Russland und USA uneins über Territorialfragen in Ukraine
03.12.2025 02:58
US-Präsident Trump lässt seine Vertrauten in Moskau über ein Ende des
Ukraine-Kriegs verhandeln. Beim Treffen der Nato-Außenminister in
Brüssel fehlt ein wichtiger Mann. Und die EU schafft Fakten.
Moskau/Brüssel (dpa) - Russland und die USA sind einem Kriegsende in
der Ukraine bei einem langen Treffen im Kreml anscheinend nicht näher
gekommen, doch der Dialog soll nach Moskauer Angaben fortgesetzt
werden. Präsident Wladimir Putin sprach mehr als fünf Stunden mit dem
US-Sondergesandten Steve Witkoff und dem Schwiegersohn von
US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner. Während ein Durchbruch in
Moskau ausblieb, einigten sich die EU-Staaten kurz darauf auf einen
Importstopp für russisches Erdgas bis Ende 2027.
Nach dem Treffen im Kreml sei man zwar nicht weiter von einem Frieden
entfernt, aber auch nicht näher an einer Lösung des Konflikts, sagte
Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow. Es gebe noch viel
Arbeit. So gebe es noch keinen Kompromiss zur Frage der von Russland
geforderten Abtretung ukrainischer Gebiete. Putin fordert den
gesamten Donbass in der Ostukraine, obwohl seine Armee nicht alle
Teile des Gebiets kontrolliert. Kiew lehnt die Preisgabe ab.
Kreml: Witkoff will zunächst Trump informieren
Der Putin-Berater sprach von konstruktiven, inhaltsreichen und
nützlichen Unterredungen. Es sei vereinbart worden, die
Verhandlungslinie nicht öffentlich zu machen. Die amerikanischen
Unterhändler wollten zunächst Trump über die Ergebnisse informieren -
und danach wieder mit Russland Kontakt aufnehmen.
Von Kontakten Richtung Ukraine war nicht die Rede, auch wenn der
ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einem Besuch in Dublin
sagte, er warte auf Ergebnisse des russisch-amerikanischen Treffens
in Moskau.
Putin habe den US-Vertretern freundschaftliche, aber auch politische
Signale für Trump mit auf den Weg gegeben, sagte Uschakow ohne
Nennung näherer Details. Seinen Angaben nach wurde auch über einen
Neubeginn der wirtschaftlichen Kooperation zwischen Russland und den
USA gesprochen. Moskau hat ein Interesse an einer Aufhebung der
scharfen US-Sanktionen, die Russlands Wirtschaft immer mehr
zusetzen.
Trumps Schwiegersohn erstmals bei Treffen im Kreml
Für den Trump-Vertrauten Witkoff war es in diesem Jahr schon das
sechste Treffen mit Putin, Kushner hingegen nahm erstmals an so einem
Gespräch teil. Beide stehen für den Teil der US-Administration, der
auf eine schnelle Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen zu
Russland setzt.
Ende November war ein US-Friedensplan mit 28 Punkten publik geworden,
der danach als «russische Wunschliste» und faktische
Kapitulationserklärung der Ukraine kritisiert wurde. Er durchlief in
den vergangenen Tagen Änderungen, weil viele Vorschläge für die
Ukraine und ihre europäischen Unterstützer nicht annehmbar waren.
Zuletzt arbeiteten amerikanische und ukrainische Vertreter bilateral
an dem Plan, danach folgte dann das Treffen im Kreml.
Putin droht den Europäern
Putin hatte den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine
im Februar 2022 begonnen, als er seine Truppen im Nachbarland
einmarschieren ließ. Unmittelbar vor dem Treffen mit Witkoff drohte
er den europäischen Unterstützern der Ukraine nun mit scharfen
Worten. «Wir haben nicht vor, mit Europa zu kämpfen, das habe ich
schon 100 Mal gesagt. Aber wenn Europa wiederum kämpfen will und
anfängt, dann sind wir dazu sofort bereit», sagte er.
Der Kremlchef kritisierte vor Journalisten die Änderungen, die auf
Drängen der Europäer an Trumps ursprünglichen 28-Punkte-Friedensplan
vorgenommen wurden. Die Vorschläge Europas zielten darauf ab, den
Friedensprozess zu blockieren, sagte Putin der Agentur Interfax
zufolge.
Die EU-Staaten haben mit Blick auf Trumps Plan mehrfach deutlich
gemacht, dass sie eine gewaltsame Verschiebung von Grenzen in Europa
nicht akzeptieren werden. Nur die Ukraine könne über ihre Gebiete
entscheiden.
EU einig über Komplettverzicht auf russisches Gas
Um sich langfristig unabhängig von Energieimporten aus Russland und
damit weniger erpressbar zu machen, wollen die EU-Staaten bis
spätestens Ende 2027 den Import von russischem Erdgas komplett
einstellen. Darauf einigten sich Vertreter der Regierungen der
EU-Mitgliedstaaten und des Europaparlaments in Brüssel. Für russische
Ölexporte in die Slowakei und Ungarn soll die EU-Kommission im
nächsten Jahr einen Ausstiegsplan vorlegen. Die beiden Staaten
beziehen als einzige in der EU noch Rohöl aus Russland und sind auch
in hohem Maße von russischen Erdgaslieferungen abhängig.
Die neuen Regeln sollen bereits bestehende Sanktionen gegen Russland
ergänzen und es der Rohstoffgroßmacht erschweren, ihren Angriffskrieg
gegen die Ukraine weiter zu finanzieren.
Rubio nicht bei Treffen der Nato-Außenminister
Um die Unterstützung der Ukraine soll es heute auch bei einem Treffen
der Außenminister der Nato-Staaten in Brüssel gehen. Bei ihrer
letzten regulären Zusammenkunft im laufenden Jahr soll es - vor allem
mit Blick auf Russland - auch um einen Ausbau der Abschreckung und
Verteidigung gehen.
Zudem werden Gespräche über Luftraumverletzungen durch russische
Kampfjets und Drohnen sowie mutmaßlich russische Sabotageakte in
Europa erwartet. Zuletzt hatte Polen dem russischen Geheimdienst
vorgeworfen, einen Sprengstoffanschlag auf eine polnische Bahnstrecke
organisiert zu haben.
Allerdings fehlt US-Außenminister Marco Rubio als Chefdiplomat des
wichtigsten Nato-Staats bei dem Treffen in Brüssel. Er lässt sich von
seinem Vize Christopher Landau vertreten. Ein triftiger Grund für die
Absage Rubios wurde nicht genannt. Ein Sprecher teilte lediglich mit,
es wäre völlig unrealistisch, Rubio bei jedem Treffen der
Militärallianz zu erwarten - zumal der Minister bereits an Dutzenden
Treffen mit Nato-Verbündeten teilgenommen habe.
Dass ein US-Außenminister nicht persönlich an einem formellen
Nato-Außenministertreffen teilnimmt, ist höchst ungewöhnlich. Für d
ie
Bundesregierung reist Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach
Brüssel.
