Diese Hürden muss Merz bis Weihnachten noch überwinden Von den dpa-Korrespondentinnen und -Korrespondenten
06.12.2025 08:30
Die wochenlange Zitterpartie bei der Rente ist vorbei. Der Kanzler
kann nun zwar aufatmen, aber nur kurz. Es warten weitere Probleme auf
ihn, die bis Weihnachten abgeräumt werden sollen.
Berlin (dpa) - Das Renten-Drama hat Bundeskanzler Friedrich Merz
überstanden. Auf ein geruhsames Weihnachtsfest kann er sich aber noch
lange nicht freuen. In den nächsten beiden Wochen hat er noch einiges
zu regeln.
Krankenkassenbeiträge
Merz hat in Aussicht gestellt, dass die Krankenkassenbeiträge für
Millionen Versicherte zum 1. Januar 2026 nicht schon wieder steigen.
Den Druck dafür mindern soll ein Spargesetz mit Ausgabenbremsen vor
allem bei den Kliniken, doch es steckt fest. Der Bundesrat schickte
das vom Bundestag beschlossene Gesetz in den Vermittlungsausschuss -
doch die Zeit für Kompromisse ist knapp. Gesundheitsministerin Nina
Warken (CDU) mahnte schon, die Verzögerungen führten möglicherweise
zu höheren Zusatzbeiträgen im kommenden Jahr. Von Kassenvertretern
kommen ohnehin Warnungen vor Anhebungen 2026 auch mit Spargesetz, da
viele Kassen ihre Reserven auf Mindestwerte auffüllen müssen.
Heizungsgesetz
Es ist keine Reform, die sehr dringend ist - doch die Koalition kommt
bei dem von der Ampel-Regierung geerbten Heizungsgesetz zunehmend
unter Druck, denn Branchenverbände wollen Planungssicherheit und
warnen vor Unsicherheiten für Verbraucher. Beim Koalitionsausschuss
am Mittwoch soll das Heizungsgesetz erneut auf der Tagesordnung
stehen. Im Koalitionsvertrag wurde ein grundlegender Kurswechsel
angekündigt - aber wie hart soll der Schnitt werden? Differenzen
scheint es in der Bundesregierung vor allem bei der zentralen Vorgabe
zu geben, dass neue Heizungen nur eingebaut werden dürfen, wenn sie
zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden
sowie bei den Übergangsfristen für Gasheizungen.
Sparpaket für 2027
Zwar nicht bis Weihnachten, aber «um den Jahreswechsel» wollen Merz,
SPD-Chef und Finanzminister Lars Klingbeil sowie CSU-Chef Markus
Söder eine Lösung für die Milliardenlücke in den Haushaltsplänen
vorlegen. Zwar dürfte das Loch für 2027 inzwischen auf unter 20
Milliarden geschrumpft sein, doch das für die Folgejahre ist enorm.
Gefragt ist ein Sparpaket, möglicherweise werden Förderprogramme und
Subventionen gestrichen, Steuern erhöht. Das klingt nach
Nachtsitzungen und heftigem Zoff - daher wird es Ergebnisse wohl
frühestens im Februar/März geben.
Rente und kein Ende
Auch nach der Verabschiedung ihres Rentenpakets im Bundestag stehen
Union und SPD bei der Rente heikle Debatten mit Sprengpotenzial
bevor. Zunächst soll noch vor Weihnachten geklärt werden, wer genau
in der Rentenkommission sitzt, die Vorschläge für eine Großreform der
Alterssicherung ausbrüten soll. Schon in der Besetzung liegt
möglicher Konfliktstoff, sollen doch die streitanfälligen
Koalitionsparteien dort repräsentiert sein - wohl inklusive der
Unionsjungen, die ihren Frust über die zuständige Arbeitsministerin
Bärbel Bas (SPD) nicht mehr verbergen können. In der Kabinettssitzung
am 17. Dezember könnte die Kommission eingesetzt werden.
Bürgergeld
Eifrig gesprochen wird hinter den Kulissen derzeit auch noch über ein
anderes, als große Reform angekündigtes Gesetzesvorhaben: die Reform
oder - geht es nach der Union - Abschaffung des Bürgergelds. Die
geplante neue Grundsicherung soll unter anderem durch schärfere
Sanktionen Beziehende der staatlichen Leistung zum Handeln, zum
Arbeiten, zur Befolgung der Regeln drängen. Noch gibt es zwei
reguläre Sitzungen des Bundeskabinetts, bei denen vor Weihnachten der
Reformentwurf von Bas auf den weiteren Weg ins parlamentarische
Verfahren gegeben werden könnte. Das ist geplant. Sicher scheint es
noch nicht, dass es dieses Jahr klappt.
Eingefrorenes russisches Vermögen
Auch in der Außenpolitik gibt es noch größere Baustellen für den
Kanzler. Am 18. Dezember will er beim EU-Gipfel in Brüssel eine
Einigung über die Verwendung des in der EU eingefrorenen russischen
Vermögens für die Unterstützung der Ukraine erzielen. Belgien, wo mit
etwa 185 Milliarden Euro ein Großteil der Vermögenswerte vom
Brüsseler Finanzinstitut Euroclear verwaltet werden, wehrt sich gegen
die Pläne wegen finanzieller Risiken. Ein Treffen des Kanzlers mit
dem belgischen Ministerpräsidenten Bart De Wever und
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitagabend
brachte noch keinen Durchbruch.
Europas größtes Rüstungsprojekt
Noch in diesem Jahr soll auch eine Entscheidung über Europas größtes
Rüstungsprojekt fallen, das unter vier Buchstaben bekannt ist: FCAS.
Sie stehen für «Future Combat Air System». Das Luftkampfsystem soll
von 2040 an einsatzfähig sein und den Kampfjet Eurofighter ablösen.
Es ist vor allem ein Projekt von Deutschland und Frankreich, aber
auch Spanien ist beteiligt. Es gibt aber seit Monaten massiven Ärger,
vor allem weil das französische Unternehmen Dassault eine stärkere
Rolle beansprucht, als es die Partner vertragen können. Ein Scheitern
würde nicht nur den deutsch-französischen Beziehungen massiv schaden,
sondern auch der Idee, bei der Verteidigung des europäischen
Nato-Gebiets stärker an einem Strang zu ziehen.
