt keinen klaren Weg, um die
erforderlichen Investitionen zu finanzieren», sagte Draghi bei einer
Rede in Brüssel. Die Energiepreise seien weiterhin zu hoch, zu wenige
Unternehmen arbeiteten mit künstlicher Intelligenz und es gebe
Nachholbedarf beim Aufbau der Mikrochipproduktion.
Zudem ging Draghi auf Probleme in der Automobilindustrie ein. Der
Absatz von Elektroautos stocke, Modelle seien zu teuer, die
CO2-Emissionen im Verkehr sinken kaum. Noch während Draghi sprach,
wurde bekannt, dass Ford wegen schleppender E-Auto-Nachfrage bis zu
1.000 Stellen in Köln streicht.
Ein Jahr Draghi-Bericht
Vor einem Jahr hatte Draghi einen von EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen in Auftrag gegebenen Bericht vorgestellt, worin
der 78-Jährige klarstellte, dass die Europäische Union im
Konkurrenzkampf mit den USA und China deutlich innovativer werden
müsse. Die EU stehe vor einer «existenziellen Herausforderung», hie
ß
es. Die Kommission brachte daraufhin eine Reihe von
Vereinfachungsvorschlägen und anderen Maßnahmen auf den Weg.
Deutlich optimistischer als Draghi in seiner aktuellen Rede blickte
kurz zuvor EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf ihre
Wirtschaftspolitik und die ökonomische Lage in der EU. Es gebe
Milliarden zur Wirtschaftsförderung, es gebe mehr und mehr E-Autos
auf Europas Straßen und man arbeite an neuen Handelsbeziehungen
weltweit. Sie versprach: «Wir werden unbeirrbar Kurs halten.»
«Wachsende Frustration» bei Bürgern und Firmen
Draghi betonte in seiner Rede zudem, dass es Europas Bürger und
Unternehmen schätzten, dass die Kommission eine klare Priorität auf
Wettbewerbsfähigkeit lege. «Aber sie äußern auch wachsende
Frustration», so der Ex-Banker. Sie seien enttäuscht darüber, wie
langsam sich die EU bewege und sähen, dass Europa mit dem Tempo des
Wandels anderswo nicht Schritt halten könne.