Rechtsausschuss für Abschwächung von EU-Lieferkettengesetz
13.10.2025 19:26
Nach scharfer Kritik am EU-Lieferkettengesetz soll es Lockerungen
geben. Kritiker werfen dem konservativen Verhandlungsführer
schmutzige Taktiken vor.
Brüssel (dpa) - Beim umstrittenen Lieferkettengesetz sollen nach dem
Willen von EU-Parlamentariern künftig deutlich weniger europäische
Unternehmen strenge Sorgfaltspflichten einhalten müssen. Der
Rechtsausschuss des EU-Parlaments stimmte mit 17 Ja- zu 6
Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen für eine Abschwächung des
EU-Lieferkettengesetzes.
Die Regeln würden demnach nur noch für Großunternehmen mit mehr als
5.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5
Milliarden Euro gelten. Ursprünglich waren als Grenze 1.000
Mitarbeitende und eine Umsatzgrenze von 450 Millionen Euro
vorgesehen. Zudem sollen Unternehmen, die gegen die Regeln verstoßen,
auf EU-Ebene keiner zivilrechtlichen mehr Haftung unterliegen.
Finale Verhandlungen stehen noch aus
Bevor die Änderungen verbindlich werden, muss noch ein finaler
Kompromiss mit den EU-Staaten ausgehandelt werden. Die Gespräche
darüber sollen Ende kommender Woche starten. Die EU-Staaten hatten
sich schon im Juni für ähnliche Lockerungen bei dem Gesetz
ausgesprochen.
Ziel der EU-Richtlinie ist der Schutz von Menschenrechten
Das europäische Lieferkettengesetz wurde eigentlich bereits
vergangenes Jahr beschlossen. Ziel ist, Menschenrechte weltweit zu
stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden
können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder
Zwangsarbeit profitieren. Nach Kritik von Unternehmen sollen Teile
der Richtlinie vereinfacht werden, noch bevor sie angewendet werden.
Erpressungsvorwurf
An der Entscheidung der Parlamentarier gibt es deutliche Kritik. Die
Hilfsorganisation Misereor spricht von einer Demontage des Gesetzes
und einer Entrechtung der Schwächsten. «In Deutschland würden nach
der Position des Rechtsausschusses nur noch etwa 120 statt bisher
2.700 Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte und die Umwelt
überhaupt zu achten», teilte die Organisation mit.
Zudem steht die Taktik des zuständigen Verhandlungsführers des
Europaparlaments in der Kritik. Jörgen Warborn von der EVP-Fraktion,
zu der auch CDU und CSU gehören, soll damit gedroht haben, durch eine
Mehrheit mit rechten bis rechtsextremen Kräften noch stärkere
Änderungen an dem Vorhaben zu fordern.
Auf die Kritik angesprochen, sagte Warborn bei einer Pressekonferenz:
«Ich bin sehr auf die Ergebnisse fokussiert.» Es sei gut, dass es nun
eine Mehrheit mit Sozialdemokraten und Liberalen gebe, da sich Europa
in einer problematischen Situation befinde. Viele Unternehmen
entschieden sich dafür, nicht in Europa, sondern in anderen Teilen
der Welt zu investieren.