WHO warnt vor Ablenkungsmanövern der Tabakindustrie

17.11.2025 11:46

Es gibt eine Debatte um angebliche Pläne, Filter und Filterzigaretten
zu verbieten. Andere Maßnahmen seien viel effektiver, sagt die WHO -
aber Deutschland hinkt hinterher.

Genf (dpa) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor
Industrieversuchen, den Kampf gegen Tabak und Nikotin zu untergraben.
Vor der Konferenz der Vertragsstaaten der Anti-Tabak-Konvention
(FCTC) machte ein angeblich geplantes EU-Verbot von Filterzigaretten
Schlagzeilen. Medien wurden aufgeschreckt, obwohl die EU die Angaben
dementiert hat. Die Tabakfirmen seien sehr einflussreich, mahnt
Etienne Krug, der Direktor der für Tabak zuständigen WHO-Abteilung.
«Wir müssen uns der Einmischung der Industrie in Debatten bewusst
sein.»

Die WHO würde ein Filterverbot zwar begrüßen. «Das darf aber nicht

etwa von der Besteuerung von Tabak ablenken, was den Verbrauch sehr
viel stärker schrumpfen lassen würde», sagt Krug im Gespräch mit de
r
Deutschen Presse-Agentur. Die Konferenz beginnt heute in Genf.

Kritik der WHO an Deutschland

Deutschland bekommt in den WHO-Berichten über Fortschritte im Kampf
gegen Tabak und Nikotin meist schlechte Noten: Die Steuern seien
nicht hoch genug. Sie sollten nach WHO-Angaben mindestens 75 Prozent
des Preises ausmachen. Auch die WHO-Empfehlung, Zigaretten in
Einheitspackungen ohne Farben und Logos zu verkaufen, ist in
Deutschland bisher nicht umgesetzt. 

Krebshilfe für weitreichende Verbote

«Die Tabak- und Nikotinindustrie ist mit immer neuen Produkten
unterwegs, etwa den Vapes, weil sie junge Leute ansprechen, die sie
damit früh nikotinabhängig machen - so sichern sie ihren Markt», sagt

Ärztin Ulrike Helbig, die das Berliner Büro der Deutschen Krebshilfe
leitet. Vapes sind elektronische Geräte, die eine Flüssigkeit
erhitzen und Dampf erzeugen, der inhaliert wird. Die meisten Vapes
enthalten Nikotin. Es gibt sie mit Geschmacksrichtungen, wie
Gummibärchen oder Zuckerwatte, die besonders junge Menschen
ansprechen. Helbig unterstützt Empfehlungen der WHO, Aromastoffe zu
verbieten.

Sie würde auch ein Filterverbot begrüßen. «Alles, was den Tabak- un
d
Nikotinkonsum eindämmen kann, muss umgesetzt werden», sagte Helbig.
In Deutschland sterben nach ihren Angaben 127.000 Menschen pro Jahr
aufgrund von Tabakkonsum. Jede fünfte der 520.000
Krebsneuerkrankungen im Jahr gehe auf Tabak und Nikotin zurück. Die
volkswirtschaftlichen Kosten durch die Behandlung von Kranken sowie
Verdienstausfälle seien etwa sechsmal so hoch wie die Einnahmen aus
der Tabaksteuer.