EU hilft der Ukraine mit Milliarden - Putin bleibt eisern

19.12.2025 16:02

Brüssel, Moskau, Warschau - an vielen Orten geht es um das Schicksal
der Ukraine. Putin gibt sich in seiner Fragestunde hart, der Ukrainer
Selenskyj trifft einen schwierigen Partner.

Brüssel/Moskau/Warschau (dpa) - Der Ukraine-Krieg bestimmt weiter die
europäische Politik. In einem nächtlichen Kompromiss einigte sich die
EU bei einem Gipfeltreffen in Brüssel darauf, dem angegriffenen Land
90 Milliarden Euro Kredit zu geben. Der Plan, eingefrorenes
russisches Staatsvermögen für die Ukraine zu verwenden, fiel dagegen
vorerst durch. In Moskau gab sich Kremlchef Wladimir Putin bei seiner
Jahrespressekonferenz hart und schob die Schuld am Fortdauern des
Krieges allein Kiew zu.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj traf in Warschau
erstmals mit einem schwierigen Partner zusammen, dem neuen
rechtskonservativen Staatschef Karol Nawrocki. Am kommenden
Wochenende verlagert sich die Suche nach einem Ausweg aus dem Krieg
wieder in die USA. In Florida sollen die von Präsident Donald Trump
eingesetzten Unterhändler getrennt mit Vertretern aus Moskau und Kiew
sprechen. Die Schauplätze im Überblick:

Schauplatz Brüssel: Russisches Staatsvermögen vorerst verschont

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und EU-Kommissionschefin Ursula
von der Leyen hatten eigentlich erreichen wollen, dass eingefrorene
russische Staatsguthaben für die Ukraine verwendet werden. Dies sah
Belgien, wo ein Großteil der russischen Milliarden liegt, als zu
riskant an. Auch Frankreich und Italien stellten sich letztlich gegen
den Plan.

Das neue Konzept sieht vor, der Ukraine aus dem EU-Haushalt einen
zinslosen Kredit über 90 Milliarden Euro zu gewähren. Er soll den
dringendsten Finanzbedarf der Ukraine in den kommenden zwei Jahren
decken und dem Land eine Fortsetzung seines Abwehrkampfes gegen
Russland ermöglichen. Ohne Geld aus der EU droht das Land ab dem
zweiten Quartal in den Staatsbankrott zu rutschen.

Selenskyj sagte, das Geld werde in Verteidigung fließen, solange der
Krieg weitergehe, und in den Wiederaufbau, sollte er beendet werden.
Die finanzielle Unterstützung der EU deckt zwei Drittel des Bedarfs
der Ukraine von voraussichtlich mehr als 137 Milliarden Euro bis Ende
2027. Der Rest soll von Partnerstaaten wie Großbritannien und Kanada
kommen. 

Schauplatz Moskau: Putin sieht Schuld bei der Ukraine

Putin wies zum wiederholten Mal jede Verantwortung für das Andauern
des vor fast vier Jahren von ihm befohlenen Angriffskrieges zurück
und gab der Ukraine die Schuld. In den laufenden Gesprächen gebe es
von Kiew gewisse Signale für einen Dialog, Russland sehe aber im Kern
keine Bereitschaft für einen Frieden, sagte er bei seiner
Jahrespressekonferenz. Erneut antwortete der Kremlchef stundenlang
auf Fragen von Journalisten und Bürgern. 

Er begrüßte einmal mehr, dass US-Präsident Trump sich um ein Ende des

Krieges bemühe. Bei seinem Treffen mit Trump in Alaska im August habe
die russische Seite den US-Vorschlägen für eine friedliche Lösung des

Konflikts praktisch zugestimmt, sagte er. Er wies zurück, dass
Russland den Friedensplan ablehne. «Wir sehen uns nicht als
verantwortlich für den Tod von Menschen, denn nicht wir haben diesen
Krieg angefangen», sagte er.

Schauplatz Warschau: Präsident verlangt Dankbarkeit der Ukraine 

Präsident Nawrocki sagte, Selenskyjs Besuch sei «eine gute Nachricht
für Polen, für Warschau, eine gute Nachricht für Kiew», aber eine
schlechte für Moskau. Er unterstrich die gemeinsame Forderung nach
schärferen Sanktionen gegen Russland und ein Vorgehen gegen die
Schattenflotte von Tankern, die russisches Öl transportieren, wie die
Nachrichtenagentur PAP meldete.

Polen ist einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine und
Drehscheibe für die internationale militärische Hilfe. Der
rechtsgerichtete Präsident Nawrocki hat jedoch immer wieder die
Sozialausgaben für Ukrainer in Polen bemängelt und Kiew fehlende
Dankbarkeit vorgeworfen. Dies habe er auch im Gespräch mit Selenskyj
fest, aber nett «und wie ein Gentleman» erwähnt, sagte er.

Selenskyj sagte, er hoffe mit Nawrocki auf eine neue Seite im
ukrainisch-polnischen Verhältnis - «nicht nur als Nachbarn, sondern
als zwei Elemente Europas, ohne die es in diesem Teil Europas keine
Freiheit geben wird, keine Sicherheit geben wird». Er signalisierte
Entgegenkommen im Streit um ein düsteres Kapitel der gemeinsamen
Geschichte. Die Ukraine sei bereit, die Exhumierung der polnischen
Opfer der Wolhynien-Massaker am Ende des Zweiten Weltkriegs zu
beschleunigen. Von 1943 bis 1945 hatten ukrainische Nationalisten der
Aufstandsarmee UPA dort etwa 100.000 Polen ermordet.

Schauplatz Miami: Trumps Leute reden mit beiden Seiten 

Im US-Bundesstaat Florida sollen der Sondergesandte Steve Witkoff und
Trumps Schwiegersohn Jared Kushner am Wochenende mit dem
Kreml-Unterhändler Kirill Dmitrijew zusammentreffen. Dabei wird es um
die jüngste Fassung eines Friedensplans gehen, wie sie am vergangenen
Sonntag und Montag in Berlin besprochen worden ist. Auch ukrainische
Unterhändler sind nach Angaben Selenskyjs wieder in den USA. 

Ein Streitpunkt ist, dass Moskau von der Ukraine eine Preisgabe ihrer
letzten Stellungen in den Gebieten Donezk und Luhansk im Donbass
fordert. Auch Trump dringt darauf, weil der Krieg sonst nicht zu
beenden sei. Für Kiew ist dies unannehmbar. Die Ukraine drängt
ihrerseits auf verlässliche und rasch greifende Sicherheitsgarantien,
falls Moskau wieder angreift. Die europäischen Staaten erwägen eine
Friedenssicherung in und um die Ukraine mit eigenen Truppen. Russland
lehnt Soldaten aus Nato-Ländern in der Ukraine strikt ab.