Georgien wegen Polizeigewalt bei Protest verurteilt
11.12.2025 13:45
Nach dem harten Polizeieinsatz bei einer regierungskritischen Demo
muss Georgien Entschädigungen zahlen. Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte bemängelt das Vorgehen der Behörden.
Straßburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) hat Georgien wegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang
mit einem Protest in Tiflis verurteilt. Das Land muss Betroffenen
Entschädigungen im sechsstelligen Bereich zahlen. 14 Reporter, die
über die regierungskritische Demonstration berichteten, und 11
Teilnehmer hatten wegen des Vorgehens der georgischen Polizei bis zum
Gerichtshof in Straßburg geklagt. Die meisten von ihnen erlitten
Verletzungen durch den Einsatz von Gummigeschossen, wie der
Gerichtshof mitteilte. Andere sollen von Polizisten getreten oder
geschlagen worden sein.
Bei der Protestveranstaltung mit etwa 12.000 Teilnehmenden im Juni
2019 wurden mehr als 200 Menschen verletzt, auch aufseiten von
Polizei und Medien. Auslöser für die Unruhen war der Besuch einer
russischen Delegation bei einer Tagung im Parlament. Ein
Duma-Abgeordneter hielt eine Rede vom Platz des Parlamentspräsidenten
aus. Das sahen viele als Affront. Die Opposition rief auch aus Sorge,
Moskau könnte mehr Einfluss in Georgien nehmen, zum Protest auf.
Die Richterinnen und Richter der Großen Kammer in Straßburg teilten
mit: «Es wurde ungerechtfertigt Gewalt angewendet, wodurch die
Antragsteller und andere Personen körperliche Verletzungen erlitten.»
Die Journalisten seien in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung
verletzt worden, die Demonstranten in ihrer Versammlungsfreiheit.
Obwohl es möglicherweise grundsätzlich rechtens gewesen sei, den
Protest vor dem Parlamentsgebäude aufzulösen, sei die Art und Weise
nicht gerechtfertigt gewesen.
EGMR: Untersuchungen sind nicht wirksam genug
Darüber hinaus stellten die Richterinnen und Richter fest, dass die
georgischen Behörden die Vorfälle nicht schnell und gründlich genug
aufklärten. Selbst nach fünfeinhalb Jahren sei etwa noch nicht die
Identität der Staatsbediensteten festgestellt, die für die
Gewalteinsätze verantwortlich seien.
Der EGMR verurteilte Georgien, zwei der Betroffenen jeweils 75.000
Euro und zwei weiteren jeweils 85.000 Euro als Ersatz für finanzielle
Schäden zu zahlen. Alle Beschwerdeführer sollen verschiedene Beträge
für immaterielle Schäden bekommen. Einem Großteil von ihnen soll
Georgien außerdem Kosten und Auslagen von insgesamt gut 38.000 Euro
zahlen.
