Merz irritiert bei EU-Gipfel mit Äußerung zu Mercosur-Deal
24.10.2025 13:34
Seit einem Vierteljahrhundert wird über ein Handelsabkommen zwischen
der EU und den Mercosur-Staaten verhandelt. In Brüssel verkündet der
Kanzler einen Durchbruch. Er hat sich aber zu früh gefreut.
Brüssel (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat beim EU-Gipfel
mit einer Äußerung zu einer angeblichen Einigung über das
Freihandelsabkommen mit den vier lateinamerikanischen
Mercosur-Staaten für Irritationen gesorgt. Alle 27 EU-Mitgliedstaaten
inklusive des bisher besonders skeptischen Frankreich hätten sich bei
einer von Ratspräsident António Costa angesetzten Abstimmung für eine
Unterzeichnung ausgesprochen, sagte er nach den zwölfstündigen
Beratungen. «Es gibt aus den Mitgliedstaaten jetzt keine Vorbehalte
mehr. Es ist erledigt. Es ist durch.» Der Weg für das Abkommen sei
frei.
Costa: «Wir haben keine Entscheidung getroffen»
Costa stellte später klar, er habe lediglich die Staats- und
Regierungschefs gebeten, mit ihren Botschaftern zu sprechen, um die
technischen Probleme mit den Übersetzungen zu lösen, damit das
Abkommen rechtzeitig unterzeichnet werden könne. «Aber das war es.
Wir haben darüber nicht diskutiert. Wir haben keine Entscheidungen
getroffen.»
Der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, Sebastian Hille,
bestätigte die Darstellung Costas heute im Wesentlichen. Es sei
Einigkeit darüber hergestellt worden, «dass die Botschafter
beauftragt sind, alle technischen Vorbereitungen zu treffen, damit
das Abkommen noch in diesem Jahr, wie es Ratspräsident Costa gesagt
hat, unterschrieben werden kann», sagte er in der
Regierungs-Pressekonferenz in Berlin. Auf dpa-Nachfrage bestätigte er
anschließend auch, dass es keine formelle Abstimmung über diesen
Schritt gegeben habe, sondern die Staats- und Regierungschefs sich
darüber lediglich untereinander abgestimmt hätten.
Macron: «Die Arbeit geht weiter»
Merz hatte mit seiner Äußerung auf seiner Brüsseler Pressekonferenz
am späten Donnerstagabend auch andere Staats- und Regierungschefs
überrascht, zum Beispiel den französischen Präsidenten Emmanuel
Macron. Der sagte bei einer späteren Pressebegegnung auf die Frage
einer Journalistin danach, dass es eine endgültige Antwort erst in
den nächsten Wochen geben könne. «Die Arbeit geht weiter.» Es
entwickele sich aber alles in die richtige Richtung und es gebe nach
wie vor das Streben nach einem Abschluss. 
Österreichs Kanzler sagt weiter «nein»
Der österreichische Kanzler Christian Stocker sagte sehr klar, dass
er dem Abkommen aktuell gar nicht zustimmen könne. «Wenn abgestimmt
wird bei der derzeitigen Lage, werde ich gar nicht anders können als
mit Nein zu stimmen, weil ich an einen Parlamentsbeschluss gebunden
bin», erklärte er.
Verhandlungen laufen seit dem letzten Jahrtausend
Über das Abkommen zwischen der EU und den vier Mercosur-Staaten
Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay wird seit 1999
verhandelt. Die neue Freihandelszone mit mehr als 700 Millionen
Einwohnern wäre nach Angaben der EU-Kommission die weltweit größte
dieser Art und soll auch ein Zeichen gegen die protektionistische
Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump setzen. Geplant ist, Zölle
und Handelsbarrieren zwischen der EU und den Mercosur-Staaten
weitestgehend abzubauen.
Die EU-Kommission hatte die Verhandlungen über das Abkommen im
vergangenen Dezember trotz anhaltender Kritik aus Ländern wie
Frankreich abgeschlossen. Es fehlt nun aber noch die Zustimmung der
einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Deswegen ist der Deal noch nicht in
trockenen Tüchern. Kritiker der Pläne befürchten, dass europäische
Landwirte in einen gnadenlosen Preiskampf gezwungen werden könnten
und die Regenwaldzerstörung in Südamerika befeuert wird.
Merz spricht von Unterzeichnung am 19. Dezember
Anfang November findet in Kolumbien der EU-Lateinamerika-Gipfel in
Kolumbien statt, an dem die Mercosur-Staaten teilnehmen werden. Merz
hofft darauf, dass das Abkommen anschließend bis Ende des Jahres
unterzeichnet werden kann. Er hat in Brüssel auch schon einen Termin
genannt: den 19. Dezember.
