Feuer und Tränengas: Tausende Bauern bei Protest in Brüssel Von Marek Majewsky, dpa

18.12.2025 17:06

Brände, Polizei in Kampfmontur, Straßensperren: Während die EU über

Freihandel berät, protestieren Bauern gegen ein großes
Handelsabkommen. Und zwingen Mitarbeiter im EU-Parlament zum Rückzug.

Brüssel (dpa) - Tausende Landwirte haben - teils gewaltsam - im
Brüsseler Europaviertel gegen das Freihandelsabkommen zwischen der EU
und den südamerikanischen Mercosur-Staaten protestiert und für Chaos
gesorgt. Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen Demonstranten ein, die
versuchten, Absperrungen zu durchbrechen, wie die Polizei auf
Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Während die
Veranstalter von rund 10.000 Demonstranten sprachen, zählte die
Polizei etwa 7.300 Personen und Hunderte Traktoren. 

Wie die Polizei weiter mitteilte, hätten Landwirte versucht, von den
Sicherheitskräften eingerichtete Sperren zu überwinden. Zudem wurden
Brände gelegt, Pyrotechnik gezündet und Tränengas eingesetzt, wie auf

Bildern zu sehen war. Die Angriffe der Demonstranten mit Kartoffeln
und Feuerwerk richteten sich auch gegen das Europaparlament. 

Das Parlament verlagerte Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen in andere
Gebäude. Zudem heißt es in einer internen Nachricht, die der dpa
vorliegt: «Alle Mitarbeiter, die sich in den Gebäuden in Brüssel
aufhalten, werden gebeten, sich von Fenstern fernzuhalten, während
die Polizei die Situation unter Kontrolle bringt.»

Warum die Bauern protestieren 

Zeitgleich findet in der belgischen Hauptstadt ein EU-Gipfel statt,
bei dem auch über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU
und den Mercosur-Staaten gesprochen wird. Die Landwirte lehnen das
Abkommen ab, weil sie unverhältnismäßige Konkurrenz durch günstige

Importe fürchten. Zudem haben die Bauern Sorge, dass sie künftig
weniger Geld aus dem EU-Haushalt bekommen könnten.

Eine Parlamentssprecherin teilte mit, nach Störungen der öffentlichen
Ordnung während der Bauernproteste seien einige Gebäude des
Europäischen Parlaments in Brüssel beschädigt worden. Die
Sicherheitslage werde vom Parlament in Abstimmung mit den lokalen
Behörden genau beobachtet. Mindestens ein Mensch wurde bei den
Protesten verletzt. 

Deutsche Bauern beteiligen sich an Demo

Zu den Protesten reisten auch Landwirte aus Deutschland an. Nach
einer ersten Schätzung des bayerischen Bauernverbands beteiligten
sich rund 500 deutsche Bäuerinnen und Bauern an dem Protest. 

Günther Felßner, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands, teilte
mit: «Wir stehen hier als Europäer. Europa braucht Stabilität - und
diese Stabilität beginnt bei der Landwirtschaft.» Die
EU-Agrarförderung sei ein Stabilisierungsinstrument für die
Ernährungssicherheit, für den ländlichen Raum und für den
Zusammenhalt Europas. 

Erst vor wenigen Tagen hatten Landwirte an verschiedenen Orten in
Deutschland mit Traktoren gegen billige Butterpreise demonstriert.
Sie werfen Discountern vor, die Ware zu verramschen. Butter ist
zurzeit so günstig wie lange nicht. Die Handelsketten haben die
Preise in den vergangenen Wochen mehrmals gesenkt. Lidl Deutschland
teilte mit, die aktuelle Preissenkung bei Butter sei eine notwendige
Reaktion auf die derzeitige Ausnahmesituation am Rohstoffmarkt. 

Von der Leyen trifft sich mit Vertretern der Landwirte

Gegen Mittag traf sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
mit Vertretern der Landwirte. Sie teilte mit: «In Zeiten der
Unsicherheit brauchen unsere Landwirte Verlässlichkeit und
Unterstützung.» Europa werde immer hinter ihnen stehen.

Die neue Freihandelszone zwischen der EU und den Mercosur-Staaten mit
mehr als 700 Millionen Einwohnern wäre nach Angaben der EU-Kommission
die weltweit größte dieser Art. Die Behörde hatte die Verhandlungen
über das Abkommen im vergangenen Dezember trotz andauernder Kritik
aus Ländern wie Frankreich abgeschlossen. 

Die Unterzeichnung ist für Samstag in Brasilien geplant - dafür
braucht es aber eine bestimmte Mehrheit unter den EU-Ländern. Eine
Entscheidung wird bei dem EU-Gipfeltreffen erwartet. Ob die
erforderliche Mehrheit zustande kommt, war bis zuletzt unklar.