EU-Kommission schlägt weitreichende Israel-Sanktionen vor

17.09.2025 13:29

Insbesondere wegen des Widerstandes Deutschlands konnte die EU
bislang keine Sanktionen wegen des israelischen Vorgehens im
Gazastreifen verhängen. Jetzt werden neue Vorschläge vorgelegt.

Brüssel (dpa) - Als Reaktion auf die Entwicklungen im Gazastreifen
schlägt die Europäische Kommission den EU-Staaten das Verhängen
weitreichender Sanktionen gegen Israel vor. Nach dem Willen der
Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen sollten unter
anderem Freihandelsvorteile gestrichen und Strafmaßnahmen gegen
extremistische israelische Minister und Siedler veranlasst werden.

Ziel des Vorstoßes ist es, Israel zu einem Kurswechsel bei seinem
Vorgehen im Gazastreifen zu bewegen. Aus Sicht der Kommission
verstößt das Land mit seiner Militäroffensive und der daraus
resultierenden humanitären Katastrophe gegen die Menschenrechte und
das humanitäre Völkerrecht.

Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte: «Die entsetzlichen
Dinge, die sich täglich im Gazastreifen abspielen, müssen aufhören.
»
Es brauche eine sofortige Waffenruhe, ungehinderten Zugang für
humanitäre Hilfe und die Freilassung aller von der Hamas
festgehaltenen Geiseln.

Qualifizierte Mehrheit für Handelssanktionen notwendig

Das Streichen von Freihandelsvorteilen für Israel würde nach Angaben
aus der EU-Kommission 37 Prozent der israelischen Warenexporte in die
EU betreffen. Da die EU für Israel der wichtigste Handelspartner ist,
könnte vor allem dieser Kommissionsvorschlag Druck auf die
israelische Regierung ausüben.

Denkbar ist allerdings auch, dass EU-Staaten wie Deutschland und
Italien schnell deutlich machen, dass sie den Vorstoß von der Leyens
nicht unterstützen. Im Rat der Mitgliedstaaten bräuchte es zu seiner
Annahme die Zustimmung von 15 der 27 EU-Staaten, die zusammen
mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Ohne
ein Ja aus Rom oder Berlin ist diese derzeit nicht absehbar, da auch
einige kleinere Länder wie Ungarn, die Slowakei, Tschechien und
Österreich bislang gegen scharfe Israel-Sanktionen waren.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte bereits vor der offiziellen
Vorstellung an Deutschland und Italien appelliert, die Pläne für
europäische Handelssanktionen gegen Israel zu unterstützen oder
alternativ andere Druckmittel vorzuschlagen. «Wenn wir uns einig
sind, dass die Lage unhaltbar ist und wir die israelische Regierung
zum Kurswechsel bringen wollen, dann müssen wir klären: Was können
wir dafür tun?», sagte sie in einem Interview des Senders Euronews.
Wer vorgeschlagene Maßnahmen als Reaktion auf Israels Vorgehen im
Gazastreifen nicht unterstütze, solle bitte Alternativen nennen. Zu
den geplanten Handelssanktionen sagte Kallas, diese würden für Israel
hohe Kosten verursachen. 

Nach EU-Zahlen machte Israels Handel mit der EU 2024 rund 32 Prozent
des gesamten internationalen israelischen Warenhandels aus. Das
gesamte Handelsvolumen mit Waren zwischen der EU und Israel belief
sich 2024 auf 42,6 Milliarden Euro. Die Einfuhren der EU aus Israel
hatten dabei einen Wert von 15,9 Milliarden Euro, die Ausfuhren der
EU nach Israel einen Wert von 26,7 Milliarden Euro.

Finanz- und Polizeiminister im Visier

Bei den israelischen Ministern, die nach dem Willen der EU-Kommission
sanktioniert werden sollten, handelt es sich um Finanzminister
Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir. Ihnen werden
Menschenrechtsverletzungen und Aufstachelung zum Hass vorgeworfen.
Zudem schlägt die Kommission auch neue Sanktionen gegen die
palästinensische Terrororganisation Hamas vor. Sie hatte den
Gaza-Krieg ausgelöst, indem sie am 7. Oktober 2023 gemeinsam mit
anderen Extremisten einen Terrorangriff auf Israel ausübte und dabei
rund 1.200 Menschen tötete und mehr als 250 weitere verschleppte.

Israel hatte den Sanktionsvorstoß der Kommission bereits vor der
Vorlage von Details scharf kritisiert. Israels Außenminister Gideon
Saar schrieb in einem Brief an von der Leyen, es sei
«unverhältnismäßig» und «beispiellos», wegen des israelischen

Vorgehens im Gazastreifen bestimmte Handelsvorteile aussetzen zu
wollen. Ein solcher Vorschlag sei im Falle anderer Länder noch nie
umgesetzt worden, kritisierte Saar.

Die EU-Kommission verlasse sich auf Angaben der Hamas und spiele der
Terrororganisation damit in die Hände. Israel sei der Gaza-Krieg nach
dem Hamas-Terroranschlag aufgezwungen worden. Man werde sich nicht
«von Drohungen einschüchtern lassen», solange die Sicherheit des
Landes gefährdet sei.