Facebook, Instagram und Tiktok droht EU-Strafe von Niklas Treppner, dpa

24.10.2025 14:22

Für Tiktok und den Facebook-Konzern Meta könnte es teuer werden: Die
EU-Kommission wirft den Unternehmen vor, gegen EU-Recht zu verstoßen.
Besteht die Chance einer Einigung mit Brüssel?

Brüssel (dpa) - Facebook, Instagram und Tiktok verstoßen nach
vorläufigen Ermittlungsergebnissen der Europäischen Kommission gegen
ein EU-Digitalgesetz. Ihnen drohen wegen mangelnder Datentransparenz
hohe Geldstrafen, sollten sie nicht noch entlastendes Material
präsentieren oder Anpassungen vornehmen, wie die EU-Kommission
mitteilte.

Demnach bieten alle drei Plattformen nach Ansicht der Regelhüter
Forschern wohl nicht genug Einblicke in ihre Daten. Öffentlich
zugängliche Datensätze sollen es der Wissenschaft laut EU-Kommission
ermöglichen, etwa die Auswirkungen von gewaltverherrlichenden
Inhalten auf Kinder zu untersuchen. Grundlage für die Verfahren ist
das sogenannte Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act,
kurz DSA). 

Eine Sprecherin von Tiktok teilte mit, man prüfe die Befunde der
EU-Kommission, aber es stünden hier Datenschutz und die Anforderungen
des DSA, mehr Daten öffentlich zur Verfügung zu stellen, im
Widerspruch. «Wenn es nicht möglich ist, beide Vorschriften
vollständig einzuhalten, fordern wir die Behörden dringend auf,
Klarheit darüber zu schaffen, wie diese Verpflichtungen in Einklang
gebracht werden können», so die Sprecherin.

EU: Meta und Facebook nicht nutzerfreundlich genug 

Darüber hinaus erhebt die EU-Kommission zwei weitere Vorwürfe - diese
aber ausschließlich gegen die Plattformen Instagram und Facebook des
US-Konzerns Meta. Zum einen mache es den Anschein, als erschwerten
die beiden sozialen Netzwerke von Meta-Chef Mark Zuckerberg die
Meldung von illegalen Inhalten. 

Die Brüssel Behörde beanstandet, dass die Nutzerinnen und Nutzer bei
dem Anzeigen - etwa von terroristischen Videos, antisemitischen
Texten oder Kindesmissbrauch - zu viele Schritte durchlaufen müssten.
Diese seien womöglich auch noch irreführend dargestellt. Laut
EU-Kommission sind das unnötige Hürden, die nicht im Einklang mit dem
europäischen Digitalgesetz stünden.

Meta weist Vorwürfe zurück

Außerdem heißt es aus Brüssel, Facebook und Instagram böten nach de
r
vorläufigen Einschätzung ein zu umständliches Beschwerdeverfahren an,

über das Nutzerinnen und Nutzer gegen die Sperrung ihrer Accounts
oder die Löschung ihrer Inhalte Einspruch einlegen können. 

Ein Kommissionssprecher sagte dazu, wer der EU Zensur vorwerfe, dem
beweise man mit diesem Schritt das Gegenteil. Das DSA ermögliche es
Bürgern in der EU, sich gegen einseitige Entscheidungen der
Tech-Giganten zu wehren. Meta-Chef Zuckerberg hatte in Bezug auf die
EU-Regeln von «institutionalisierter Zensur» gesprochen.

Ein Sprecher des US-Konzerns wies alle Vorwürfe gegen Meta zurück und
teilte mit, das Unternehmen werde weiter mit der Kommission
verhandeln. Man habe wegen des DSA bereits Änderungen auf den
Plattformen vorgenommen und sei zuversichtlich, dass diese Lösungen
der EU-Gesetzgebung entsprechen. 

EU könnte Geldstrafen verhängen 

Die Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen betonte, dass
sie bisher nicht final entschieden habe, ob Facebook, Instagram und
Tiktok wirklich gegen EU-Recht verstoßen. Sollte die EU-Kommission
jedoch nicht von der Verteidigung oder den Anpassungen der
Tech-Riesen überzeugt sein, kann die Behörde endgültig einen
Regelverstoß festhalten. 

Das Gesetz über digitale Dienste sieht dann auch mögliche Strafen von
bis zu sechs Prozent des jährlichen Konzernumsatzes vor. Die
EU-Kommission hatte zuletzt betont, dass sie im Rahmen des DSA erst
Entscheidungen treffen wolle, wenn sie sicher sei, dass diese vor
Gericht Bestand hätten.

Der DSA soll unter anderem sicherstellen, dass Plattformen illegale
Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen als bislang. Nutzern
wird es wiederum leichter gemacht, solche Inhalte zu melden. Zudem
sollen die sozialen Netzwerke transparenter werden und Kinder besser
schützen. Grundsätzlich müssen große Dienste dabei mehr Regeln
befolgen als kleine.

Weiteres EU-Verfahren wegen mangelhaftem Kinderschutz 

Gegen Meta laufen zusätzliche Ermittlungen wegen weiterer möglicher
Verstöße gegen den DSA. So hegt die EU-Kommission den Verdacht, der
US-Konzern könne auch Regel beim Schutz von Minderjährigen
missachten. Etwa, weil sie Kinder und Jugendliche nicht genug vor
süchtig machenden Algorithmen schützen. 

Tiktok hat die EU-Kommission zudem im Verdacht, Risiken für Wahlen
und die öffentliche Debatte nicht genug erkennen, begrenzen oder
verhindern zu wollen. Hinter Tiktok steht das Unternehmen Bytedance,
das einen chinesischen Gründer und eine große Zentrale in Peking hat.
Aus westlicher Sicht ist es ein chinesisches Unternehmen, auch wenn
Bytedance selbst betont, zu 60 Prozent im Besitz westlicher
Investoren zu sein.

Wie reagieren Zuckerberg und Trump? 

Bei Beamten in Brüssel war zuletzt besonders auch Frust über die
mangelnde Kooperationsbereitschaft von Meta zu spüren. Das Verfahren
gegen Zuckerbergs Unternehmen läuft bereits seit anderthalb Jahren -
die Bemühungen um ein Einlenken von Meta wohl noch länger. Die
Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse ist also wohl auch ein
Druckmittel in den festgefahrenen Diskussionen mit dem US-Konzern. 

Gleichzeitig riskiert die EU-Kommission, mit der Durchsetzung des DSA
US-Präsident Donald Trump zu verärgern. Der hatte die europäische
Gesetzgebung immer wieder als wettbewerbsfeindlich bezeichnet.
Zuckerberg rückte gleichzeitig Trumps politischem Lager näher und
könnte in ihm einen Verbündeten sehen. 

Während die vorläufigen Beurteilungen von Meta schon lange erwartet
wurden, dürften die Vorwürfe gegen Tiktok daher auch einen
diplomatischen Grund haben. So entgeht die EU zumindest eher dem
Vorwurf aus Washington, es nur auf US-Unternehmen abgesehen zu haben.