Von der Leyen will auch Russen-Geld in Deutschland nutzen

03.12.2025 18:46

Die EU-Kommission will festgesetztes russisches Vermögen nutzen, um
den Finanzbedarf der Ukraine zu decken. Bislang wurde dabei vor allem
nach Belgien geschaut. Das könnte sich nun ändern.

Brüssel (dpa) - Deutschland und mehrere andere Staaten sollen genauso
wie Belgien festgesetzte russische Gelder für die Unterstützung der
Ukraine bereitstellen. Das sieht nach Angaben von EU-Beamten der
jetzt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellte
Vorschlag für ein sogenanntes Reparationsdarlehen in Höhe von bis zu
210 Milliarden Euro vor.

Neben Deutschland sind demnach auch Frankreich, Schweden und Zypern
mögliche Geber von russischem Staatsvermögen für das Vorhaben, wobei

in Frankreich das meiste Geld liegen soll. Das vom belgischen
Finanzinstitut Euroclear verwaltete russische Zentralbankvermögen
wird auf rund 185 Milliarden Euro beziffert.

Die belgische Regierung hatte eine Beteiligung anderer EU-Staaten in
den vergangenen Monaten wiederholt gefordert, um das Risiko zu
mindern, dass Belgien alleiniges Ziel von möglichen
Vergeltungsmaßnahmen wird. Dabei wird unter anderem die Gefahr
gesehen, dass Moskau europäische Privatpersonen und Unternehmen in
Russland enteignet.

Deutsche Wirtschaft sieht große Risiken

Der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen
Auslandshandelskammer, Matthias Schepp, warnte zuletzt, dass
deutsches Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr sei.
«Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat
deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder
für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren», sagte

er im Oktober der Deutschen Presse-Agentur.

Bundesregierung hält genaue Zahlen geheim

Wie viel russisches Zentralbankgeld in Deutschland liegt, hält die
Bundesregierung bislang geheim. Kommuniziert wurde zuletzt nur, dass
im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine
insgesamt Vermögenswerte in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro
eingefroren oder immobilisiert wurden. Dies umfasse eingefrorene
Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von gelisteten Personen bzw.
Entitäten sowie «Auslandswerte der russischen Zentralbank, die einem
Transaktionsverbot unterliegen».

Von Diplomaten hieß es zuletzt, dass es bei dem Zentralbank-Vermögen
vermutlich um eine eher kleinere dreistellige Millionensumme gehe.
Die Bundesregierung hat sich bislang öffentlich nicht klar zu der
Frage positioniert, ob sie bereit wäre, auch in Deutschland liegende
Vermögen beizusteuern. Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte
am Abend der Deutschen Presse-Agentur: «Die Bundesregierung wertet
den Vorschlag aus.» Man bitte um Verständnis, dass diese Auswertung
noch laufe.

Showdown in zwei Wochen?

Über den am Mittwoch präsentierten Plan der EU-Kommission müssen nun

Regierungen der Mitgliedstaaten beraten. Präsidentin von der Leyen
hofft, dass die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten ihn in
zwei Wochen bei ihrem Dezember-Gipfel billigen. In den nächsten
beiden Jahren sollen zunächst rund 90 Milliarden Euro in die Ukraine
fließen.

Als Alternative zu dem Konzept für die Verwendung der russischen
Gelder legte von der Leyen zudem einen konkreten Vorschlag für die
Aufnahme neuer EU-Schulden für die Ukraine vor. Zahlreiche Länder wie
Deutschland lehnen dies allerdings ab und setzen darauf, den bislang
anhaltenden Widerstand Belgiens gegen die Nutzung der russischen
Gelder zu brechen. Das EU-Land spielt eine zentrale Rolle bei dem
Vorhaben, da ein Großteil der russischen Gelder dort derzeit von dem
Unternehmen Euroclear verwaltet wird.

Russland soll für Wiederaufbau zahlen

Das Grundkonzept für die Nutzung russischer Gelder ist bereits seit
mehreren Monaten bekannt und wird auch von Bundeskanzler Friedrich
Merz (CDU) unterstützt. Es sieht vor, dass Russland sein Geld nur
dann zurückbekommt, wenn es nach einem Ende seines Angriffskriegs
gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet. Für den Fall, dass
das eingefrorene russische Geld zum Beispiel infolge von
internationalen Urteilen oder Deals unerwartet wieder freigegeben
werden müsste, müssten die EU-Staaten lediglich Garantien leisten.