US-Sicherheitsstrategie schreckt Deutschland auf
08.12.2025 15:52
Neue Leitlinien der US-Regierung lösen in Deutschland Sorgen aus -
bei Opposition und Regierung. Was sollen die Konsequenzen aus den
europakritischen Tönen aus Washington sein?
Berlin (dpa) - Die neue US-Sicherheitsstrategie mit scharfer Kritik
an Europa hat in Deutschland bis hin zur Regierungsspitze besorgte,
aber auch selbstbewusste Reaktionen hervorgerufen. Nach Einschätzung
von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist das US-Konzept teils auf
Ideologie zurückzuführen, wie ein Regierungssprecher sagte.
Grundsätzlich teile die Bundesregierung die Analyse in vielen
Punkten, sagte Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin. Er
begründete dies mit dem «Grundgedanken, dass wir unsere Sicherheit
breit denken müssen». Europa und die USA seien zudem historisch,
wirtschaftlich sowie kulturell verbunden und blieben Partner.
Die Bundesregierung weise aber die von der Regierung unter
US-Präsident Donald Trump hervorgebrachten kritischen Töne gegenüber
der EU zurück, so Hille. Die Anwürfe würden mehr als Ideologie denn
als Strategie gesehen.
Kontroverse um Russland
Deutschland teile nicht die Ansicht, dass Russland nicht mehr als
Bedrohung gesehen werde, sagte Hille ausdrücklich auch im Namen von
Kanzler Merz. Vielmehr bleibe es die übereinstimmende Einschätzung
Deutschlands und seiner europäischen Partner, dass «Russland die
größte Bedrohung von Stabilität, von Frieden und Freiheit in Europa
ist».
In ihrer neuen Sicherheitsstrategie beklagen die USA unter anderem
einen Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa. Über
Migration heißt es, der angebliche wirtschaftliche Niedergang Europas
werde von der Gefahr einer «zivilisatorischen Auslöschung»
überlagert. Europäischen Politikern wirft die Trump-Regierung
«unrealistische Erwartungen» und eine politische Blockadehaltung im
Ringen um Frieden mit Moskau vor. Das erschwere die Wiederherstellung
von Stabilität auf dem Kontinent - einschließlich einer neuen
«strategischen Stabilität mit Russland».
Wadephul verwahrt sich gegen US-Rat
Aus Deutschland und anderen europäischen Staaten war bereits scharfe
Kritik gekommen. Außenminister Johann Wadephul sagte zu den
kritischen Äußerungen zur Meinungsfreiheit, er glaube «nicht, dass
irgendjemand uns dazu Ratschläge geben muss». Der CDU-Außenpolitiker
Norbert Röttgen warf Trump vor, mit seiner neuen Sicherheitsstrategie
die Existenz der EU zu bedrohen. «Erstmals seit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs stehen die USA nicht mehr an der Seite der Europäer»,
sagte der Unionsfraktionsvize dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner setzt daher auf eine
verstärkte sicherheitspolitische Zusammenarbeit in der EU: «Jeder,
der jetzt immer noch auf rein nationale statt europäische Sicherheit
setzt, gefährdet unser aller Freiheit und Sicherheit in Europa»,
sagte sie der Funke-Mediengruppe.
Die Chefin der Linken, Ines Schwerdtner, sagte in Berlin, man müsse
die Realität anerkennen, dass sich die USA offensichtlich mit
Wladimir Putins Russland und autoritären Staaten verbrüderten. Sie
forderte eine Stärkung der europäischen Souveränität. «Dass bedeu
tet,
dass die deutsche Bundesregierung wirklich auch den Bruch mit den
Trumpisten wagen muss.»
