EZB verlängert Zinspause: Leitzinsen bleiben unverändert Von Jörn Bender und Alexander Sturm, dpa
18.12.2025 15:33
Mit einer Serie von Senkungen hat die EZB den für Banken und Sparer
wichtigen Einlagenzins halbiert. Seit Monaten ist dieser nun stabil -
dabei bleibt es zunächst auch. Was das für Sparer bedeutet.
Frankfurt/Main (dpa) - Der Euroraum geht mit vergleichsweise
niedrigen Leitzinsen in das mit Konjunkturhoffnungen verbundene Jahr
2026. Zum vierten Mal in Folge tastet die Europäische Zentralbank
(EZB) die Zinsen nicht an, der für Sparer und Banken relevante
Einlagenzins bleibt bei 2,0 Prozent.
Mit dem Schritt verlängert die Notenbank angesichts unsicherer Zeiten
und einer eingedämmten Inflation ihre Zinspause. Bereits bei den
geldpolitischen Sitzungen im Juli, September und Oktober ließ die EZB
die Leitzinsen unverändert. Zuvor hatte es eine Serie von Senkungen
gegeben: Noch im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken
erhalten, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, doppelt so hoch bei
4,0 Prozent.
Viele Volkswirte sehen die Talsohle der Zinssenkungen im Euroraum
erreicht, der zum 1. Januar 2026 Bulgarien als 21. Mitglied aufnimmt.
Niedrige Leitzinsen sind tendenziell gut für die Konjunktur: Kredite
werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute kommen günstiger an
Finanzierungen für Anschaffungen oder Investitionen und können so für
Wirtschaftswachstum sorgen.
Sparer erhalten jedoch weniger Zinsen für Tages- und Festgeld, da
Banken niedrigere Einlagenzinsen für geparkte Gelder weiterreichen.
Mit den aktuellen Tages- und Festgeldzinsen können Anleger in der
Regel nicht die Inflation ausgleichen, die zuletzt bei 2,3 Prozent in
Deutschland lag.
Ökonomen erwarten vorerst keine Zinssenkungen mehr
«Die EZB kann zufrieden sein: Die Inflation ist wieder gezähmt, die
Leitzinsen sind wieder da, wo sie Wirtschaft und Häuslebauer nicht
bremsen», sagt Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. «So könnte es das
ganze nächste Jahr über bleiben, denn die Gründe für weitere
Zinssenkungen wie für Zinserhöhungen halten sich ziemlich genau die
Waage.»
Zugleich hob die EZB ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im
Euroraum an. Die Notenbank erwartet für 2026 ein Plus von 1,2 Prozent
sowie jeweils 1,4 Prozent Wachstum in den Jahren 2027 und 2028. Die
Wirtschaft im Währungsraum zeigt sich trotz höherer US-Zölle robuster
als erwartet. Zudem erwarten viele Ökonomen ein Anziehen der
deutschen Wirtschaft 2026, was sich positiv auf die Eurozone
auswirkt. Für das laufende Jahr rechnet die EZB mit 1,4 Prozent
Wachstum, das ist ebenfalls mehr als bisher prognostiziert.
Wirtschaft wächst, Inflation im Zaum
«Es gibt momentan einfach keinen Anlass, die Zinsen zu verändern»,
meint auch Michael Heise, Chefvolkswirt bei Vermögensverwalter HQ
Trust. Die Wirtschaft im Euroraum wachse leicht und die Inflation sei
stabil nahe des EZB-Ziels. Das dürfte auch 2026 so bleiben.
Nach Schätzung der EZB wird die Inflation im Euroraum 2025 mit 2,1
Prozent noch leicht über dem mittelfristigen Ziel der Notenbank
bleiben. Im kommenden Jahr könnte die Teuerung mit 1,9 Prozent etwas
darunter fallen.
Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig eine jährliche
Inflationsrate von 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der
Nullmarke. Dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die
Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen
aufschieben in der Erwartung, dass es bald noch billiger wird. Auch
wenn Preise zu stark steigen, ist das Gift für die Wirtschaft. Dann
verlieren Verbraucher Kaufkraft. Das schmälert den Konsum als
wichtige Stütze der Konjunktur. Im November lag die Inflationsrate im
Euroraum bei 2,1 Prozent.
Geht es mit den Zinsen eher wieder nach oben?
EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte in Frankfurt erneut, die
Notenbank sei mit dem derzeitigen Zinsniveau «gut aufgestellt», um
durch die Unsicherheit zu steuern. Das gilt als Hinweis, dass die
Leitzinsen im Euroraum vorerst stabil bleiben.
EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel sagte jüngst in einem
Interview, sie gehe davon aus, dass die Leitzinsen im Euroraum «noch
einige Zeit» auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Sie sei
«durchaus einverstanden» mit der Marktsicht, «dass der nächste
Zinsschritt eine Anhebung sein wird, wenn auch nicht in naher
Zukunft».
