Sachsen fordert mehr Mitspracherecht bei EU-Fördermitteln
04.11.2025 13:09
Sachsen will bei der Vergabe von EU-Fördermitteln künftig stärker
mitreden. Die Staatsregierung lehnt EU-Pläne zur Zentralisierung ab
und fordert mehr Einfluss für die Regionen.
Brüssel (dpa/sn) - Die Regionen in Europa brauchen nach Ansicht
Sachsens mehr statt weniger Mitspracherecht in europäischen
Entscheidungsprozessen. Bei einer auswärtigen Kabinettssitzung in
Brüssel beschloss die Regierung von Ministerpräsident Michael
Kretschmer (CDU) eine Europastrategie und sparte im Anschluss nicht
mit Kritik an Plänen der Europäischen Kommissionen, Fonds zu
zentralisieren.
Sachsen lehnt Pläne zur Zentralisierung von Fonds ab
Die beiden größten Töpfe des aktuellen 1,2-Billionen-Euro-Haushalts,
die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die sogenannte
Kohäsionspolitik, mit der wirtschaftlich schwach entwickelten
Regionen geholfen werden soll, machen zusammen zwei Drittel der
Mittel aus und sollen in einem Fonds für nationale und regionale
Partnerschaftspläne einmünden. Sachsen lehnt das ab. Das würde
Gestaltungsspielräume der Regionen erheblich einschränken und die
zielgenaue Förderung vor Ort gefährden, hieß es.
«Dieses Prinzip bei der zukünftigen EU-Förderung unter dem Motto
'teile und herrsche' unterstützen wir nicht», sagte auch
Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD). Wenn weniger Mittel vorhanden
seien, müsse man damit umgehen. Man wolle aber nicht, dass Dinge
zusammengeworfen werden, die nicht zusammengehören, und dass es auf
regionaler Ebene zu Verteilungskämpfen und Disparitäten zwischen den
verschiedenen Regionen komme.
Treffen von EU-Kommissaren und Parlamentariern
Die Kabinettssitzung in der Ferne wollte die sächsische Regierung
auch nutzen, um sich mit Kommissarinnen und Kommissaren sowie
Mitgliedern des Europäischen Parlaments direkt auszutauschen. Eine
Reihe von Terminen standen am Dienstag in Brüssel noch an. «Sachsen
steht für ein starkes, handlungsfähiges Europa, das den Regionen
zuhört, Innovationen fördert und Zusammenhalt lebt», betonte
Kretschmer.
Kretschmer warb für eine verlässliche europäische Förderpolitik:
«Europa braucht Planungssicherheit. Nur wenn Regionen wie Sachsen
Innovation und Strukturwandel erfolgreich gestalten können, wird
Europa seine wirtschaftliche Stärke bewahren und ihre
Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen.» Zu einer vernünftigen Politik
gehöre Ehrlichkeit. «Wenn wir das Geld nicht mehr haben, dann sollen
wir das von vornherein sagen.»
Kretschmer fordert Ehrlichkeit ein
Man dürfe nicht Bauern gegen Sozialprojekte und Sozialprojekte gegen
Wirtschaftsförderung ausspielen, sagte Kretschmer. «Das ist nicht
redlich und auch dem widersprechen wir sehr.» Er fühle sich bei den
Diskussionen in Brüssel ein wenig an Deutschland erinnert. Man sei
noch nicht zur Einsicht gelangt, dass Europa ein Wachstumsproblem
habe und durch seine Regeln selbst dafür verantwortlich sei. Ständig
werde in Brüssel an neuen Rechtsvorschriften gearbeitet, die die
Wettbewerbsfähigkeit immer weiter verschlechtern.
Sachsen erwarte von der EU außerdem den Erhalt einer eigenständigen
GAP mit ausreichendem Budget. Kappung und Degression lehne man ab, da
sie die heimische Agrarstruktur deutlich benachteiligen und sich bis
auf die weitere Reduzierung der Tierbestände in Sachsen auswirken
würden. Betriebe, die besonders leistungsfähig sind, dürften nicht
diskriminiert werden. Hintergrund ist eine Sorge, die in ganz
Ostdeutschland geteilt wird. Kappung und Degression bei den
Direktzahlungen würden ostdeutsche Betriebe überdurchschnittlich
stark betreffen, da diese tendenziell größer sind.
Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit
Als weitere Schwerpunkte der Kabinettssitzung in Brüssel wurden die
Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit genannt. Man habe über die
Zukunftsprojekte «Net Zero Valley Lausitz» und «Zinnwald Lithium»
beraten. Mit der Bewerbung der Lausitz als «Net Zero Valley» soll ein
attraktives Umfeld für die Ansiedlung von Produktionsanlagen für
Netto-Null-Technologien geschaffen werden. Solche Technologien sollen
zum Erreichen der Klimaneutralität beitragen, indem sie
Treibhausgasemissionen entweder reduzieren oder aus der Atmosphäre
entfernen.
