China deutet Nexperia-Exporte an - Aufatmen in Chip-Krise? Von Johannes Neudecker, dpa
01.11.2025 11:13
Die Lieferprobleme bei Nexperia könnten zunehmen - und damit auch die
deutsche Autoindustrie treffen. China glaubt, den Schuldigen für die
Probleme zu kennen.
Peking (dpa) - Im Fall der Lieferprobleme beim niederländischen
Hersteller Nexperia hat China mögliche Exporte von dringend
benötigten Chips angedeutet. «Die unzulässige Intervention der
niederländischen Regierung in interne Unternehmensangelegenheiten hat
zum derzeitigen Chaos der globalen Produktions- und Lieferketten
geführt», teilte das Handelsministerium in Peking mit.
China gab damit der Regierung in Den Haag die Schuld an den aktuellen
Lieferproblemen. Weiter hieß es, man bitte Firmen, die Probleme
hätten, das Ministerium zu kontaktieren. Die Behörde werde sich die
Lage jener Unternehmen ansehen und Exporte zulassen, welche die
entsprechenden Voraussetzungen erfüllten, hieß es in der Mitteilung.
Aufatmen für die Hersteller?
In Deutschland hatten die Lieferprobleme vor allem der
Automobilindustrie für große Sorgen bereitet. «Die Situation könnte
schon in naher Zukunft zu erheblichen Produktionseinschränkungen,
gegebenenfalls sogar zu Produktionsstopps führen, falls die
Lieferunterbrechung von Nexperia-Chips nicht kurzfristig behoben
werden kann», hieß es vom Verband der Automobilindustrie (VDA).
VW-Finanzvorstand Arno Antlitz sagte jüngst, dem Autobauer bleibe
nichts anderes übrig, als «von Tag zu Tag und von Woche zu Woche»
nach Ersatz zu suchen. Um künftig Lieferprobleme zu minimieren, plant
die Branche eine Infoplattform für Halbleiter-Restbestände von
Nexperia. Über sie sollen verfügbare Nexperia-Chip-Kapazitäten
angeboten werden können
Ob die frische Ankündigung der Chinesen den Firmen nun mehr
Sicherheit gibt, bleibt abzuwarten. Viele Fragen in dem Fall ließ die
Behörde nämlich offen. Peking machte keine detaillierten Angaben, ob
sich nur chinesische Firmen beim Handelsministerium melden sollen
oder auch ausländische Unternehmen.
Zudem bleibt offen, welche Voraussetzungen gelten müssen, damit die
Behörde den Export von Chips prüft und genehmigt. Erst am Freitag war
bekanntgeworden, dass die Lieferprobleme bei Nexperia und damit die
Folgen vor allem für die deutsche Autoindustrie zunehmen könnten.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur setzte Nexperia die
Lieferung von Vorprodukten, sogenannten Wafern, an sein chinesisches
Montagewerk aus. Halbleiter-Wafer sind für die Herstellung von Chips
von großer Bedeutung. Das Unternehmen bestätigte, dass Kunden von
Nexperia über den Schritt informiert worden seien. Weitere Angaben
lehnte das Unternehmen ab.
Wofür sind die Teile überhaupt wichtig?
Nexperia ist ein wichtiger Anbieter sogenannter diskreter Halbleiter.
Das sind eher einfache Bauteile, die aber für die Wirtschaft
unverzichtbar sind. Internen VW-Angaben zufolge entfallen rund 40
Prozent des weltweiten Angebots an Standardchips für die
Automobilindustrie auf Nexperia. Die Halbleiter kommen häufig in
elektronischen Steuergeräten von Fahrzeugelektroniksystemen zum
Einsatz. In einem modernen Auto stecken Dutzende dieser Geräte.
Der Auslöser der Krise
Die Lieferprobleme bei Nexperia entstanden, nachdem die
niederländische Regierung die Kontrolle über die von einer
chinesischen Konzernmutter geführte Firma mit Sitz in Nimwegen
übernommen hatte. China stoppte daraufhin die Ausfuhr von
Nexperia-Produkten wie Chips für die Autoindustrie.
Grund für den Konflikt ist laut den Niederländern Missmanagement der
chinesischen Unternehmensführung. Der Eingriff der Regierung bei
Nexperia sei keine Maßnahme gegen China, hieß es. Chinas
Handelsminister Wang Wentao hatte das Eingreifen laut Angaben aus
Peking im Telefonat mit der niederländischen Seite kritisiert. Dies
habe die Stabilität der globalen Lieferketten ernsthaft
beeinträchtigt, sagte er. China fordere von den Niederlanden, die
Angelegenheit schnellstmöglich zu lösen, hieß es.
Ankündigung aus den USA?
Unterdessen berichteten mehrere Medien unter Berufung auf mit der
Sache vertraute Personen, dass die US-Regierung ankündigen wolle,
Nexperias Niederlassung in China werde wieder Chips liefern. Das
«Wall Street Journal» führte die geplante Bekanntmachung auf die
Gespräche zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi
Jinping zurück. Dabei hätten beide Seiten eine Rahmenvereinbarung
getroffen.
Xi und Trump hatten sich am Rande des Gipfels der
Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) im
südkoreanischen Gyeongju getroffen. Dabei sagte China zu, eine
geplante Ausweitung seiner Exportkontrollen auf seltene Erden
auszusetzen. Die USA wollen dafür Zölle, die Washington wegen Chinas
Rolle in der US-Drogenkrise um das Opioid Fentanyl eingeführt hatte,
auf zehn Prozent senken. Außerdem will Washington jüngste
Restriktionen gegen Tochterunternehmen chinesischer Firmen rückgängig
machen.
Was wird aus der EU?
Sollte China wieder erlauben, Nexperia-Chips in die USA zu liefern,
bliebe die Frage, ob es auch Zugeständnisse an Europa geben könnte.
Laut EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sprachen Vertreter Brüssels
und hohe Beamte des chinesischen Handelsministeriums miteinander, wie
der Slowake auf der Online-Plattform X schrieb. China habe dabei
bestätigt, dass die Aussetzung der Exportkontrollen auf seltene Erden
auch für Europa gelte.
«Beide Seiten bekräftigten ihre Entschlossenheit, sich weiterhin für
eine Verbesserung der Umsetzung der Exportkontrollpolitik
einzusetzen», schrieb er weiter. Auf den Fall Nexperia ging er nicht
ein. Das Handelsministerium in Peking machte zunächst keine Angaben
zu den Gesprächen in Brüssel.
