Wegen Ukraine: Ungarn blockiert Erklärung zu EU-Erweiterung
16.12.2025 18:54
Wer macht Fortschritte, wo gibt es Rückschritte? Eigentlich
positionieren sich die EU-Staaten jährlich zu Ländern, die Mitglied
in ihrem Club werden wollen. Hat ein Veto diesmal weitreichende
Folgen?
Brüssel (dpa) - Ungarn hat mit seiner Ablehnung von
EU-Beitrittsgesprächen mit der Ukraine die jährliche Positionierung
der Europäischen Union zum Erweiterungsprozess verhindert. Wie die
derzeitige dänische EU-Ratspräsidentschaft nach einem Ministertreffen
in Brüssel mitteilte, wies die Regierung in Budapest alle Versuche
zurück, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der geplante Text
werde nun mit Unterstützung der anderen Mitgliedstaaten in eine
Erklärung des EU-Ratsvorsitzes umgewandelt, erklärte die dänische
Europaministerin Marie Bjerre in einer Pressekonferenz. In dem Text
geht es auch um die sechs Partner im Westbalkan sowie die Türkei, die
Republik Moldau und Georgien.
Nach Angaben der Ministerin wiesen mehrere Mitgliedstaaten bei dem
Treffen darauf hin, dass die ungarische Blockade ein falsches Signal
an die EU-Kandidatenländer sende. Man wolle, dass diese sich für die
EU entschieden und nicht für Russland, sagte Bjerre. Der deutsche
Europa-Staatsminister Gunther Krichbaum (CDU) kritisierte das
ungarische Verhalten als «zunehmend destruktiv» und warf der
Regierung in Budapest vor, die EU auszubremsen.
Für die Ukraine bedeutet das Veto Ungarns, dass sie weiter nicht auf
formelle Verhandlungenrunden über den anvisierten EU-Beitritt hoffen
kann. Die dänische Ministerin Bjerre betonte allerdings, dass der
Aufnahmeprozess dennoch vorankomme, weil informell bereits gearbeitet
werde.
«Das bedeutet, dass der Ukraine konkrete Vorgaben gemacht werden, wie
sie Reformen umzusetzen hat, was sie liefern soll und welche
Ergebnisse die meisten Mitgliedstaaten von dem Land erwarten», sagte
die Dänin. Demnach könnte das Land dann sehr schnell Fortschritte
machen, wenn Ungarn sein Veto irgendwann einmal aufgeben sollte.
In Ungarn wird gewählt
Die aktuelle ungarische Regierung begründet ihre Ablehnung eines
ukrainischen EU-Beitritts unter anderem mit dem großen Finanzbedarf
des Landes und dem Vorwurf, dass eine ungarische Minderheit in der
Ukraine benachteiligt werde. Im laufenden Wahlkampf in seinem Land
warnte Orban zudem, ein EU-Beitritt könne die ungarische Wirtschaft
zerstören. Mit einer Aufgabe der Blockade wird deswegen frühestens
nach den Wahlen in Ungarn im nächsten Frühjahr gerechnet.
Neben dem Text zur Ukraine hätte die EU-Erklärung zum
Erweiterungsprozess eigentlich auch eine Positionierung zu Fort- und
Rückschritten der sechs Partner im Westbalkan sowie der Türkei, der
Republik Moldau und Georgiens enthalten sollen. Am weitesten im
EU-Aufnahmeprozess ist nach der jüngsten Analyse der EU-Kommission
Montenegro. Dem Land wird bescheinigt, die Beitrittsverhandlungen bis
Ende 2026 abschließen zu können, wenn es das Reformtempo beibehält.
Für Albanien wird ein Abschluss der Beitrittsverhandlungen bis Ende
2027 für möglich gehalten.
