Ausstieg aus Frauenschutz-Abkommen: Lettlands Präsident legt Veto ein
03.11.2025 17:59
Die Istanbul-Konvention sorgt in Lettland weiter für Kontroversen.
Das Parlament hat den Ausstieg aus dem Übereinkommen beschlossen.
Doch der Präsident sieht wichtige Fragen noch ungelöst.
Riga (dpa) - Nach Protesten gegen einen Ausstieg Lettlands aus der
Istanbul-Konvention für den Schutz von Frauen gegen Gewalt, hat
Präsident Edgars Rinkevics sein Veto gegen ein entsprechendes Gesetz
eingelegt. Der Staatschef verwies den Beschluss zur erneuten Beratung
an das Parlament in Riga zurück. Die Volksvertretung Saeima
hatte zuvor den Rückzug aus dem Übereinkommen des Europarats
beschlossen. Dies hatte für öffentliche Proteste in dem baltischen
EU- und Nato-Land und internationales Aufsehen gesorgt.
Rinkevics begründete seinen Schritt mit wichtigen Fragen, die bei
der
Verabschiedung des Gesetzes unbeantwortet geblieben seien. So äußerte
er etwa Besorgnis über den Widerspruch zwischen dem Parlament und der
Regierung bei der Umsetzung des Beschlusses. Dieser war von der
Opposition eingebracht und mit Hilfe der Stimmen von einer der drei
Koalitionsparteien verabschiedet worden.
Präsident sieht «sehr widersprüchliches Signal»
Lettland hatte die 2011 ausgearbeitete Konvention nach langer Debatte
erst im Vorjahr ratifiziert - sie war am 1. Mai 2024 in dem
Baltenstaat in Kraft getreten. Der Ostseestaat wäre das erste
EU-Land, das sich aus dem Übereinkommen zurückzieht. Dessen
Ratifizierung war ein wichtiges Anliegen der Mitte-Links-Regierung
nach deren Amtsantritt im September 2023. Gegner sehen durch das
Vertragswerk dagegen eine Ideologie gefördert, die traditionelle
Familienwerte in Lettland untergrabe.
«Die Ratifizierung und Kündigung des Übereinkommens erfolgen währen
d
der Amtszeit eines Parlaments und einer Regierung. Dies sendet
natürlich ein sehr widersprüchliches Signal - sowohl an die lettische
Gesellschaft als auch an unsere internationalen Verbündeten», sagte
Rinkevics vor der Presse. Diese Unberechenbarkeit staatlichen
Handelns sei im europäischen Rechtsraum unangebracht.
Kritik und Proteste gegen Ausstieg
Die Istanbul-Konvention stuft Gewalt gegen Frauen als
Menschenrechtsverletzung ein. Zudem werden darin politische und
rechtliche Maßnahmen definiert, mit denen die Unterzeichnerstaaten
einen europaweit einheitlichen Rahmen für Prävention, Opferschutz und
Strafverfolgung schaffen sollen. Frauenrechtsorganisation und
Institutionen, die mit Gewaltopfern arbeiten, befürchten, dass
die Aufkündigung den Schutz von Frauen und die Bemühungen um die
Gleichstellung der Geschlechter schwächt.
Gegen den geplante Rückzug kam es in Lettland zu Protesten. In einem
Schreiben an die lettische Staatsführung äußerten auch Diplomaten a
us
15 Ländern - darunter die Deutsche Botschafterin - ihre Besorgnis
über einen möglichen Austritt, ebenso wie der Europarat und andere
internationale Organisationen.
