Experte: Asylverfahren in Drittstaaten wären großer Fortschritt

10.12.2025 00:05

Die EU-Innenminister haben sich auf die prinzipielle Möglichkeit
verständigt, Asylverfahren in Nicht-EU-Länder auszulagern. Was hält
der Migrationsforscher Knaus davon?

Berlin (dpa) - Der Migrationsforscher Gerald Knaus hat die geplante
Auslagerung von EU-Asylverfahren in Drittstaaten verteidigt. «Das ist
die einzige Möglichkeit, human irreguläre Migration in der nahen
Zukunft drastisch zu reduzieren», sagte der österreichische
Vorsitzende der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative (ESI) im
«Stern»-Podcast «5-Minuten-Talk».

Das sei dann ein großer Fortschritt. «Es ist unendlich viel humaner,
jemanden in einen sicheren Drittstaat zu schicken, als zuzusehen, wie
jedes Jahr Tausende im Mittelmeer ertrinken.»

Dem Vorschlag der EU-Innenminister nach könnte es künftig reichen,
wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat
besteht. Schutzsuchende könnten dann auch in Länder abgeschoben
werden, in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre,
kulturelle oder sonstige Bindung haben. Ausgenommen davon sind
unbegleitete Minderjährige. Es bedarf dafür aber noch einer Billigung

des EU-Parlaments und weiterer Verhandlungen.

Knaus gilt als einer der Architekten des Flüchtlingsabkommens von
2016 mit der Türkei, das nach der Flüchtlingswelle die irregulären
Einreisen in die EU zurückgehen ließ.

Er dämpfte allerdings die Erwartungen an den neuen Mechanismus zur
EU-weiten Verteilung von Geflüchteten. «Es gibt nichts in dieser
Reform, was andeutet, dass es diesmal mit dem Verteilen von
Asylsuchenden besser laufen sollte als in der Vergangenheit»,
erklärte Knaus. So habe Italien im vergangenen Jahr trotz Tausender
Anträge nur 60 Personen nach den sogenannten Dublin-Regeln
zurückgenommen. «Ich wäre sehr überrascht, wenn Italien die Politik

der Regierungen der letzten 15 Jahren auf einmal umdrehen würde,
gerade unter (der rechtsgerichteten Ministerpräsidentin) Giorgia
Meloni.»