Wurde bei den Konvergenzkriterien gemogelt?

Einige Staaten haben das Kriterium der Staatsschulden nicht punktgenau erfüllt.

Schon zu Beginn der neunziger Jahre waren sich die Mitgliedstaaten der Europäische Union einig: Die Währungsstabilität ist eine unverzichtbare Rahmenbedingung wirtschaftlichen Handelns. Die Geldpolitik aller EU-Notenbanken wurde konsequent auf das Stabilitätsziel ausgerichtet. Ebenso wichtig war es, die Haushaltsdefizite in den Griff zu bekommen. Der in den neunziger Jahren beschrittene Weg war zunächst erfolgreich. Ende der neunziger Jahre war der Weg zur Einführung der gemeinsamen Währung frei.

Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien haben den Euro am 1. Januar 1999 als gemeinsame Währung eingeführt. Griechenland kam am 1. Januar 2001 hinzu.

Die wirtschaftliche Fitness der Euro-Länder wurde anhand der Konvergenzkriterien des Vertrags von Maastricht überprüft. Die Richtwerte für Preisstabilität, Staatsschulden und Zinsniveau mussten von jedem Bewerber erfüllt werden und werden künftig auf Ihre Einhaltung hin überwacht.

Die Konvergenzkriterien im einzelnen:

- Der Anstieg der Verbraucherpreise darf das Mittel der drei preisstabilsten Länder um nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte überschreiten.
- Die Währung des betroffenen Landes muss dem Europäischen Währungssystem (EWS) angehören und darf in den letzten beiden Jahren nicht abgewertet worden sein.
- Das Zinsniveau darf deshalb das Mittel der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten nicht um mehr als zwei Punkte überschreiten.
- Die jährliche Neuverschuldung darf 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigen und
- die gesamte Staatsschuld darf nicht über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Ausnahmen von diesem Richtwert sind möglich, wenn das Defizit hinreichend rückläufig ist und weitere Sanierungsleistungen glaubhaft sind.

Die Fortschritte, die die WWU-Mitgliedsländer in den Jahren vor dem Euro-Start auf dem Weg zur Konvergenz erzielt haben, waren beachtlich: Die Inflationsrate erreichte 1997 im „Euroland“ mit 1,6 Prozent den niedrigsten Stand seit mehr als dreißig Jahren. Der Referenzwert für dieses Kriterium lag bei 2,7 Prozent. Alle qualifizierten Länder blieben sogar deutlich unter diesem Wert.

Auch die langfristigen Zinssätze haben sich auf einem sehr niedrigen Niveau angeglichen. Der Durchschnitt der drei Länder mit den niedrigsten Sätzen lag 1997 bei 5,8 Prozent, der Referenzwert für dieses Kriterium damit bei 7,8 Prozent. Die langfristigen Zinssätze der Teilnehmerländer lagen sämtlich darunter. Das Kriterium der Wechselkursstabilität wurde ebenfalls von allen Euro-Teilnehmerländern erfüllt.

Etwas knapper ist das Ergebnis bei dem Kriterium der Haushaltsführung ausgefallen: Zwar lagen die Budgetdefizite der Teilnehmerländer unter der vorgeschriebenen 3 Prozent-Marke, dennoch sind in den meisten Ländern weitere Anstrengungen notwendig, um das Ziel eines mittelfristig ausgeglichenen Staatshaushalts dauerhaft zu erreichen.

Einige Staaten haben das Kriterium der Staatsschulden nicht punktgenau erfüllt. Dies heißt aber noch lange nicht, dass "gemogelt" wurde. Denn der Vertrag von Maastricht eröffnet ausdrücklich den Ländern, die in ihren Anstrengungen erfolgreich waren, die Beitrittperspektive, auch von die "magischen Zahlen" noch nicht genau erreicht wurden. Soweit das Staatsdefizit jedoch "hinreichend rückläufig" ist und der Schuldenstand sich dem sich dem Referenzwert nähert, ist eine Teilnahme an der gemeinsamen Währung dennoch möglich – so der Vertrag von Maastricht.