EuGH entscheidet über Zukunft von Mindestlohnrichtlinie

10.11.2025 17:30

Macht ein EU-Urteil Änderungen am deutschen Mindestlohn-System
notwendig? Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die
Politik blicken an diesem Dienstag gespannt nach Luxemburg.

Luxemburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof urteilt an diesem
Dienstag (9.00 Uhr) über eine Klage gegen die EU-Richtlinie über
angemessene Mindestlöhne. Die Richter der Großen Kammer müssen
entscheiden, ob das 2022 per Mehrheitsentscheidung beschlossene
Regelwerk mit den europäischen Verträgen im Einklang steht. Dänemar
k
ficht das mit Unterstützung von Schweden an und hatte deswegen Anfang
2023 Klage eingereicht. 

Das Land argumentiert, dass der EU-Gesetzgeber mit dem Erlass der
Richtlinie seine Kompetenzen überschritten habe. Es bezieht sich
dabei auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV). Mit diesem werden unter anderem Richtlinien für
Arbeitsbedingungen möglich gemacht, nicht aber für das
Arbeitsentgelt. 

Sollte die Mindestlohnrichtlinie gekippt werden, würde in Deutschland
die Diskussion darüber hinfällig werden, ob die bereits seit elf
Jahren geltenden nationalen Regelungen an EU-Recht angepasst werden
müssen. In diesem Zusammenhang gibt es beispielsweise seit längerem
die Forderung, den Mindestlohn auf Grundlage eines in der
EU-Richtlinie erwähnten Referenzwertes festzulegen. Dies würde es
erfordern, dass Arbeitgeber mindestens 60 Prozent des mittleren
Bruttolohns in Deutschland zahlen. Der mittlere Bruttolohn ist dabei
der Lohn, bei dem 50 Prozent der Beschäftigten mehr und 50 Prozent
weniger verdienen. 

Braucht es in Deutschland mindestens 15 Euro Mindestlohn? 

Die Bundesregierung hatte jüngst beschlossen, dass der derzeitige
Mindestlohn in Höhe von 12,82 Euro zum 1. Januar auf 13,90 Euro pro
Stunde und ein Jahr später um weitere 70 Cent auf 14,60 pro Stunde
steigt. Bei Verwendung des mittleren Lohns hätte er allerdings nach
Gewerkschaftsangaben eigentlich auf mehr als 15 Euro angehoben werden
müssen. 

Nach der Richtlinie müsste Deutschland zudem einen Aktionsplan zur
Förderung von Tarifverhandlungen vorlegen, weil in der Bundesrepublik
zuletzt nur rund 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
einem per Tarifvertrag geregelten Beschäftigungsverhältnis waren.
Nicht nötig ist ein Aktionsplan laut Richtlinie nur dann, wenn die
tarifvertragliche Abdeckung bei 80 Prozent oder höher liegt.