Österreichische Kindergärtnerin in Deutschland

Ich bin Österreicherin und habe in meiner Heimat bereits einige Jahre als Kindergärtnerin gearbeitet. Nach meiner Heirat mit einem Deutschen bin ich nach Stuttgart umgezogen. Hier teilte man mir mit, daß ich nicht einfach in einem deutschen Kindergarten arbeiten dürfe. Zunächst müsse sich ein einjähriges Berufspraktikum und eine berufspraktische Prüfung ableisten. Werden in der EU nur die Diplome von Akademiker anerkannt?

In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union darf kein Bürger aufgrund seiner Nationalität bei der Arbeitsaufnahme gegenüber den Bürgern des eigenen Landes benachteiligt werden. Als Österreicherin dürfen Sie also grundsätzlich auch in Deutschland in einem Kindergarten arbeiten. Allerdings müssen Sie die Ausbildungsanforderungen erfüllen, die hier an Ihren Beruf gestellt werden.

Das Problem: In Deutschland gibt es das Berufsbild der Kindergärtnerin gar nicht. Wer hier in einem Kindergarten arbeiten möchte, muß sich erst zum „staatlich anerkannten Erzieher“ ausbilden lassen. Die Erzieherausbildung ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgestaltet. In Baden-Württemberg muß man nach einer zehnjährigen Schulausbildung eine mindestens vierjährige Berufsausbildung absolvieren. Allerdings ist der Beruf des Erziehers nicht auf die Arbeit mit Kindern im Vorschulalter beschränkt. Erzieher können hier die pädagogische Betreuung von Kindern und Jugendlichen bis zu 18 Jahren übenehmen.

Trotzdem wird Ihr Berufsabschluß als Kindergärtnerin auch in Deutschland anerkannt - hierfür sorgt die europäische Richtlinie über „die Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise“. Diese Richtlinie regelt die Anerkennung von Diplomen, die man außerhalb des Hochschulbereichs erwerben kann und die zur Ausübung eines bestimmten Berufes berechtigen. Auch der Zugang zur deutschen Erzieherausbildung fällt unter diese Richtlinie. Anpassungslehrgänge oder eine Eignungsprüfung dürfen die Behörden eines Mitgliedstaates danach nur verlangen, wenn sich der Ausbildungsgang im Heimatstaat wesentlich von dem in Deutschland unterscheidet.

Ihr österreichischer Kindergärtnerabschluß erfordert lediglich eine achtjährige Schul- und eine fünfjährige Berufsausbildung und ist damit erheblich kürzer als der entsprechende deutsche Abschluß. Die baden-württembergischen Behörden können von Ihnen deshalb ohne weiteres ein Berufspraktikum verlangen, mit dem Ihnen fehlende Ausbildungsinhalte vermittelt werden sollen.

Auch wenn sich Ihre praktische Arbeit im deutschen wohl nur wenig von der in einem österreichischen Kindergarten unterscheiden mag: Um das zusätzliche Berufspraktikum im Kindergarten werden Sie wohl nicht herumkommen, wenn Sie hier als Erzieher anerkannt werden wollen.

Was in der derzeitigen Situation für Sie zusätzlichen Aufwand bedeutet, könnte Ihnen jedoch langfristig nutzen: Mit dem Erzieherabschluß in der Tasche können Sie dann nämlich in ganz Deutschland auch in anderen Berufsfeldern arbeiten - etwa in der Jugendhilfe.

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