Bald teurere Tickets im Nahverkehr? EuGH prüft Schienenmaut

04.12.2025 03:55

Bislang ist der Nahverkehr von großen Preissteigerungen bei der
sogenannten Schienenmaut verschont geblieben. Darf das so bleiben?
Die Frage liegt nun beim EuGH.

Luxemburg (dpa) - Der Streit um den deutschen Preisdeckel für die
Schienennutzung im Nahverkehr ist beim Gerichtshof der Europäischen
Union (EuGH) gelandet. Eine Entscheidung könnte regionale
Verkehrsunternehmen in Schwierigkeiten bringen - und so auch
Auswirkungen für Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer haben. Worum geht es
in dem Fall?

Was passiert am EuGH?

Am höchsten europäischen Gericht wird heute (9.00 Uhr) darüber
verhandelt, ob die deutschen Regelungen zu Trassenpreisen - einer Art
Schienenmaut - mit dem EU-Recht vereinbar sind. Die
Infrastruktursparte der Deutschen Bahn, DB InfraGo, und ihr
Tochterunternehmen, die DB Regionetz Infrastruktur, waren vor dem
Verwaltungsgericht Köln gegen das Trassenpreissystem für das Jahr
2025 vorgegangen. Das deutsche Gericht hatte sich dann mit einer
Frage zum EU-Recht an die Richterinnen und Richter in Luxemburg
gewandt. Mit einer Entscheidung des EuGH wird aber erst in einigen
Monaten gerechnet.

Was sind Trassenpreise?

Alle Unternehmen, die die Infrastruktur der Deutschen Bahn nutzen,
müssen Trassenpreise zahlen. Sie werden von InfraGo erhoben. Mit
diesen Mitteln finanziert die Bahn unter anderem die laufenden Kosten
für den Betrieb, die Instandhaltung und die Investitionsbeiträge des
bundeseigenen Konzerns in das mehr als 33.000 Kilometer lange
Schienennetz in Deutschland. Die Berechnungsmethode für den
Nahverkehr ist in Deutschland gesetzlich genau geregelt. 

Was hat es mit dem Preisdeckel auf sich?

Für den Regionalverkehr existiert eine sogenannte Trassenpreisbremse
- eine gesetzliche Beschränkung der Preissteigerung, damit der
Nahverkehr für Länder und öffentliche Auftraggeber planbar und
bezahlbar bleibt. Sie lag bisher bei 1,8 Prozent, ab 2026 bei 3
Prozent. Eine deutliche Steigerung der Trassenpreise traf im Jahr
2025 daher vor allem den Fern- und Güterverkehr. Die erhöhten Kosten
mussten auf diese Bereiche aufgeteilt werden, der Nahverkehr blieb
durch die Preisbremse so gut wie verschont.

Warum klagte InfraGo?

Im konkreten Fall geht InfraGo vor Gericht gegen den Beschluss der
Bundesnetzagentur zum Trassenpreissystem für das Jahr 2025 vor, mit
dem die Entgelte im Nahverkehr gegenüber ihrem Antrag reduziert und
im Fern- und Güterverkehr erhöht wurden. Die Bundesnetzagentur muss
die von der Bahn-Tochter jährlich beantragten Entgelte genehmigen.

Worüber entscheidet der Europäische Gerichtshof?

Die Richterinnen und Richter in Luxemburg untersuchen, ob die
deutschen Vorgaben dazu, wie die Trassenpreise zu berechnen sind,
gegen die EU-Richtlinie zur Schaffung eines einheitlichen
europäischen Eisenbahnraums verstoßen. Demnach dürfen die Länder zw
ar
Rahmenregelungen für Trassenpreise festlegen. Die Geschäftsführung
von Infrastrukturbetreibern wie InfraGo muss darüber hinaus aber in
ihrer Entscheidung unabhängig bleiben.

Nachdem der EuGH seine Beurteilung abgegeben hat, geht die
Angelegenheit zurück an das nationale Gericht, das letztlich die
Entscheidung im konkreten Fall trifft. Es ist dabei an die Auslegung
des Gerichtshofs gebunden.

Was sagt das Gericht in Deutschland?

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln beeinträchtigt die
gesetzliche Berechnungsmethode für Trassenpreise im Nahverkehr den
Spielraum von InfraGo und verletzt deren Geschäftsführung in ihrer
Unabhängigkeit. 

Das Gericht sagt, dass dem Infrastrukturbetreiber nach EU-Recht eine
gewisse Flexibilität zustehe und es ihm deshalb erlaubt sein müsse,
über die Faktoren oder Parameter zu entscheiden, auf deren Grundlage
die Berechnung durchgeführt werde.

Was bedeutet die EuGH-Entscheidung für Bahnfahrende?

Wie das Verfahren ausgeht, ist offen. InfraGo geht nach eigenen
Angaben davon aus, dass der EuGH die deutschen Regelungen zur
Berechnung der Trassenpreise im Nahverkehr kippt. Die zukünftige
Schienenmaut im Regionalverkehr könnte dann höher ausfallen: Für 2026

beantragte InfraGo bei der Bundesnetzagentur eine Erhöhung um 23,5
Prozent. 

Das würde deutlich mehr Kosten für die Eisenbahnverkehrsunternehmen
der Regionen bedeuten. Der höhere Betrag könnte sich auch auf
Fahrpreise oder das regionale Verkehrsangebot auswirken.