USA arbeiten an Ideen für Kriegsende in der Ukraine - Kritik in EU
20.11.2025 14:59
Ein angeblicher 28-Punkte-Plan für ein Kriegsende in der Ukraine
sorgt für Aufsehen. Kiew sieht sich unter Druck. In der EU regt sich
Kritik. US-Außenminister Rubio erklärt seine Sicht. Und der Kreml?
Washington/Brüssel/Moskau (dpa) - Nach Berichten über einen unter
US-Führung entstandenen angeblichen Friedensplan für die Ukraine hat
die EU eine Beteiligung an den Verhandlungen gefordert. «Damit
irgendein Plan funktioniert, braucht es die Ukraine und die Europäer
an Bord», sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel. Auch
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) verlangte eine Einbeziehung
der EU und der Ukraine. Zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio
erklärt, dass an einer «Liste möglicher Ideen» gearbeitet werde. Er
bestätigte dabei nicht, dass es einen fertigen Plan gebe. Medien
hatten zuvor von einem 28-Punkte-Plan berichtet.
Rubio rief beide Kriegsparteien zu Zugeständnissen für eine Lösung in
dem Konflikt auf. «Um einen komplexen und tödlichen Krieg wie den in
der Ukraine zu beenden, ist ein umfassender Austausch ernsthafter und
realistischer Ideen erforderlich», schrieb Rubio in seinem
persönlichen Account bei X.
Ein dauerhafter Frieden verlange von beiden Seiten - also Russland
und der Ukraine -, dass sie «schwierigen, aber notwendigen
Konzessionen zustimmen», schrieb Rubio in dem Post, den er nicht auf
den offiziellen Accounts der Regierung veröffentlichte. «Deshalb
erstellen wir derzeit eine Liste mit möglichen Ideen zur Beendigung
dieses Krieges, die auf Beiträgen beider Konfliktparteien basiert,
und werden diese Liste auch weiterentwickeln.»
Kritik an russischen Maximalforderungen
An einzelnen Punkten des angeblichen Plans, über den in Teilen
bislang nur Medien berichtet haben, gab es Kritik. Bemängelt wird
eine Dominanz der bisherigen russischen Maximalforderungen.
Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) warnte davor, dass Kremlchef
Wladimir Putin, «damit Kriegsziele erreichen könnte, die er auf dem
Schlachtfeld nicht erreicht hat». «Und das wäre sicherlich ein
Ergebnis, das nicht akzeptabel wäre», sagte Frei in der Sendung
«Frühstart» von RTL/ntv.
Laut den Medienberichten soll die Ukraine etwa Gebiete an Russland
abtreten - in den Regionen Donezk und Luhansk -, die Moskau bisher
nicht komplett militärisch kontrolliert. Das hatte die ukrainische
Regierung bislang kategorisch abgelehnt. Auch die EU weist immer
wieder darauf hin, dass sie keine gewaltsame Verschiebung von Grenzen
akzeptieren werde. Den Berichten zu dem angeblichen Friedensplan nach
soll die Ukraine im Gegenzug Sicherheitsgarantien erhalten - zum
Schutz vor einer künftigen russischen Aggression.
Wadephul: Ukraine muss Souveränität wahren
«Wir alle sehen, dass Russland in einem Maß aufrüstet, dass man sich
berechtigterweise in Europa die Frage stellen muss, zu welchem Zwecke
geschieht das», sagte Außenminister Wadephul in Brüssel vor dem
Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister. «Es muss klar sein,
dass die Ukraine ihre Souveränität wahren kann, in welchem
territorialen Umfang auch immer.»
Die britische Regierung teilte mit, dass nur die Ukraine selbst ihre
Zukunft entscheiden könne. Zugleich teile London das Streben von
US-Präsident Donald Trump, «den barbarischen Krieg» zu beenden, sagte
ein Regierungssprecher. In der Zwischenzeit unterstütze
Großbritannien die Ukraine auch militärisch.
Ukraine sieht sich unter Druck
US-Präsident Trump hatte Russland und die Ukraine immer wieder zu
einem Ende der Kampfhandlungen aufgefordert und beide Kriegsparteien
auch kritisiert. Nun steht erneut besonders der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selenskyj unter Druck - nicht nur wegen des Vorrückens der
russischen Truppen im Osten des Landes, sondern auch wegen eines
Korruptionsskandals, der bis in die Regierung des in die EU
strebenden Landes reicht. Selenskyj sollte am Donnerstag auch eine
US-Delegation treffen, um über die Lage in dem Krieg zu beraten.
Die US-Vertreter würden Druck auf Selenskyj ausüben, dem von den USA
und Russland ausgearbeiteten Friedensplan zuzustimmen, berichtete das
Nachrichtenportal «RBK-Ukraina» unter Berufung auf eine nicht näher
genannte Quelle. Vorgesehen ist demnach auch, dass die Ukraine auf
einen Nato-Beitritt verzichtet, eine Amnestie für Kriegsverbrecher
und die Rückkehr Russlands in die Weltwirtschaft akzeptiert. Das
bisherige Ziel der Ukraine ist es dagegen, neben dem militärischen
Druck durch westliche Waffenhilfe Russland auch immer weiter mit
Sanktionen unter Druck zu setzen, damit es wirtschaftlich künftig
nicht mehr in der Lage ist, den Krieg fortzusetzen.
Kreml: Keine russisch-amerikanischen Konsultationen
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte zu den Berichten auch am Donnerstag
wie schon am Tag davor, dass es nichts Neues gebe. Russland bleibt
demnach bei seinen bisherigen Forderungen, die Putin auch beim
Treffen mit Trump im August in Anchorage im US-Bundesstaat Alaska
dargelegt hat. Es gebe zwar weiter Kontakte zwischen Moskau und
Washington, aber aktuell keine russisch-amerikanischen Konsultationen
zur Ukraine, sagte Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Russland begrüßt seit langem, dass Trump sich für eine Beendigung des
Krieges in der Ukraine einsetzt. Die russische Invasion in dem
Nachbarland dauert seit mehr als dreieinhalb Jahren an.
