Adidas weiterhin alleiniges Recht auf die Marke der drei Streifen

Adidas-ähnliche Logos sind nicht erlaubt

Das Allgemeininteresse an der Verfügbarkeit bestimmter Zeichen für jedermann schränkt als solches das ausschliessliche Recht eines MarkenInhabers nicht ein.

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-102/07

Adidas AG u. a. / Marca Mode CV u. a.

Eine Benutzung beschreibender Angaben, die den anständigen Gepflogenheiten entspricht, kann der Markeninhaber Dritten allerdings nicht verbieten

Die adidas AG ist Inhaberin von Bildmarken in der Form von drei vertikalen, parallel verlaufenden Streifen gleicher Breite, die seitlich an Sport- und Freizeitbekleidung angebracht werden und in einer mit der Grundfarbe des Kleidungsstücks kontrastierenden Farbe ausgeführt sind. Die adidas Benelux BV ist Inhaberin einer von der adidas AG erteilten Exklusivlizenz für das Benelux-Gebiet.

Marca Mode, C&A, H&M und Vendex sind konkurrierende Unternehmen. Sie vermarkteten ebenfalls Sport- und Freizeitbekleidung, die mit zwei parallel verlaufenden Streifen versehen war, deren Farbe mit der Grundfarbe der Kleidung kontrastiert.

Adidas reichte eine Klage bei den niederländischen Gerichten ein, mit der sie ihr Recht geltend machte, Dritten die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens zu untersagen, das Verwechslungen hervorrufen kann. Marca Mode und die anderen beklagten Unternehmen hielten sich demgegenüber für berechtigt, Sport- und Freizeitbekleidung zur Dekoration mit zwei Streifen zu versehen. Sie beriefen sich für das Recht, Zwei-Streifen-Motive ohne Zustimmung von adidas zu benutzen, auf ein Freihaltebedürfnis; Streifen und einfache Streifenmotive seien nämlich Zeichen, die für jedermann frei verfügbar bleiben müssten.

Dem schließlich mit dem Rechtsstreit befassten Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) stellte sich damit die Frage nach dem Schutzumfang der Marke von adidas. Er legte darum dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage vor, ob das Freihaltebedürfnis ein Beurteilungskriterium zu dem Zweck darstellt, den Umfang des absoluten Rechts des Markeninhabers zu begrenzen.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof in erster Linie fest, dass das an bestimmten Zeichen bestehende Freihaltebedürfnis nicht zu den relevanten Umständen zählt, die bei der Beurteilung des Bestehens einer Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind. Für die Beantwortung der Frage, ob eine solche Gefahr besteht, ist nämlich darauf abzustellen, wie das Publikum die jeweiligen Waren wahrnimmt, die zum einen von der geltend gemachten Marke und zum anderen dem Zeichen des Dritten erfasst sind. Das nationale Gericht hat zu prüfen, ob sich der Durchschnittsverbraucher über die gewerbliche Herkunft von Sport- und Freizeitbekleidung täuschen kann, wenn diese an denselben Stellen Streifenmotive mit den gleichen Merkmalen wie das für adidas eingetragene Motiv trägt, allerdings mit nur zwei statt drei Streifen.

In seinem Urteil beschäftigt sich der Gerichtshof außerdem mit dem besonderen Schutz bekannter Marken. Dieser Schutz setzt nicht voraus, dass zwischen der Marke und einem anderen Zeichen Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt, dass sie von den beteiligten Verkehrskreisen gedanklich miteinander verknüpft werden. Da das Freihaltebedürfnis weder etwas damit zu tun hat, wie der Ähnlichkeitsgrad zwischen der bekannten Marke und dem von dem Dritten benutzten Zeichen zu beurteilen ist, noch damit, ob die beteiligten Verkehrskreise die Marke und das Zeichen miteinander gedanklich verknüpfen könnten, kann es kein relevanter Gesichtspunkt für die Prüfung sein, ob die Benutzung des Zeichens die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt.

Schließlich betont der Gerichtshof, dass zwar ein Markeninhaber Dritten nicht eine anständigen Gepflogenheiten entsprechende Benutzung von beschreibenden Angaben untersagen kann, dass aber das Freihaltebedürfnis in keinem Fall eine selbständige Beschränkung der Wirkungen einer Marke bilden kann. Ein Dritter kann die in der Markenrichtlinie vorgesehenen Beschränkungen der Wirkungen einer Marke nur geltend machen und sich auf ein Freihaltebedürfnis berufen, wenn sich die von ihm benutzte beschreibende Angabe auf ein Merkmal der Ware bezieht. Die Zwei-Streifen-Motive haben jedoch, wie die vor dem niederländischen Hoge Raad beklagten Unternehmen selbst geltend machten, nur dekorativen Charakter und stellen daher keine Angabe über ein Merkmal der Waren dar.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie heute auf der Internetseite des Gerichtshofs hier.

Pressemitteilung Nr. 25/08 April 2008