Fall in Italien: Komplett-Leistungsentzug für Asylbewerber unzulässig

18.12.2025 12:41

Ein Tunesier und sein Kind sollten nach dem Willen der italienischen
Behörden alle Leistungen verlieren - wegen einer Umzugsverweigerung.
Der EuGH hält dieses Vorgehen für nicht verhältnismäßig.

Luxemburg/Mailand (dpa) - Italien darf einem Asylbewerber nicht
sämtliche Leistungen wie Unterkunft, Essen und finanzielle
Unterstützung entziehen, nur weil er sich einer Verlegung in ein
anderes Aufnahmezentrum widersetzt. Das hat der Europäische
Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus Mailand entschieden. Auslöser
war das Vorgehen der italienischen Behörden gegen einen sich dort
aufhaltenden tunesischen Asylbewerber und seinen minderjährigen Sohn.

Dem Mann waren alle materiellen Aufnahmeleistungen - darunter
Unterkunft, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung -
gestrichen worden, nachdem er sich geweigert hatte, eine zugewiesene
Unterkunft zu räumen und in ein anderes Zentrum umzuziehen. Zudem
wurde ihm vorgeworfen, den Betrieb und die Sicherheit der ersten
Einrichtung beeinträchtigt zu haben.

Verhältnismäßige Sanktionen sind jedoch möglich 

Ein italienisches Gericht äußerte an dem Vorgehen Zweifel und legte
den Fall den Luxemburger Richtern vor, weil es einen solchen
kompletten Leistungsentzug für womöglich unvereinbar mit der
EU-Aufnahmerichtlinie hielt.

Der EuGH stellte nun klar, dass der vollständige Leistungsentzug in
diesem Fall nicht zu rechtfertigen ist. Gleichzeitig werteten die
Richter das Verhalten des Tunesiers als schwerwiegenden Verstoß gegen
geltende Regeln. Dieser könne grundsätzlich mit Sanktionen belegt
werden. Diese müssten jedoch verhältnismäßig sein. Der Entzug
sämtlicher materieller Leistungen sei dies nicht. Allerdings hätte
Italien das Recht, eine Verlegung durchzusetzen.