EU-Drohnenabwehr soll bis Ende 2026 starten Von Ansgar Haase, dpa
16.10.2025 07:00
Unter dem Eindruck russischer Luftraumverletzungen macht Brüssel
Tempo bei der Drohnenabwehr: Deutschland und die anderen EU-Staaten
sollen noch dieses Jahr eine neue Initiative auf den Weg bringen.
Brüssel (dpa) - Die EU-Staaten sollen nach dem Willen der
Europäischen Kommission bis Ende des kommenden Jahres erhebliche
Fortschritte bei der Drohnenabwehr erzielen. Nach Informationen der
Deutschen Presse-Agentur sehen Aufrüstungspläne der Brüsseler Behör
de
vor, dass die Staats- und Regierungschefs noch in diesem Jahr eine
entsprechende Initiative billigen, die vor allem vor russischen
Drohnen schützen soll. Danach könnte die gemeinsame Beschaffung von
Überwachungssystemen und Abwehrtechnik beginnen. Erste Teile des
Systems sollen dann bereits bis Ende 2026 einsatzfähig sein, das
gesamte bis Ende 2027.
«Die jüngsten wiederholten Verletzungen des Luftraums von
EU-Mitgliedstaaten haben die Dringlichkeit verdeutlicht, eine
flexible, reaktionsschnelle und moderne europäische Fähigkeit zur
Abwehr unbemannter Luftfahrzeuge zu schaffen», heißt es in dem
Fahrplan, der heute von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas und
EU-Verteidigungsindustriekommissar Andrius Kubilius vorgestellt
werden soll.
Drohnen-System soll auch Bodenziele bekämpfen können
Ziel ist demnach, ein mehrschichtiges Hightech-System mit Fähigkeiten
zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung feindlicher Drohnen
aufzubauen, das auch in der Lage ist, mittels eigener Drohnentechnik
präzise Schläge gegen Bodenziele auszuführen. Wichtig ist den Planern
darüber hinaus, dass es in enger Zusammenarbeit mit der Nato und
geografisch offen entwickelt wird.
Zur Begründung für diesen 360-Grad-Ansatz in alle Himmelsrichtungen
heißt es, die östlichen EU-Mitgliedstaaten an der Grenze zu Russland
und Belarus seien zwar der größten unmittelbaren Bedrohung
ausgesetzt. Die jüngsten Zwischenfälle hätten allerdings gezeigt,
dass jedes Land betroffen sein könne. So war wegen der Sichtung
unbemannter Flugkörper in den vergangenen Wochen unter anderem in
Dänemark und Deutschland wiederholt Alarm an zivilen und
militärischen Flughäfen ausgelöst worden. Zeitweise musste deswegen
sogar der Flugverkehr eingestellt werden.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Drohnen nicht zwingend direkt
aus Russland kommen müssen, soll künftig auch nicht mehr von einem
geplanten «Drohnenwall» gesprochen werden, sondern neutral von der
«European Drone Defence Initiative».
Deutschland will Führung bei Luftverteidigungsprojekt
Neben der Drohnenabwehr-Initiative sollen an diesem Donnerstag noch
mehrere andere Aufrüstungsprojekte präsentiert werden. Dazu gehören
die sogenannte «Eastern Flank Watch» zur Verbesserung der
Verteidigungsfähigkeiten der östlichen EU-Mitgliedstaaten, das
«European Air Shield» zur Stärkung der EU-Luftverteidigung und das
«European Defence Space Shield», um den Schutz europäischer
Satelliten sicherzustellen.
Deutschland will nach Angaben von Verteidigungsminister Boris
Pistorius die Führung beim geplanten «European Air Shield»
übernehmen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur geht es
dabei darum, EU-Programme zu nutzen, um ein über Ländergrenzen hinweg
vernetztes, mehrstufiges Flugabwehrsystem einschließlich der
erforderlichen Sensorik aufzubauen. Es soll gegen das gesamte
Spektrum von Bedrohungen aus der Luft schützen und nahtlos mit dem
Führungs- und Kontrollsystem der Nato zusammenarbeiten können.
Zudem kündigte Pistorius an, dass Deutschland in den nächsten Jahren
zehn Milliarden Euro in Drohnen investieren werde. Es gehe um alle
Arten von unbemannten Luftfahrzeugen, also auch um Angriffsdrohnen,
erklärte der SPD-Politiker. Offen ließ er zunächst, ob die
Bundesrepublik die Vorstellungen der EU-Kommission für
Beschaffungsquoten unterstützt. So will die Behörde vorschlagen, dass
bis Ende 2027 mindestens 40 Prozent der Verteidigungsgüterbeschaffung
gemeinschaftlich organisiert wird.
Eine Rahmenvereinbarung für eine massive Aufrüstung hatten die
EU-Staaten bereits im März erzielt. Bei einem Gipfeltreffen
entschieden die Staats- und Regierungschefs, alles daranzusetzen, um
Europas Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren
entscheidend zu stärken. Dies soll Russland davor abschrecken, nach
der Ukraine möglicherweise auch noch einen EU-Staat anzugreifen.
Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland spätestens 2030
militärisch in der Lage sein dürfte, einen weiteren Krieg zu
beginnen.
Die EU-Außenbeauftragte Kallas sagte am Mittwochabend bei einem
EU-Verteidigungsministertreffen, der neue Fahrplan werde mit seinen
konkreten Zielen und klaren Vorgaben dabei helfen, bis 2030
verteidigungsbereit zu sein. Nach Informationen der Deutschen
Presse-Agentur ist auch vorgesehen, einen jährlichen Bericht zur
Verteidigungsbereitschaft («Annual Defence Readiness Report»)
einzuführen, der Fortschritte überwacht.
