Verbrenner-Aus: Stand der Dinge und worum es geht Von Marek Majewsky und Niklas Treppner, dpa

12.12.2025 14:37

Von 2035 an könnten weiterhin Verbrenner zugelassen werden - aber nur
unter bestimmten Bedingungen. Aus der EU-Kommission sickern Details
zu einem geplanten Vorschlag durch.

Brüssel (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßt den geplanten
Kurswechsel der EU-Kommission beim Verbrenner-Aus. Er sagte in
Heidelberg: «Wir stellen die Ziele nicht infrage, aber wir müssen
einen anderen Weg gehen hin zum Ziel.» Diesen werde die Kommission
nach Einschätzung der Bundesregierung in der nächsten Woche wohl
gehen, nach allem, was man bisher höre, so Merz. Die Kommission werde
die Unterstützung der Bundesregierung haben.

Was genau die Kommission am kommenden Dienstag vorstellen wird, ist
noch nicht offiziell bestätigt. Die wichtigsten Fragen und Antworten
im Überblick: 

Welche Vorschläge wird die Kommission präsentieren? 

Das steht noch nicht abschließend fest. Der Deutschen Presse-Agentur
wurde aus Kommissionskreisen bestätigt, dass eine Abschwächung der
CO2-Vorgaben für Neuwagen auf dem Weg ist. Das würde bedeuten, dass
die Behörde unter Leitung von Ursula von der Leyen vorschlagen würde,
dass auch nach 2035 Neuwagen mit Verbrennertechnologie zugelassen
werden dürfen.

Die Kommission guckt aber auch auf die Rolle von umweltfreundlicheren
Kraftstoffen wie Biokraftstoffen, die Rolle von Firmenwagen sowie
mögliche Vorgaben für Produktionsanteile in der EU. Zudem soll eine
Batteriestrategie vorgestellt werden. Inwiefern Ausnahmen auch für
klassische Diesel- und Benzinfahrzeuge gelten oder nur für
Plug-in-Hybride und E-Autos mit sogenannten Range-Extendern, bei
denen kleine Verbrennungsmotoren die Reichweite erhöhen, ist noch
nicht klar.

Wie geht es weiter? 

Die Kommission hat angekündigt, ihre konkreten Vorschläge am Dienstag
kommender Woche zu präsentieren. Bis dahin sollen sie vom Kollegium
der Kommissarinnen und Kommissare geeint werden, Änderungen sind also
noch möglich. Danach haben dann das Europaparlament und die
EU-Staaten die Möglichkeit, das Vorhaben abzuschwächen oder zu
verschärfen. Am Ende braucht es eine ausreichende Mehrheit in beiden
Institutionen. 

Was landete in von der Leyens Postfach? 

Die Meinung zahlreicher EU-Regierungschefs. Bundeskanzler Friedrich
Merz (CDU) sprach sich etwa im November in einem Brief dafür aus, die
Regulierung zum Verbrenner-Aus zu korrigieren. Nach 2035 sollten
neben rein batterieelektrischen Fahrzeugen weiterhin Fahrzeuge mit
doppeltem Antrieb - also Batterie und Verbrenner - zugelassen werden.
Zuvor hatte sich die schwarz-rote Koalition darauf verständigt, sich
auf EU-Ebene auch für die Zulassung «hocheffizienter Verbrenner»
einzusetzen.

Ende vergangener Woche bekräftigten auch weitere sechs europäische
Regierungschefs in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula
von der Leyen, das Aus für Verbrennermotoren dürfe nicht wie geplant
kommen. Man müsse abkehren von dem «ideologischen Dogmatismus, der
ganze Produktionszweige in die Knie gezwungen habe» und neutral
gegenüber verschiedenen Technologien sein. Das Schreiben wurde unter
anderem von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Ungarns
Ministerpräsident Viktor Orban sowie Polens Regierungschef Donald
Tusk unterzeichnet. 

Auch Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez schrieb an von der
Leyen. Anders als seine Amtskollegen setzte er sich jedoch dafür ein,
am Aus für Verbrennermotoren ab 2035 festzuhalten. Lockerungen der
Zielvorgaben könnten laut Sánchez die Wettbewerbsfähigkeit und damit

Arbeitsplätze in Europa gefährden. «Wir lehnen es daher ab, dass
Verbrennungsfahrzeuge oder andere Technologien ohne nachgewiesene
Rentabilität über das Jahr 2035 hinaus weiter vermarktet werden
dürfen», schreibt der spanische Politiker. 

Spaniens Stimme hat unter den EU-Staaten hohes Gewicht, da das Land -
hinter Deutschland, Frankreich und Italien - die vierthöchste
Bevölkerungszahl hat. Frankreich hatte Anfang der Woche ebenfalls ein
Schreiben an die Kommission geschickt. Die Regierung bekräftigt
darin, dass sie offen für Anpassungen sei. «Wir unterstützen die
Einführung gezielter Flexibilität, insbesondere im Bereich der
Technologieneutralität, sofern diese mit klaren regulatorischen
Anreizen für eine industriefreundliche Produktion in Europa
einhergehen und davon abhängig gemacht werden.»

Warum sind Forscher skeptisch und Umweltschützer empört?

Unter Wissenschaftlern löst ein mögliches Aufweichen der Vorgaben für

die Autoindustrie oft Stirnrunzeln aus. Branchenexperte Ferdinand
Dudenhöffer vom Center Automotive Research in Bochum prognostizierte,
dass die europäische Autoindustrie im Wettbewerb mit China eher Zeit
verliere als gewinne. «Es scheint also eher ein «fauler» Kompromiss
zu sein», kommentierte Dudenhöffer. Auch andere Forscher und
Ingenieure gehen nicht davon aus, dass Änderungen der Vorgaben für
die Autoindustrie mehr als eine kurzfristige Lösung seien.

Achim Kampker, Ingenieur und Professor an der Rheinisch-Westfälischen
Technischen Hochschule Aachen (RWTH), hält eine Aufweichung der Ziele
dagegen für sinnvoll, um die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu
erhalten. Parallel dazu müssten aber die Rahmenbedingungen für die
Batterie- und Wasserstofftechnologie in Deutschland verbessert
werden, sagte Kampker dem Science Media Center. 

Die Grünen reagierten entsetzt. «Auf Drängen der Bundesregierung will

die EU nun das Verbrenner-Aus 2035 kippen - CDU und SPD sind damit
verantwortlich für eine der klimaschädlichsten und gleichzeitig
wirtschaftsfeindlichsten Entscheidungen seit Jahren», sagte die
Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, der
Deutschen Presse-Agentur.

Auch Umweltschützer zeigten sich empört. Pauline Schur vom
Naturschutzbund (NABU) teilte mit, die «Rolle rückwärts» sei ein
«alarmierendes Signal» für die Klimapolitik und den Industriestandort

Europa. Greenpeace Deutschland kritisierte, die EU-Kommission werde
zum «Totengräber» der Autoindustrie und des europäischen
Klimaschutzes. «Die Chance auf den Weltmärkten für Elektrofahrzeuge
wird damit verbaut», sagte der deutsche Greenpeace-Chef Martin
Kaiser. Das sei erschreckend kurzsichtig.