Innenminister einigen sich zu Asylzentren und Drohnenabwehr Von Anne-Beatrice Clasmann und Helen Hoffmann, dpa
05.12.2025 15:00
Drohnen, Spionage und die EU-Asylreform - dabei ist die
Zusammenarbeit der Innenminister von Bund und Ländern notwendig. In
Bremen fassen sie 66 Beschlüsse - einstimmig.
Bremen (dpa) - Mit Beschlüssen zu Drohnenabwehr, Gewaltpornografie
und Asylzentren an internationalen Flughäfen haben die Innenminister
von Bund und Ländern ihre Herbstkonferenz in Bremen beendet.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) musste allerdings vor
der abschließenden Sitzung abreisen, um an der Abstimmung über das
Rentenpaket im Bundestag teilzunehmen.
Asyl und Migration:
Anders als bei zurückliegenden Innenministerkonferenzen (IMK) standen
Fragen zu Asylzuwanderung und Abschiebungen diesmal nicht im
Mittelpunkt. Das dürfte auch am Rückgang der Zahl der Asylanträge
liegen. In den ersten elf Monaten dieses Jahres stellten rund 106.000
Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag. Das waren 51
Prozent weniger Asylerstanträge als im Vorjahreszeitraum, was unter
anderem mit den intensivierten Grenzkontrollen zusammenhängen
dürfte.
Eine Frage, bei der es jetzt wegen Reformen auf EU-Ebene vorangehen
muss, konnte geklärt werden. Der Bund wird die Finanzierung der neuen
Asylzentren an den Außengrenzen übernehmen. Sechs Bundesländer haben
zugesagt, sich um den Aufbau entsprechender Kapazitäten zu kümmern.
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) war 2024
beschlossen worden und wird Mitte kommenden Jahres anwendbar. Die
darin vorgesehenen Regelungen zu Außengrenzverfahren betreffen
Deutschland als Staat mitten in Europa nur, was Einreisen über
Flughäfen und Seehäfen angeht.
Diese Verfahren an der Außengrenze durchlaufen Menschen, die die
Behörden etwa über ihre Identität getäuscht haben, die nationale
Sicherheit oder öffentliche Ordnung gefährden oder aus Ländern
kommen, deren Staatsbürger nur geringe Aussicht auf Flüchtlingsschutz
in der EU haben (Schutzquote von maximal 20 Prozent). Wird kein
Schutzstatus zuerkannt, ist das Ziel eine Rückführung direkt aus dem
Außengrenzzentrum.
Dass in Hessen ein größerer Anteil der insgesamt 340 Plätze
geschaffen werden soll, hängt mit dem Flughafen zusammen, wo der
Flughafen mit dem größten Passagieraufkommen liegt. Hessens
Innenminister, Roman Poseck (CDU), sagt, er verspreche sich von der
Reform «eine bessere Kontrolle über das Migrationsgeschehen».
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) betont, die Menschen in
Deutschland erwarteten zu Recht, dass die verschiedenen staatlichen
Ebenen bei der Steuerung und Begrenzung von Migration Fortschritte
machten und sich «nicht in Kompetenzstreitigkeiten verlieren».
Umgang mit der AfD:
Die bei der Frühjahrssitzung eingerichtete Arbeitsgruppe zur Frage,
welche Folgen eine AfD-Mitgliedschaft für Beamte und Waffenbesitzer
haben sollte, hat in Bremen erste Ergebnisse vorgetragen. Praktische
Konsequenzen hat das aber erst einmal nicht. Denn bevor das Kölner
Verwaltungsgericht über die Klage der AfD gegen ihre Einstufung als
gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz entschieden
hat, will man hierzu im Kreis der Innenminister keinen Beschluss
fassen.
Die von einigen Bundestagsabgeordneten wiederholt geäußerte Forderung
nach Vorbereitungen für ein mögliches AfD-Verbotsverfahren spielten
in Bremen keine Rolle. Einen Verbotsantrag können Bundesregierung,
Bundesrat oder der Bundestag stellen. Das letzte Wort hat hier das
Bundesverfassungsgericht.
Neues Drohnenabwehrzentrum:
Bei der Abwehr von Drohnen werden Bund und Länder künftig enger
zusammenarbeiten. Die Innenminister und Innenministerinnen aller
Bundesländer haben die Einrichtung eines gemeinsamen
Drohnenabwehrzentrums unter Federführung des Bundes beschlossen. Die
Einrichtung soll ihren Sitz in Berlin haben und an die
Bundespolizeidirektion 11 angebunden sein. Der Plan besteht schon
länger, nun gibt es einen Beschluss.
Das Zentrum soll am 17. Dezember eröffnet werden. Alle
Sicherheitsbehörden sollen gemeinsam am Tisch sitzen, auch die
Bundeswehr und die Nachrichtendienste, wie Bayerns Innenminister
Joachim Herrmann (CSU) zum Abschluss der Innenministerkonferenz
berichtete. «Es wird dort auch einen Stuhl für die Länder geben»,
sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD). Man müsse Stück für
Stück zu einem Echtzeit-Lagebild kommen.
Bei der Drohnenabwehr stehen vor allem Flughäfen,
Bundeswehr-Standorte und Energieversorger im Fokus. Nach Angaben der
Bundesregierung haben Drohnensichtungen an wichtigen Einrichtungen in
Deutschland seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine
zugenommen.
Einsatz von KI durch die Polizei:
Hessen und Sachsen-Anhalt haben in Bremen für den Einsatz
KI-gestützter Videoschutzsysteme durch die Polizei und
Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder geworben. Dabei geht es
um Fahndung und Gefahrenabwehr. «Künstliche Intelligenz kann als
zusätzliches Erkenntnismittel die Reaktionsgeschwindigkeit der
Polizei deutlich erhöhen», sagt Sachsen-Anhalts Innenministerin,
Tamara Zieschang (CDU).
Gewaltpornografie:
Die Innenminister haben sich nach Angaben von Grote dafür
ausgesprochen, dass künftig nicht nur die Herstellung, sondern auch
der Besitz und Konsum gewaltpornografischer Inhalte unter Strafe
gestellt werden sollte, sofern diese offensichtlich ohne oder gegen
den Willen des erwachsenen Opfers entstanden sind. «Die Betäubung,
Vergewaltigung und Zurschaustellung von Frauen im Internet haben eine
erschreckende Dimension erreicht», sagt der Hamburger Senator.
Handel mit Cannabis:
Das noch von der Ampel-Regierung beschlossene Gesetz zur
Teil-Legalisierung von Cannabis hat sich aus Sicht der Innenminister
nicht bewährt, was Ermittlungen zum nach wie vor verbotenen
gewerbsmäßigen Handel mit der Droge angeht. Durch die
Gesetzesänderung könnten in solchen Fällen nicht mehr die gleichen
Ermittlungsmethoden angewandt werden wie zuvor. Das müsse sich
ändern, sagt Grote.
Gewalt bei Fußballspielen:
Die Innenminister der Länder wollen strikter gegen Gewalt in
Fußballstadien vorgehen. Im Dialog mit dem Deutschen Fußball-Bund
(DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) setzen sie auf die
bundesweit einheitliche Umsetzung von Stadionverboten nach klaren
Standards. Präventionsarbeit soll gestärkt werden. «Wir haben uns auf
einen klaren Kurs verständigt: Dialog statt Konfrontation», sagte der
IMK-Vorsitzende Mäurer.
