Merz will auch russisches Vermögen in Deutschland nutzen

18.12.2025 15:53

Kann in der EU festgesetztes Vermögen Russlands für die Ukraine
genutzt werden? In die Verhandlungen darüber kommt Bewegung. Auch
Deutschland macht Zugeständnisse.

Brüssel (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz will den Forderungen
Belgiens nachkommen und auch in Deutschland festgesetztes Vermögen
der russischen Zentralbank für die Unterstützung der Ukraine
bereitstellen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Rande des
EU-Gipfels in Brüssel aus Verhandlungskreisen.

Die Mittel sollen nach Plänen der EU-Kommission genutzt werden, um
der Ukraine in den kommenden beiden Jahren Darlehen in Höhe von bis
90 Milliarden Euro zu gewähren - langfristig sollen es sogar bis zu
210 Milliarden Euro werden können. Russland würde das Vermögen nur
dann zurückbekommen, wenn es nach einem Ende seines Angriffskriegs
gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet. 

Deutschland hatte EU-intern lange argumentiert, dass zunächst einmal
von dem belgischen Unternehmen Euroclear verwaltete russische
Zentralbankgelder in Höhe von 185 Milliarden Euro für das Projekt
genutzt werden sollten. Als Grund wurde unter anderem genannt, dass
in der Bundesrepublik nur ein kleinerer dreistelliger Millionenbetrag
verfügbar sei.

Die belgische Regierung fordert allerdings auch eine Beteiligung
anderer EU-Staaten, um das Risiko zu mindern, dass Belgien alleiniges
Ziel von möglichen Vergeltungsmaßnahmen wird. Dabei wird unter
anderem die Gefahr gesehen, dass Moskau europäische Privatpersonen
und Unternehmen in Russland enteignet.

Wirtschaft sieht Milliardenrisiken

Der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen
Auslandshandelskammer, Matthias Schepp, warnte zuletzt, dass
deutsches Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr sei.
«Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat
deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder
für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren», sagte

er im Oktober der Deutschen Presse-Agentur.

Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch
mitmacht, hatte De Wever zuletzt drei Bedingungen genannt. Demnach
muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen
Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans
ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen
finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Zudem fordert er einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für
alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine
Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch
Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefrorenen wurden. Dazu
zählen neben Deutschland nach Angaben der EU-Kommission auch
Frankreich, Schweden, Zypern und Luxemburg, wobei der Großteil der
nutzbaren Gelder in Frankreich festgesetzt ist.

Keine offiziellen Angaben über Mittel in Deutschland

Wie viel russisches Zentralbankgeld genau in Deutschland liegt, hält
die Bundesregierung bislang geheim. Öffentlich kommuniziert wurde
zuletzt nur, dass im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg
gegen die Ukraine insgesamt Vermögenswerte in Höhe von rund 3,5
Milliarden Euro eingefroren oder immobilisiert wurden. Dies umfasse
eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von gelisteten
Personen bzw. Entitäten sowie «Auslandswerte der russischen
Zentralbank, die einem Transaktionsverbot unterliegen».

EU-Gipfel soll Entscheidung bringen

Kanzler Merz und zahlreiche andere führende EU-Politiker hoffen, dass
der Plan bei dem letzten regulären EU-Gipfel des Jahres gebilligt
werden kann. Für den Fall, dass das eingefrorene russische Geld zum
Beispiel infolge von internationalen Urteilen oder Deals unerwartet
wieder freigegeben werden müsste, sieht er vor, dass die EU-Staaten
Garantien leisten, die den betroffenen Finanzinstituten eine
sofortige Rückzahlung der Mittel an Russland ermöglichen würden. Die

Kommission argumentiert, dass dies den Bürgern in der EU deutlich
leichter zu verkaufen sein dürfte als die Aufnahme neuer europäischer
Gemeinschaftsschulden für die Ukraine.

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es am Nachmittag zum
Verhandlungsstand, es gebe Bewegung und es gehe auch in die richtige
Richtung. Man sei aber noch nicht am Ziel.