Haushalt

Die Finanzierung des EU-Budgets

Die Europäische Union darf keine Kredite aufnehmen, der Haushalt ist also immer ausgeglichen, die Europäische Union immer schuldenfrei. Die Finanzierung des EU-Budgets unterscheidet sich grundsätzlich von der Finanzierung der öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten. Die EU-Staaten haben eine eigene Finanzhoheit und können so für ihre Einnahmen durch Steuern selbst sorgen. Die EU-Haushaltsmittel werden zum größten Teil von den Mitgliedstaaten erhoben und der Europäischen Union zur Verfügung gestellt.

Die Höhe der EU-Mittel wird durch eine von den Mitgliedstaaten festgelegte Obergrenze beschränkt. Sie liegt gegenwärtig bei 1,24 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU. Tatsächlich ging die EU sparsamer mit ihrem Geld um. Der Haushalt 2006 entsprach mit 112 Milliarden Euro einem Anteil von 1,01 Prozent an der Wirtschaftsleistung der Union. Der größte Ausgabenblock ist 2006 die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums (47 Prozent), es folgt die Strukturpolitik (Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion) mit 39 Prozent.

Der EU-Haushalt wird von der Europäischen Kommission ausgearbeitet und vom Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten im Rat aufgestellt. Das Bundesministerium der Finanzen gestaltet die Finanzen und den Haushalt der Union mit. Seit Mitte der 90er Jahre gelang es, den deutschen Finanzierungsanteil zum EU-Budget zurückzuführen. Er beträgt gegenwärtig rund 22 Prozent nach rund 31 Prozent im Jahr 1995.

Die jährlichen Ausgaben sind Bestandteil einer mehrjährigen Planung, der sogenannten "Finanziellen Vorausschau", die von Parlament und den Mitgliedstaaten im Rat gemeinsam angenommen werden. So werden jährliche Konflikte um den Haushalt vermieden. Die zwischen den Mitgliedstaaten im Rat, Kommission und Europäischem Parlament erreichte Einigung über die Finanzielle Vorausschau sieht für den Haushalt der EU 2007 bis 2013 ein Volumen von insgesamt 864,3 Milliarden Euro vor. Das entspricht 1,048 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Der größte Ausgabeposten bleibt die Agrarpolitik und die Strukturpolitik.

Im Jahr 2008 gibt es einen Sondertermin zur „Neubewertung des Finanzrahmens“. Einnahmen und Ausgaben kommen auf den Prüfstand. So wollen viele Europa-Abgeordnete weniger Geld für die Agrar- und Strukturpolitik ausgeben und dafür mehr in die Zukunftsaufgaben zur Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit investieren.

Nettozahler Deutschland?
Deutschland zahlte 2004 rund 20 Milliarden Euro in die EU-Kasse. Ohne die – für Deutschland weitgehend unbedeutenden – Verwaltungsausgaben und ohne die traditionellen Eigenmittel errechnet die Deutsche Bundesbank einen tatsächlichen Nettobeitrag von 6 Milliarden Euro. Das wären 73 Euro im Jahr pro Einwohner der Bundesrepublik Deutschland. Pro Kopf betrachtet war Deutschland damit der viertgrößte Nettozahler nach den Niederlanden, Luxemburg und Schweden.

Die deutsche Landwirtschaft erhielt 6 Milliarden Euro, die strukturpolitischen Hilfen beliefen sich auf 4,5 Milliarden Euro. So viel ist klar messbar. Die wirtschaftlichen Vorteile, die sich aus der Intensivierung des internationalen Handels und des Wettbewerbs ergeben, fließen jedoch in die gängigen Berechnungen der Nettozahlerposition nicht ein.

Zurückhaltende Rechnungen gehen von einer Zunahme der Wirtschaftsleistung, die durch den Binnenmarkt ausgelöst wird, von 0,6 bis 0,8 Prozent aus. Hinzu kommt der vom Sachverständigenrat geschätzte zusätzliche handelsschaffende Effekt der Währungsunion in Höhe von 18 Prozent. Insgesamt kommt man damit auf eine durch Binnenmarkt und Währungsunion erzeugte zusätzliche Wirtschaftsleistung von rund 1 Prozent. Dies führt natürlich auch zu entsprechenden Steuereinnahmen. Die sechs Milliarden Euro Nettobeitrag werden damit deutlich überkompensiert.

Ein weiterer fundamentaler Vorteil, nämlich die Wahrung einer friedlichen Nachkriegsordnung, wird schließlich wirtschaftlich nicht einmal in Ansätzen gewürdigt. Dabei liegt die Stabilität in Europa gerade im deutschen wirtschaftlichen Interesse. Mit der Osterweiterung ist Deutschland, als das Land mit der größten Einwohnerzahl und der größten Volkswirtschaft wieder in die Mitte Europas und damit auch des EU-Binnenmarkts gerückt.

