Mangelhafter Kinderschutz: EU ermittelt gegen US-Plattformen von Niklas Treppner, dpa
10.10.2025 14:45
Drogen, Glücksspiel, Sucht: Die EU-Kommission nimmt Apple, Google
sowie Youtube und Snapchat wegen möglicher Verletzungen von
Kinderschutzregeln ins Visier. Die Tech-Riesen müssen nun antworten.
Brüssel (dpa) - Die Europäische Kommission verdächtigt Apple,
Snapchat sowie Google und Youtube, Kinder auf ihren Plattformen nicht
genug zu schützen. Die Brüsseler Behörde verlangt von den
Tech-Konzernen daher nun Auskünfte zu ihren Sicherheitsvorkehrungen,
wie die zuständige Kommissionsvizepräsidentin Henna Virkkunen bei
einem Treffen der EU-Digitalminister im dänischen Horsens mitteilte.
Grundlage für die verpflichtende Forderung nach Informationen ist das
Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz DSA).
Bei der Videoplattform Youtube, die zum Google-Konzern gehört, hegt
die EU-Kommission den Verdacht, dass Altersbeschränkungen für Kinder
und Jugendliche zu leicht zu umgehen seien. Zudem soll geprüft
werden, inwiefern Youtube mit seinen Algorithmen Kinder süchtig
machen könnte.
Von der Leyen hatte App-Entwicklern zuletzt vorgeworfen, Kinder aus
Profitinteressen mit den Algorithmen ihrer Produkte süchtig zu
machen. Sie kündigte an, bis Ende des Jahres eine Expertengruppe
einzurichten, die über das weitere Vorgehen in der EU beraten soll.
Kaufen Kinder auf Snapchat Drogen?
Die Brüsseler Behörde will zudem klären, ob Minderjährige auf den
Software-Plattformen von Apple («App Store») und Google («Google
Play») Glücksspiele, wie etwa Apps für Online-Kasinos, herunterladen
und spielen können.
Auf dem sozialen Netzwerk Snapchat könnte es Minderjährigen laut EU
möglich sein, Drogen zu kaufen. Außerdem verdächtigen die
europäischen Regelhüter das Unternehmen, selbst festgelegte
Altersgrenzen nicht zu berücksichtigen. So gelinge es Kindern unter
13, die App zu nutzen, obwohl dies in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) verboten sei.
Snapchat teilte mit, man habe die Anfrage der EU-Kommission erhalten
und werde die erforderlichen Informationen bereitstellen. Snapchat
sei zutiefst engagiert, die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer zu
gewährleisten. «Deshalb haben wir Datenschutz- und
Sicherheitsfunktionen in unsere Plattform integriert und der
Kommission von Anfang an detaillierte Risikobewertungen zur Verfügung
gestellt», sagte eine Sprecherin.
Gegen Facebook läuft bereits Verfahren
Mit den Auskunftsersuchen eröffnet die EU noch kein Verfahren gegen
die Tech-Konzerne. Die Unternehmen können jetzt erläutern, wie sie
verhindern, dass ihre Produkte Kindern schaden. Sie haben auch die
Möglichkeit, Änderungen an ihren Diensten vorzunehmen, um den
Verdacht auszuräumen.
Sieht sich die EU-Kommission jedoch bestätigt, könnte sie ein
Verfahren wegen unzureichenden Kinder- und Jugendschutzes eröffnen.
Gegen den Facebook-Konzern Meta läuft ein solches Verfahren bereits
seit vergangenem Jahr. Im Juli hatte die Europäische Kommission einen
Leitfaden zu den Kinderschutzgesetzen veröffentlicht, der Unternehmen
bei der Einhaltung helfen sollte.
Wieso die USA das Gesetz über digitale Dienste kritisieren
Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) soll unter anderem
sicherstellen, dass Plattformen illegale Inhalte auf ihren Seiten
schneller entfernen als bislang. Nutzern wird es wiederum leichter
gemacht, solche Inhalte zu melden. Grundsätzlich müssen große Dienste
mehr Regeln befolgen als kleine.
In der Vergangenheit hatte das Gesetz auch für Problemen in der
Beziehung zwischen der EU und den Vereinigten Staaten gesorgt. Die
US-Regierung unter Präsident Donald Trump kritisierte europäische
Digitalgesetze wie das DSA als wettbewerbsfeindlich. Meta-Chef Mark
Zuckerberg hatte in Bezug auf die EU-Regeln von
«institutionalisierter Zensur» gesprochen.
EU erhöht Druck auf digitale Konzerne beim Kinderschutz
Brüssel legte in den vergangenen Monaten vermehrt ein Augenmerk
darauf, welche Erfahrungen Kinder und Jugendliche online machen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich zuletzt
überraschend für eine Altersgrenze in den sozialen Netzwerken
ausgesprochen. Die deutsche Politikerin verglich dabei mögliche
Vorgaben für soziale Medien mit denen für Tabak und Alkohol.
EU-Kommissarin Virkkunen sagte, dass bei der Nutzung von
Online-Diensten durch Minderjährige ein sehr hohes Maß an Sicherheit
und Schutz gewährleistet sein müsse. «Einige sagen, es sei Aufgabe
der Eltern, ihre Kinder zu schützen», sagte die finnische
Politikerin, «aber die Hauptverantwortung liegt eindeutig bei den
Plattformen.» Sie entwickelten und kontrollierten die Algorithmen,
und sie müssten hier zur Rechenschaft gezogen werden.
Die EU-Kommission will künftig auch kleinere Plattformen beim Thema
Kinder- und Jugendschutz kontrollieren. Dazu soll eine Arbeitsgruppe
mit den Behörden der Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten. Außerdem soll
ein digitaler Alterscheck künftig verhindern, dass Kinder und
Jugendliche auf Pornografie und andere nicht altersgerechte Inhalte
im Internet zugreifen können. Dafür testen derzeit mehrere
Mitgliedstaaten einen von der EU mitentwickelten Prototypen.
