Russische Zentralbank verklagt Euroclear in Moskau

12.12.2025 13:12

Die EU will eingefrorenes russisches Vermögen für die Ukraine nutzen.
Moskau reagiert nach einem Beschluss in Brüssel umgehend. Es geht um
europäisches Kapital in Russland.

Moskau (dpa) - Nach der Einigung der EU-Länder über Schritte zur
dauerhaften Festsetzung russischen Vermögens in Europa hat die
Zentralbank in Moskau die belgische Firma Euroclear verklagt, die den
Großteil des Geldes verwaltet. Die Klage hänge mit den illegalen und
verlustbringenden Handlungen des Depotverwalters Euroclear, aber auch
mit den nun offiziell von der EU-Kommission erwogenen Mechanismen zur
Nutzung russischen Vermögens zusammen, teilte die Zentralbank auf
ihrer Webseite mit. Das Verfahren soll vor einem Moskauer
Schiedsgericht laufen.

Das Vorgehen wird von Experten als erster Schritt Russlands gesehen,
um Gegenmaßnahmen gegen noch vorhandenes europäisches Kapital im
eigenen Land zu ergreifen. Die genaue Höhe der Forderungen bezifferte
die russische Zentralbank nicht. Ihren Angaben zufolge setzt sich der
Schaden aus dem Wert der eingefrorenen Mittel und Aktien sowie des
entgangenen Gewinns zusammen.

Deutschland und andere EU-Staaten hatten sich am Donnerstag darauf
verständigt, per Mehrheitsentscheidung eine rechtliche Grundlage zur
Nutzung von russischem Staatsvermögen für die Ukraine zu schaffen.
Demnach soll in einem ersten Schritt beschlossen werden, eine
Rückübertragung von in der EU festgesetzten Mitteln nach Russland
unbefristet zu verbieten, wie die dänische EU-Ratspräsidentschaft
mitteilte.

210 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten in der EU

Euroclear ist ein Anbieter von Finanzdienstleistungen mit Sitz in
Brüssel. Auf den Euroclear-Depots sind etwa 185 der insgesamt 210
Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten in der EU gelagert.
Russland hat wegen des 2022 von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen
Angriffskriegs auf die Ukraine keinen Zugriff auf die Mittel.

Der Chef des Finanzausschusses im russischen Parlament, Anatoli
Aksakow, sagte voraus, dass die Zentralbank den Prozess gewinnen
werde. Dmitri Grigorijani vom russischen Stolypin-Wirtschaftsinstitut
fügte hinzu: «Vor Gericht zu gewinnen, ist aber nur die halbe Miete,
man muss das Geld auch bekommen.» 

Grigorijanis Angaben nach gibt es Euroclear-Vermögen in Russland. Das
Geld liege jedoch vor allem auf gesperrten Konten. Über die Höhe
machte er keine Angaben, Medienberichten zufolge sind es knapp 16
Milliarden Euro.

In Russland ist weiterhin europäisches Kapital aktiv, allein aus
Deutschland soll es ein dreistelliger Milliardenbetrag sein. Moskau
hat nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine mit scharfen
Kontrollmaßnahmen den Abfluss westlicher Investitionen eingeschränkt.
So konnten Unternehmer aus dem sogenannten «unfreundlichen Ausland»
ihre Betriebe nur zu Preisen weit unter Marktwert verkaufen.

Orban springt Moskau zur Seite 

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der ein besonderes
Näheverhältnis zum Kreml pflegt, kritisierte indes mit scharfen
Worten das Vorhaben der EU, russische Gelder in Europa dauerhaft
festzusetzen. «Mit der heutigen Entscheidung endet in der
Europäischen Union die Rechtsstaatlichkeit», schrieb der
Rechtspopulist am Morgen auf seiner Facebook-Seite. «Am heutigen Tag
überschreiten die Brüsseler den Rubikon», fügte er hinzu. 

Die diesbezügliche EU-Verordnung soll formell in einem schriftlichen
Verfahren angenommen werden, das an diesem Freitag um 17.00 Uhr
endet. Für die Annahme reicht eine qualifizierte Mehrheit. Anders als
bei den bisherigen Sanktionsbeschlüssen haben dabei einzelne
Mitgliedsländer wie Ungarn kein Vetorecht. «Damit tritt in der EU an
die Stelle der Herrschaft des Rechts die Herrschaft der Bürokraten,
das heißt, die Brüsseler Diktatur ist errichtet», schrieb Orban in
seinem Facebook-Posting.