EU-Einigung: Russisches Geld soll dauerhaft festgesetzt sein Von Ansgar Haase, dpa

11.12.2025 20:14

Die EU-Kommission will festgesetztes russisches Vermögen für die
Ukraine nutzen. Mitgliedstaaten gehen nun einen ersten wichtigen
Schritt. Ein Land erwägt allerdings rechtliche Schritte.

Brüssel (dpa) - Deutschland und andere EU-Staaten haben sich darauf
verständigt, per Mehrheitsentscheidung eine rechtliche Grundlage zur
Nutzung von russischem Staatsvermögen für die Ukraine zu schaffen.
Demnach soll in einem ersten Schritt beschlossen werden, eine
Rückübertragung von in der EU festgesetzten Mitteln nach Russland
unbefristet zu verbieten, wie die dänische EU-Ratspräsidentschaft
mitteilte.

Konkret geht es dabei vor allem darum, zu verhindern, dass ein Land
wie Ungarn mit einem Veto gegen EU-Sanktionsbeschlüsse die Freigabe
der eingefrorenen Mittel veranlassen kann. Derzeit sind die
russischen Zentralbankgelder über EU-Sanktionsbeschlüsse eingefroren,
die alle sechs Monate einstimmig verlängert werden müssen.

Diese Regelung gilt als Hindernis für den Plan, die Mittel für
langfristige Kredite an die Ukraine zu nutzen und nur dann eine
Rückzahlung an Russland zu ermöglichen, wenn das Land nach einem Ende
seines Angriffskriegs gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet.

Um das russische Geld unbefristet festzusetzen, berufen sich
Deutschland und die anderen EU-Staaten nun auf Artikel 122 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. In ihm ist
festgelegt, dass bei gravierenden Wirtschaftsschwierigkeiten mit
sogenannter qualifizierter Mehrheit angemessene Maßnahmen beschlossen
werden können. 

EU-Staaten berufen sich auf Schwierigkeiten durch Krieg 

Dazu heißt es jetzt unter anderem, Russlands Krieg gegen die Ukraine
sorge weiter für schwere wirtschaftliche Herausforderungen. Die
Übertragung von Mitteln nach Russland müsse mit höchster
Dringlichkeit verhindert werden, um Schaden für die Wirtschaft der
Union zu begrenzen. Die Verordnung soll formell in einem
schriftlichen Verfahren angenommen werden, das an diesem Freitag um
17.00 Uhr endet.

Spätestens beim EU-Gipfel in der kommenden Woche hoffen Bundeskanzler
Friedrich Merz und andere Befürworter des Plans, auch den belgischen
Regierungschef Bart De Wever zu einer Zustimmung zur Nutzung der
russischen Gelder bewegen zu können. Ohne Belgien gilt die Umsetzung
als äußerst schwierig, weil der mit Abstand größte Teil der
russischen Mittel, die für die Ukraine genutzt werden sollen, von dem
belgischen Unternehmen Euroclear verwaltet wird. Dabei geht es um
etwa 185 der insgesamt 210 Milliarden Euro in der EU.

Belgische Regierung blockiert

Die belgische Regierung blockiert den Plan bislang mit Verweis auf
rechtliche und finanzielle Risiken. So sieht sie unter anderem die
Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und
Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt.

Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch
mitmacht, hatte De Wever zuletzt drei Bedingungen genannt. Demnach
muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen
Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans
ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen
finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Zudem forderte er einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für
alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine
Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch
Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefrorenen wurden. Dazu
zählen neben Deutschland nach Angaben der EU-Kommission Frankreich,
Schweden und Zypern.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Abend bei
einer Veranstaltung des Politiknachrichten-Portals «Politico» in
Brüssel: «Die nächsten Tage werden zeigen, ob wir zu einer
endgültigen Einigung gelangen.» Man verstehe die Bedenken Belgiens
und arbeite intensiv an einer Lösung.

Ungarn erwägt Gang zum EuGH 

Kategorisch abgelehnt wird das Vorgehen insbesondere von Ungarn. Die
Regierung teilte zu der Entscheidung vom Donnerstag mit, sie sei
«zutiefst besorgt über die jüngste Tendenz, einstimmige
Entscheidungsverfahren im Bereich der gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik zu umgehen». Aus ungarischer Sicht sei Artikel 122
keine korrekte Rechtsgrundlage für die geplanten Maßnahmen und man
behalte sich das Recht vor, eine Überprüfung vor dem Gerichtshof der
Europäischen Union einzuleiten.