Die Finanzierung des EU-Budgets unterscheidet sich grundsätzlich von der Finanzierung der öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben eine eigene Finanzhoheit und können so für ihre Einnahmen durch Steuern selbst sorgen. Die EU-Haushaltsmittel werden dagegen von den Mitgliedstaaten erhoben und der Europäischen Union zur Verfügung gestellt.

Woher kommt das Geld?
Der Haushalt wird aus Einnahmen finanziert, die der EU nach einem bestimmten Schlüssel zufließen. Diese Eigenmittel umfassen:

  • Agrarzölle und Zuckerabgaben,
  • Zölle, die an den EU-Außengrenzen bei der Einfuhr erhoben werden,
  • einen festgesetzten Anteil der Mehrwertsteuereinnahmen der EU-Staaten,
  • einen veränderlichen Anteil am Bruttosozialprodukt (BSP) der einzelnen Mitgliedstaaten,
  • verfügbarer Überschuss des vorhergehenden Haushaltsjahres,
  • sonstige Einnahmen

Seit 1988 („Delors-I-Paket“) wird die Höhe dieser Eigenmittel durch eine von den Mitgliedstaaten festgelegte Obergrenze beschränkt. Im Rahmen des sogenannten „Delors-II-Pakets“ einigten sich die EU-Mitgliedstaaten im Dezember 1992 auf ihrem Gipfel in Edinburgh auf die Finanzierung der Union bis 1999. Die Struktur der Eigenmittel wurde dabei so verändert, dass die Einnahmen aus den Mehrwertsteuerabgaben sinken und statt dessen der Anteil aus den BSP-Abgaben steigt. Das 1999 von den Staats- und Regierungschefs der EU in Berlin verabschiedete Finanzpaket (Agenda 2000) sieht eine Beibehaltung des Höchstbetrags der Eigenmittel von weiterhin 1,27 Prozent des BSP für den Zeitraum von 2000 bis 2006 vor.

Das Haushaltsverfahren

Der EU-Haushalt wird von der Europäischen Kommission ausgearbeitet und vom Europäischen Parlament und dem Rat aufgestellt. Bei den sogenannten „obligatorischen“ Ausgaben, die sich zwingend aus dem Gemeinschaftsrecht und bestehenden Verträgen ergeben, kann das Parlament Änderungen vorschlagen. Der Rat behält in diesem Bereich aber das letzte Wort. Größer sind die Kompetenzen des Parlaments bei den „nichtobligatorischen" Ausgaben, zum Beispiel bei den Strukturfonds sowie weiteren gestaltenden Politiken wie Forschung und Technologie: Hier kann es die Ausgaben - innerhalb fester Obergrenzen - auch gegen den Rat durchsetzen.

Das Europäische Parlament und der Rat bilden die Haushaltsbehörde. Anders gesagt, sie teilen sich die Haushaltsbefugnis ebenso wie die Gesetzgebungsbefugnis. Die Beschlüsse des Parlaments werden vom Haushaltsausschuss in Zusammenarbeit mit den Fachausschüssen vorbereitet.

Im Dezember eines jeden Jahres wird der Haushalt der Union beschlossen, der durch die Unterzeichnung des Parlamentspräsidenten in Kraft tritt. Erst damit verfügt die Union über die finanziellen Mittel für das folgende Jahr. Die Festsetzung des jährlichen Haushalts ist für das Parlament die Gelegenheit, seine politischen Prioritäten ins Spiel zu bringen. Seit 1986 sind die jährlichen Ausgaben Bestandteil einer mehrjährigen Planung, der sogenannten "Finanziellen Vorausschau", die von Parlament und Rat gemeinsam angenommen wird.

Im Rahmen des jährlichen Haushaltsplans hat das Parlament bei den meisten Ausgaben das letzte Wort: Dies gilt zum Beispiel für die Ausgaben zugunsten der am meisten benachteiligten Regionen sowie zugunsten der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Bei anderen Posten, wie den Agrarausgaben, kann das Parlament Änderungen vorschlagen, doch liegt hier die letzte Entscheidung beim Rat. Parlament und Rat befassen sich in zwei Lesungen (zwischen Mai und Dezember) mit der Prüfung des von der Europäischen Kommission vorgelegten Haushaltsentwurfs, um sich über Höhe und Zweckbestimmung der Ausgaben zu verständigen.

Das Parlament kann den Haushalt ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass dieser nicht den Bedürfnissen der Union entspricht. In diesem Fall muss das Haushaltsverfahren von vorn beginnen. In der Vergangenheit ist dies mehrfach geschehen, doch hat das Parlament von dieser Waffe keinen Gebrauch mehr gemacht, seit es gemeinsam mit dem Rat einen mehrjährigen Finanzrahmen festlegt.

Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union
Im Haushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften werden für jedes Haushaltsjahr sämtliche als erforderlich erachteten Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaften veranschlagt und bewilligt. Er bildet den interinstitutionellen Rahmen für die Verwaltung der Gemeinschaftsmittel und wird nach folgenden Grundsätzen aufgestellt:

  • Einheit des Dokuments: Alle Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaften finden sich in einem einzigen Dokument.
  • Gesamtdeckung (Nonaffektationsprinzip und Verbot der Verrechnung von Einnahmen und Ausgaben): Die EU macht keine Schulden.
  • Jährlichkeit: Der Haushaltsplan wird für die Dauer eines Haushaltsjahres festgestellt.
  • Grundsatz des Haushaltsausgleichs: Die Einnahmen des Haushaltsjahres müssen den Ausgaben entsprechen.
  • Grundsatz der Spezialität: Die Mittel werden nach Art und Bestimmung gegliedert.

Der Haushaltsplan der Europäischen Union umfasst in erster Linie die Gesamteinnahmen; das sind die Eigenmittel, die hauptsächlich aus Zöllen, einem Teil der MwSt. und einem nationalen Beitrag unter Zugrundelegung des BSP bestehen.

Die Gesamtausgaben des Haushaltsplans sind in zwei Teile aufgegliedert: Teil A für die Verwaltungsausgaben der Organe und Teil B für die operativen Ausgaben der Kommission.

Europäischer Rechnungshof
Der Europäische Rechnungshof (EuRH) überprüft alle Einnahmen und Ausgaben der EU-Organe. Er wurde 1977 zur externen Finanzkontrolle der EG in Luxemburg eingerichtet. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Union im Jahr 1993 ist der Europäische Rechnungshof vollwertiges Gemeinschaftsorgan.

Der Europäische Rechnungshof wacht heute darüber, dass die EU ihre Gelder nach den Regeln der Wirtschaftlichkeit für die vorgesehenen Zwecke verwendet. Natürlich muss dabei das Haushaltsrecht der EU eingehalten werden. Auch in den Ländern außerhalb der Union, die Gelder aus EU-Programmen erhalten, kann der Rechnungshof die Verwendung kontrollieren.

Die EU-Organe und bestimmte nationale Stellen sind verpflichtet, alle Informationen herauszugeben, die der Europäische Rechnungshof für seine Prüfungen braucht. Er hat die Möglichkeit, vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen, wenn ein Mitgliedstaat notwendige Prüfungsunterlagen nicht herausgibt oder die Europäische Kommission prüfungsrelevante Unterlagen verweigert.

Die Ergebnisse des Rechnungshofes werden in einem Jahresbericht zusammengefasst, der nach Abschluss jedes Haushaltsjahres erstellt und im Amtsblatt der EG veröffentlicht wird. Dieses Dokument wird dem Europäischem Parlament und dem Rat übermittelt. Es bildet die Grundlage für die Entscheidung des Parlaments im Hinblick auf die Entlastung der Kommission.

Das Entlastungsverfahren umfasst eine gründliche Analyse des Jahresberichtes. Mängel, auf die der Rechnungshof hinweist und die vom Parlament bekräftigt werden, müssen behoben werden.

Der britische Beitragsrabatt
Mit dem Beitragsrabatt für London wird ausgeglichen, dass Großbritannien wegen der Struktur seiner Agrarwirtschaft nur relativ wenig von den EU-Subventionen profitiert. Die damalige britische Premierministerin Magaret Thatcher hatte die Vergünstigung, die etwa 40 Prozent des britischen Nettobeitrages zum EU-Budget ausmacht, 1984 beim Gipfeltreffen in Fontainebleau bei Paris durchgesetzt. Ihr heute noch bekanntes Motto lautete: «I want my money back - Ich möchte mein
Geld zurück.» Der Rabatt betrug im vergangenen Jahr nach Angaben EU-Kommission 4,9 Milliarden Euro.

OLAF - Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung ist seit dem 1. Juni 1999 mit der Bekämpfung von Betrug zu Lasten des EU-Haushalts beauftragt.

Das Amt kann in völliger operativer Unabhängigkeit Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwaltung und Finanzierung aller Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union durchführen. Diese Unabhängigkeit gewährleisten:

  • der Direktor des OLAF, den die Kommission in Abstimmung mit dem Parlament und dem Rat ernennt: Ist er der Auffassung, dass seine Unabhängigkeit angetastet wird, so kann er beim Gerichtshof Klage einreichen. Außerdem kann er auch aus eigener Initiative, also nicht nur auf Ersuchen der betreffenden Organe, Einrichtungen, Ämter, Agenturen oder Mitgliedstaaten, Untersuchungen einleiten;
  • der Überwachungsausschuss, der die Untersuchungstätigkeit des Amtes kontrolliert. Er setzt sich aus fünf externen unabhängigen Persönlichkeiten zusammen, die von Parlament, Kommission und Rat gemeinsam ernannt werden.

Die Modalitäten der internen OLAF-Untersuchungen zur Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften wurden in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission festgelegt. In dieser Vereinbarung werden die Befugnisse des Amtes auf schwerwiegende Vorkommnisse ausgedehnt, die eine disziplinar- oder strafrechtlich zu ahndende Verletzung der beruflichen Verpflichtungen der Beamten und sonstigen Bediensteten darstellen können.